Startschuss: Jetzt beginnt das Tauziehen um die Austro-Ampel
Heute treffen erstmals offiziell die Verhandlungsteams von ÖVP und SPÖ aufeinander. Der Fahrplan zu einer Dreierkoalition soll schnellstmöglich fixiert werden. Doch es gibt einige Stolperfallen …
Startschuss für die Regierungsverhandlungen: Ab heute sitzen ÖVP und SPÖ gemeinsam am Verhandlungstisch, um die Weichen für eine künftige Dreierkoalition zu stellen. Eine schnelle Einigung wird zwar angestrebt, doch wahrscheinlich ist sie nicht. Der Grund: Die Verhandlungsteams haben noch einige Herausforderungen zu bewältigen.
Von Schwarzer Seite aus sitzen Bundeskanzler Karl Nehammer, Verfassungsministerin Karoline Edtstadler, Staatssekretärin Claudia Plakolm, Klubchef August Wöginger, Wirtschaftskammer-Chef Harald Mahrer sowie Generalsekretär Christian Stocker am Verhandlungstisch.
Von roter Seite her gehen Parteichef Andreas Babler, die dritte Nationalratspräsidentin Doris Bures, Frauenvorsitzende Eva-Maria Holzleitner, Klubobmann Philip Kucher und ÖGB-Präsident Wolfgang Katzian ins Rennen.
Problem 1: Schwierige Partnersuche
Als möglicher dritter Partner werden medial derzeit die NEOS kolportiert. Sie haben inhaltlich durchaus Übereinstimmungen mit der ÖVP und haben in Wien bereits unter Beweis gestellt, dass sie auch mit der SPÖ harmonieren können. Doch sie sollen dem Vernehmen nach in den Sondierungsgesprächen sehr selbstbewusst aufgetreten sein, was den beiden größeren Partnern weniger gefallen hat.
Als Alternative stünden nämlich auch noch die Grünen zur Wahl. Sie stellen für die ÖVP das kleinere Risiko dar, weil man sich bereits kennt aus der gemeinsamen Regierungsarbeit. Und es gibt auch linke Stimmen innerhalb der SPÖ, die zu den Grünen tendieren aufgrund ideologischer Überschneidungen. Ein Problem ist hier die Personalie Leonore Gewessler. Mit ihr will Karl Nehammer nach dem schweren Vertrauensbruch kein weiteres Mal auf der Regierungsbank sitzen. Doch da wären die Grünen sicherlich kompromissbereit …
Problem 2: Kaum inhaltliche Überscheidungen
ÖVP und SPÖ müssten in den Verhandlungen über ein gemeinsames Regierungsprogramm erhebliche inhaltliche Differenzen überwinden. Besonders in puncto Steuerfragen gibt es große Unterschiede, wobei die ÖVP Steuersenkungen plant, während die SPÖ Steuererhöhungen favorisiert.
Die ÖVP möchte zudem die Lohnnebenkosten senken und den Eingangssteuersatz reduzieren, während die SPÖ für eine Erhöhung der Körperschaftssteuer eintritt. Soziale Themen sind ebenfalls umstritten: Die Schwarzen setzt auf zeitlich begrenzte Hilfe, die Roten fordert einen starken Sozialstaat und höhere Arbeitslosenleistungen.
Im Bereich Asyl und Migration strebt die ÖVP strengere Maßnahmen an, die SPÖ zeigt sich hier eher moderat. In der Bildung will die ÖVP Leistungsgruppen und Prüfungen, während die SPÖ eine gemeinsame Schule bevorzugt. Im Klimaschutz setzt die ÖVP auf Technologie, während die SPÖ ehrgeizige Klimaziele und ein umfassendes Klimaschutzgesetz fordert.
Problem 3: Ein roter Parteichef ohne Rückhalt
Die personellen Streitigkeiten innerhalb der SPÖ dürften die Verhandlungen ebenfalls überschatten, weil Parteichef Andreas Babler alles andere als fest im Sattel sitzt.
Bei der Wahl zum Klubchef erhielt er zuletzt lediglich 86 Prozent der roten Stimmen – sogar weniger als sein Stellvertreter Philip Kucher (94 Prozent). Und im Hintergrund bastelt noch immer PR-Profi Rudi Fußi daran, die rote Macht an sich zu reißen. Babler erhält aus den eigenen Reihen zu wenig Rückhalt, um tatsächlich selbstbewusst in den Verhandlungen auftreten zu können. Er weiß: Kann er keine für die Partei zufriedenstellende Lösung erzielen, könnte seine politische Karriere im Bund schneller enden als ihm lieb ist …
Kommentare