Der Ukrainekrieg ist noch im Gange, ein Ende nicht absehbar, aber in Rom hat am Donnerstag bereits eine Ukraine-Wiederaufbaukonferenz begonnen. Das Treffen, das gemeinsam von Italien und der Ukraine ausgerichtet wird, begann mit einer Rede der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni, die die Delegationen aus den verschiedenen Ländern, darunter auch Österreich, begrüßte.

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj fackelte bei seiner Rede nicht lange und kam gleich auf den Punkt: Er forderte einen Marshall-Plan für sein Land.

Zur Erinnerung: Mit dem Marshallplan investierten die USA ab 1948 über 12 Milliarden Dollar in den Wiederaufbau Westeuropas – Westdeutschland kassierte davon rund 1,5 Milliarden, Österreich erhielt vor allem Sachgüter. Das Programm war freilich mehr als nur ein Geldregen: Es stabilisierte Demokratien, stärkte den Westen gegen die kommunistische Gefahr und machte die USA zum Schutzpatron Europas.

Ukraine vor dem Krieg: Korruption und Oligarchen

„Was wir brauchen, ist ein klarer Wiederaufbau- und Resilienzplan – so wie einst der Marshall-Plan, der Europa verwandelt und wiederaufgebaut hat”, forderte Selenskyj für die Ukraine, das schon vor dem Krieg immer wieder mit Korruption und dem Einfluss der ukrainischen Oligarchen – 2008 entsprach das Vermögen der 50 reichsten Oligarchen  85 Prozent des ukrainischen BIP – in den Schlagzeilen zu finden war.

Auch der Präsident, der ständig im Designer-Armee-Outfit in der Welt herumreist und um finanzielle Unterstützung für sein Land bittet, ist kein armer Mann. So liegen etwa auf einem Schweizer Bankkonto 387.000 US-Dollar, weiters ist eine „nicht genau deklarierte Summe” von 595.000 US-Dollar bekannt. Das Jahreseinkommen des ehemaligen Schauspielers und seiner Familie betrug im Jahr 2023 über 300.000 US-Dollar, dank diverser Gehälter, Bankzinsen, Mieteinnahmen und dem Verkauf von Staatsanleihen. Doch zahlen und investieren sollen die Anderen, nicht die Oligarchen.

Die zweitägige Ukraine-Wiederaufbaukonferenz wird gemeinsam von Italien und der Ukraine ausgerichtet.GETTYIMAGES/Bestimage

„Wir arbeiten daran, eine große Koalition für den Wiederaufbau zu schaffen. Jetzt muss der Moment sein, an dem der Wiederaufbau beginnt. Alles, was Russland zerstört hat, kann wieder aufgebaut werden. Diese Koalition braucht Länder, führende Persönlichkeiten und Unternehmen, die gemeinsam unsere Gesellschaft wieder aufbauen”, so der ukrainische Präsident und betonte in seiner Rede weiter, dass ja dieser Wiederaufbau nicht nur die Ukraine betreffe, „sondern auch Ihre Länder, Ihre Gesellschaften, Ihre Technologien und Ihre Arbeitsplätze. Die Art und Weise, wie wir unser Land wieder aufbauen, kann auch Eure Infrastruktur und Eure gesamte Industrie modernisieren. Deshalb müssen wir neue, spezifische Finanzierungsmechanismen entwickeln.”

Teile der Ukraine sind schwer zerstört.GETTYIMAGES/Paula Bronstein

Davor hatte der ukrainische Präsident die westlichen Staaten aufgefordert, mit seinem Land eng bei der Entwicklung und Produktion von Drohnen zusammenzuarbeiten. Dies sei wichtig, um die Frontlinie zu stützen und russische Militäreinrichtungen zu attackieren. Er urgierte, dass die in Europa eingefrorenen russischen Staatsvermögen für den Wiederaufbau der Ukraine genutzt werden sollten. Die Ukraine sei im Hinblick auf weitere Kriegsmonate auf internationale Hilfe angewiesen.

EU stützt Wiederaufbau der Ukraine mit milliardenschwerem Paket

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen berichtete zur Eröffnung der Konferenz, dass die EU den Wiederaufbau der Ukraine mit einem neuem 2,3-Milliarden-Euro-Paket unterstütze. Das neue Paket, das im Rahmen des Investitionsrahmens für die Ukraine unterzeichnet wurde, umfasst 1,8 Milliarden Euro an Kreditgarantien und 580 Millionen Euro an Zuschüssen. Es soll Investitionen von bis zu zehn Milliarden Euro in der Ukraine mobilisieren.

„Heute bekräftigt die EU ihre Rolle als stärkster Partner der Ukraine – nicht nur als ihr größter Geber, sondern auch als wichtiger Investor in ihre Zukunft. Mit den unterzeichneten Abkommen im Wert von 2,3 Milliarden Euro wollen wir Investitionen von bis zu zehn Milliarden Euro freisetzen, um Häuser wieder aufzubauen, Krankenhäuser wieder zu öffnen, Unternehmen neu zu beleben und die Energieversorgung zu sichern. Das ist gelebte Solidarität”, so von der Leyen.

Die Ukraine muss nach dem Krieg wieder aufgebaut werden.GETTYIMAGES/Defense of Ukraine / Handout/Anadolu Agency

Ziel der Konferenz ist eine breite internationale Unterstützung für den Wiederaufbau des kriegsgeschädigten Landes. Es geht darum, Regierungen, Zivilgesellschaft, Privatwirtschaft, internationalen Organisationen und Gemeinden sowie Regionen einzubinden.

Auch der EU-Beitritt der Ukraine ist natürlich Thema. Hierfür sprachen sich sowohl Deutschland als auch Polen aus. „Um es klar zu sagen: Wir unterstützen die Ukraine auf ihrem Weg, Mitglied der Europäischen Union zu werden”, erklärte der deutsche Bundeskanzler Friedrich Merz. Der polnische Ministerpräsident Donald Tusk erklärte, Transport, Handel und Investitionen seien die Eckpfeiler für den Wiederaufbau der Ukraine, mit Hilfe dessen das Land enger an Europa angebunden werden solle. „Wir legen hier auch die Grundlagen für den zukünftigen Beitritt der Ukraine zur Europäischen Union”, meinte Tusk.

Einen interessanten Input lieferte der Präsident des Europäischen Rates Antonio Costa: „Russland muss für die verursachten Verwüstungen zur Rechenschaft gezogen werden. Anders gesagt: Der Aggressor muss die Verantwortung für den Wiederaufbau dessen übernehmen, was er zerstört hat.”