Der weltbekannte US-Enthüllungsjournalist Seymour Hersh hat in einem neuen, brisanten Bericht erklärt, warum ein Frieden im Ukraine-Krieg trotz laufender Gespräche in weiter Ferne liegt: Europa blockiert ein mögliches Abkommen – aus Angst, aus Hass auf Putin und aus Ablehnung gegenüber Donald Trump.

Auf seinem Substack-Blog berichtet Hersh: Er habe in der vergangenen Woche mit Regierungsvertretern gesprochen, die über die geheimen Friedensgespräche informiert sind. „Das Ziel ist es, einen Krieg zu beenden, von dem alle sagen, dass er militärisch zerstörerisch ist“, sagt ein hochrangiger US-Beamter.

Seymour Hersh, geboren 1937 in Chicago, ist ein US-Investigativjournalist, der 1969 durch die Aufdeckung des My-Lai-Massakers im Vietnamkrieg internationale Bekanntheit erlangte. Für diese Enthüllung erhielt er 1970 den Pulitzer-Preis.GETTYIMAGES/Bettmann Archive

Trump will Frieden – und ein Resort auf der Krim

An den Verhandlungen mit Russland sind laut Hersh ranghohe Trump-Berater beteiligt. Einige Treffen hätten bereits in Saudi-Arabien stattgefunden. Und Trumps Pläne seien konkret: Er sieht Putin als Geschäftspartner. Es wurde sogar diskutiert, dass die Trump-Familie ein Luxusresort auf der Krim bauen könnte – auf dem von Russland seit 2014 besetzten Gebiet. Auch ein zweites Projekt im Donbass sei Thema gewesen. Im Gegenzug hebt Washington die Sanktionen auf, kauft russisches Öl und Gas, und überdies werden Sibirien-Rohstoffe erschlossen

Doch die Gespräche stocken, zur Frustration Trumps – der exxpress berichtete. Der Grund? „Europa will das nicht. Sie kämpfen mit Zähnen und Klauen dagegen“, zitiert Hersh einen US-Offiziellen. Trump habe den Europäern klargemacht: „Nehmt es oder lasst es.“ Er sei überzeugt, der Deal sei ökonomisch vorteilhaft – auch für Europa.

Europa setzt auf Selenskyj – aus Angst vor dem Scheitern

Laut Hersh hat sich Europa „aus Angst vor einer katastrophalen Niederlage“ hinter den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj gestellt. Einem US-Beamten zufolge seien die Europäer in ihrem Hass auf Putin gefangen. Putin werde vielfach als „der Teufel im Schafspelz“ gesehen.

Hersh berichtet: „Während unseres Gesprächs betonte der Beamte immer wieder die Unfähigkeit der europäischen Führung und der westlichen Medien, über ihren instinktiven Hass auf Putin hinauszudenken – und ihre anhaltende Ablehnung eines Friedens, der Russland die Kontrolle über große Teile der besetzten Ukraine überlassen würde.“

Zwei Lager in Europa: Falken gegen Realisten

Allerdings gebe es in Europa näher besehen keine einheitliche Linie. Hersh zitiert Mark Medish, einen Demokraten und Washingtoner Anwalt ukrainischer Abstammung, der für den Nationalen Sicherheitsrat die Ukraine-Abteilung geleitet und einen hohen Posten im US-Finanzministerium bekleidet hat: „Es gibt ein calvinistisches Kreuzritter-Bündnis von den baltischen Staaten und den Nordländern bis hin zu den Niederländern und Briten, die von einer Art Russophobie erfasst sind – mit einiger Berechtigung, da sie unter hybrider Kriegsführung leiden. Auf der anderen Seite gibt es einen eher katholisch-orthodoxen Pragmatismusgürtel im Süden Europas – nicht Frieden um jeden Preis, aber sie stehen dem eskalatorischen Eifer der nördlichen Falken skeptisch gegenüber.“

Der britische Premierminister Keir Starmer mit Wolodymyr Selenskyj: Großbritannien fühlt sich schon seit Jahren von Putins Russland bedroht.GETTYIMAGES/AFP/Ludovic MARIN

Grundsätzlich herrsche aber breite Ablehnung von Trumps Russland-Kurs: „Abgesehen von Ländern wie Ungarn sind die Europäer fast einhellig schockiert über Trumps offenen Kurswechsel – weg von Kiew und der EU hin zu Moskau.“

Auch Trump wird gefürchtet – nicht nur Putin

Ein weiterer Analyst erzählte Hersh: „Die Europäer fürchten Russland – und sie fürchten Trump. Sie glauben, dass er Europa verraten wird, um von Putin zu bekommen, was er will.“

Der gleiche Experte ergänzt: „Trump will einen Deal mit Putin machen, und die Europäer glauben nicht, dass Amerika Europa verteidigen wird, wenn Putin einen Nachbarn überfällt.“ Viele EU-Staaten hätten bereits begonnen, ihre Verteidigungsplanungen an Trumps Blockadehaltung gegenüber der NATO anzupassen. Er ist erst zweieinhalb Monate im Amt – doch die Wirkung sei bereits spürbar.

Hersh berichtete unter anderem für die New York Times und The New Yorker über Themen wie den Watergate-Skandal, die CIA, die Folter in Abu Ghraib und die Tötung Osama bin Ladens.GETTYIMAGES/CRAIG F. WALKER/THE DENVER POST

Saudi-Arabien drängt auf Frieden – Europa bremst

Die Saudis drängen weiterhin auf ein Abkommen – nicht nur wegen des Ölmarkts. Laut Hersh finden weiterhin Verhandlungssitzungen im Königreich statt. Ein Trump-Berater lobt Riad: „Die Welt verändert sich, und keiner merkt es. Europa ist pleite, und die Saudis sind die Zukunft.“

Kalter Krieg auf dem Schlachtfeld

Der konventionelle Bodenkrieg ist laut Hersh festgefahren – mit über 10.000 Toten pro Monat auf beiden Seiten als Hochpunkt. Russland macht trotz Erschöpfung Geländegewinne, doch ein entscheidender Faktor wäre nur ein NATO-Eingreifen. Ein US-Beamter warnt: „Wenn Europa Truppen entsendet – das wird Russland nicht akzeptieren.“

Wolodymyr Selenskyj (l.), zu Besuch in Dänemark: Ministerpräsidentin Mette Frederiksen (r.) empfängt ihn auf dem Luftwaffenstützpunkt Skrydstrup. Dort kündigte Dänemark die Lieferung von 19 F-16-Kampfjets an.GETTYIMAGES/Ukrainian Presidency/Anadolu Agency

Was, wenn Putin eskaliert? Hersh endet mit drei dramatischen Fragen: „Wird Putin den Krieg eskalieren, wenn er nicht bekommt, was er will? Glaubt er, dass Trump ihn gewähren lässt?“ Und schließlich zugespitzt: „Ist Amerika bereit, gegen die NATO in den Krieg zu ziehen?“

Hier können Sie den exxpress unterstützen

Ihr Beitrag hilft, unsere Berichterstattung noch weiter auszubauen und diese weiterhin kostenlos und top-aktuell zu Verfügung zu stellen.

Jetzt unterstützen!

Kommentare

  • fred müller sagt:

    Die EU besteht nur aus Korruption und Grössenwahn ! Dazu kommt noch ganz viel Lernresistenz, Realitätsferne, Arroganz und ganz viel Hohlraum zwischen den Ohren

  • Chronista sagt:

    Das Raunzen nützt nichts, mit der EU wird es weiterhin bergab gehen, vor allem mit der unbedarften Dame an der Spitze, die von den agierenden Herrn nicht ernstgenommen und bestenfalls als Aufputz bei div. Festessen verstanden wird.

    20
    2
  • Faktum sagt:

    Es ist klar: Europa ist Teil des Konflikts. Eine friedliche Lösung ist daher nicht zu erwarten. Ich will nicht in der Verantwortung stehen, wenn sich nichts ändert.

    21
    2
  • Geri sagt:

    An Verhöhnung seines eigenen Volkes nicht mehr zu überbieten. Sitzt blöd grinsend in einem Millionenkampfjet und grinst blöd nach hinten zu einer seiner Gönnerinnen. Da sieht man an einem einzigen Foto, wie abgehoben diese politische Elite Europas ist und wie pietätlos sie sich gegenüber der ukrainischen Bevölkerung und der Soldaten verhalten. Selenskij ist sein Volk egal, sonst würde er sich für so ein Foto nicht hergeben.

    48
    4
  • Berliner Zeitung sagt:

    Die alte Bundesregierung unter Helmut Kohl soll der damaligen Sowjetunion zugesagt haben, dass die Nato sich nicht nach Osten erweitern werde: Kurz nach Rückkehr seines Außenministers aus Moskau sprach der Kanzler mit Mitterrand. In einem vollständigen Vermerk des Treffens am 15. Februar 1990 steht dem neuen Bericht zufolge wörtlich: „Präsident Mitterrand ist der Auffassung, man müsse feierlich erklären, dass die Nato nicht nach Osten vorgeschoben werde.“ Kohl entgegnete, er halte „dies für richtig“.
    Und wo steht man heute? Genau das Gegenteil war der Fall und heute wird die EU enorm aufgerüstet aus Angst vor einem Krieg.

    56
    3
  • gitte06 sagt:

    So ein widerliches , elendes EU-Mafiosi-Pack !

    63
    6
  • Blackberry sagt:

    Eines ist sicher, die EU ist pleite, und das wird sich auch nicht so schnell ändern.

    54
    2
  • Wolf Larsen sagt:

    Der Krieg geht in die nächste (letzte?) Runde,
    Wobei die Verlierer heute schon feststehen.
    Es wird die Ukraine sein und die Länder im Westen Europas.

    Wir haben heute die Situation, in der die Politiker das Volk verachten und in ihrer eigentümlichen, bizarren Welt, je nach Lust und Laune, denken und handeln auf eine Weise, die mit Realität nicht mehr viel zu tun hat.
    Und die Bürgerinnen und Bürger verachten zusehends die Politiker, denn die Politiker vertreten nicht mehr ihre Interessen.
    Wir erkennen: Das System Demokratie in der aktuellen Ausführung ist bankrott.
    Moralisch und finanziell.
    Vor allem moralisch.
    Aber keiner will es aussprechen.

    Nein, auch die ganze NATO kann Russland nicht besiegen.

    Gehen Sie bei Ihrem nächsten Besuch in Moskau in die Kathedrale der russischen Armee.
    Dann, spätestens, werden Sie es kapieren.

    Wir im Westen können Russland nicht besiegen.
    Warum nicht?
    Weil wir heute nicht mehr sind als ganz kleine, mickrige, geldgierige, feige, Dummschwätzer.

    94
    4
    1. Don sagt:

      Ich lese ihre provokanten Erkenntnisse, und, kann leider nicht anders als ihnen zuzustimmen! Traurig! We are living in an rotten empire of lies!

      10
      2
  • MP sagt:

    Hass ist wohl das Einzige, was die EU-Führung perfekt beherrscht. Vom Hass getrieben können auch keine vernünftigen Entscheidungen getroffen werden.

    84
    5
  • Olperer sagt:

    Werter Blues.
    Ich gebe Ihnen in vielen Punkten Recht. Das Europa hier und jetzt so isoliert das ist ein totales Versagen, das schon Jahre zurück geht. Einst waren wir in der Welt eine Macht, die auch von den Großmächten akzeptiert wurde. Die letzten Jahre wurden in Europa von NGOS bestimmt die Ihren Einfluß in Brüssel vehement ausbauten, und da wurden Gesetze verabschiedet die sinnlos sind. Gurkenkrümmung, Duschkopfregulierung und vieles mehr. Ein wesentlicher Punkt ist auch die Migration, die uns in Europa durch zuviel unkontrollierten Einlass Probleme bereitet. Heute hat die Bevölkerung der EU den Eindruck, für die Ukraine sind die finanziellen Mittel vorhanden, aber für sicheren Grenzschutz mit Kontrollen nicht.
    Es wird eines Tages eine Frieden geben, und ich hoffe ich erlebe Ihn noch. LG. Olperer

    52
    3
    1. Sepp Unterwurzacher sagt:

      Wenn die EU Trump wirklich wirkungsvoll bekämpfen wollte dann müsste sie Nordstream wieder aufbauen aber ich denke die EU kämpft nur noch für Lobbyistenverbände.

      59
      3
  • Alle anzeigen