Am ersten Jahrestag des Angriffs waren in der ZiB2 sowohl der Sprecher der israelischen Armee, Arye Shalicar, als auch der palästinensische Botschafter in Wien, Salah Abdel-Shafi, zu Gast. Letzterer bezeichnete Israel unter anderem als “Schurkenstaat”. Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) äußerte sich empört über die Einladung und erklärte: “Es geht ihm um Delegitimierung (des Staates Israel, Anm.), Dämonisierung und eine Täter-Opfer-Umkehr”.

In einem offenen Brief richtete sich Wolfgang Sobotka bereits an ORF-Generaldirektor Roland Weißmann. Ein weiteres Schreiben an “den Aufsichtsrat und den Publikumsbeirat” wird folgen, da es nicht akzeptabel sei, “dass das einfach ausgestrahlt wird und man dann zur Tagesordnung übergeht”.

Antisemitismus-Studie

Fast 60 % der 16- bis 27-Jährigen in Österreich betrachten den Angriff der Hamas am 7. Oktober 2023 als “verabscheuungswürdigen Terrorakt”. Lediglich ein Drittel sieht jedoch die Reaktion Israels als gerechtfertigt an. Diese Ergebnisse stammen aus einer Studie von IFES und Demox Research, die im Auftrag des Parlaments durchgeführt wurde. Sobotka äußerte sich bei der Präsentation verärgert über eine “falsche Balance” in der Diskussion.

Seit 2018 beauftragt das Parlament alle zwei Jahre eine Antisemitismus-Studie. Da die letzte Studie noch vor dem erneuten Ausbruch des Nahost-Konflikts durchgeführt wurde, entschied man sich für eine “Snapshot”-Studie, die sich auf die Jugend konzentriert und eine kleinere Stichprobe von 521 Befragten umfasst (vom 17. bis 28. Juni 2024, mittels Computer Assisted Telephone/Web Interview). Diese Studie ist bereits seit einiger Zeit fertig, doch Sobotka betonte, dass man mit der Veröffentlichung bewusst bis nach der Nationalratswahl gewartet habe.

Ein Schwerpunkt der Umfrage liegt auf dem Nahost-Konflikt. Die Befragten äußern die größten Bedenken hinsichtlich der Ausweitung des Konflikts auf die Nachbarländer in der Region (56 Prozent). Ähnlich viele Befragte (51 Prozent) sorgen sich um die israelischen Geiseln der Hamas, während 50 Prozent um die palästinensische Zivilbevölkerung besorgt sind. Weniger Sorgen machen sich die 16- bis 27-Jährigen um die israelische Zivilbevölkerung (41 Prozent) und um die potenzielle Bedrohung der Sicherheit von Juden weltweit durch den Krieg (37 Prozent).

Vor allem an Schulen muss verstärkt gegen Antisemitismus vorgegangen werden

Die Studienautoren kommen zu dem Schluss, dass insbesondere an Schulen verstärkt gegen Antisemitismus vorgegangen werden muss. Generell zeigen sich Menschen mit niedrigerer Bildung, aus Wien und Männer als anfälliger für antisemitische Einstellungen. Um diese Gruppen besser zu erreichen, wären auch Maßnahmen im Bundesheer oder in Zivildiensteinrichtungen sinnvoll, meint Projektkoordinator Thomas Stern.

Ein besonders besorgniserregender Ort sei jener, an dem viele antisemitische Stereotype verbreitet werden. “Die Leute, die klassische Medien konsumieren, sind viel weniger antisemitisch als jene, die sich über Social Media informieren”. Gerade TikTok sei ein “Brandbeschleuniger”, so Stern. Die komplette Studie ist auf der Homepage des Parlaments verfügbar.
(APA/red)