Bereits in der Vorwoche war aus dem Papier zitiert worden, eine vollständige Veröffentlichung ließ aber auf sich warten. Der rund 230 Seiten starke Bericht ist mit dem Argument des “Persönlichkeitsschutzes” zum Teil geschwärzt. “In den nächsten zwei bis drei Tagen” sollte der Bericht der Kommission zur politischen Einflussnahme in der Justiz im Netz veröffentlicht werden, so der Anti-Korruptionsexperte Martin Kreutner am Montag vor einer Woche.

Dass der vollständige Bericht nicht sofort vorgelegt wurde und auf sich warten ließ, hatte für Kritik vonseiten der Opposition gesorgt. “Wo bleibt der fertige Kreutner-Bericht, Frau Ministerin?”, fragte FPÖ-Generalsekretär Christian Hafenecker bereits am Samstag.  Neben der FPÖ pochten zuletzt auch die NEOS auf eine rasche Veröffentlichung des Berichts: “Offenbar ist Aufschieben grundsätzlich das Einzige, was diese Regierung noch gemeinsam auf die Reihe bringt”, kritisierte NEOS-Vizeklubobmann Nikolaus Scherak die schwarz-grüne Regierung.

Umfangreiche Schwärzungen

Nun wurde das Dokument auf der Website des Justizministeriums online gestellt – jedoch zum Teil geschwärzt. Die meisten Schwärzungen im Bericht waren bereits von der von Martin Kreutner geleiteten Kommission selbst vorgenommen worden, weitere kamen nach einer eingehenden Prüfung durch das Justizministerium hinzu. Der Bericht zeigt dennoch eindeutig, “wie die ÖVP über den mittlerweile verstorbenen Sektionschef Pilnacek massiv bei Justiz und Strafrechtspflege interveniert habe”, so FPÖ-Hafenecker. Unkenntlich gemacht wurde unter anderem etwa eine Stelle, wo es um den Tod des ehemaligen Sektionschefs geht. Andere betreffen Interventionen ehemaliger Minister sowie die Verfahrensdauer. Ausgiebig unkenntlich gemacht wurden Aktenbestände der Justiz zu konkreten Fällen.

OGH-Präsident kritisiert Pilnacek-Kommission

Bereits vergangene Woche meldete sich OGH-Präsident Georg Kodek zu Wort und übte Kritik an der Kommission und deren Leiter. Die Pilnacek-Untersuchungskommission sprach im Zuge der Veröffentlichung des “Pilnacek-Berichts” von einer “Zweiklassenjustiz”. Gegenüber dem ORF stellte der neue OGH-Präsident Georg Kodek klar, dass die Richterschaft von diesen Vorwürfen nicht betroffen sei und hielt Kreutners Aussage für eine “undifferenzierte Pauschalunterstellung ist, die ganz deutlich und entschieden zurückgewiesen” werden müsse. Mit dem Begriff Zweiklassenjustiz sei der Eindruck entstanden, Einflussnahme spiele in der gesamten Justiz in Österreich eine Rolle. Dabei sei ein Gerichtsverfahren gar nicht Gegenstand der Untersuchung gewesen, so Georg Kodek im “Ö1-Morgenjournal”.

Anlass für die Einsetzung der Kommission war das Auftauchen einer Aufnahme, auf der Pilnacek bei einer abendlichen Runde mit Bekannten im Wirtshaus gesagt hatte, die ÖVP habe erfolglos verlangt, Ermittlungen einzustellen und Hausdurchsuchungen abzudrehen. In ihrem Bericht zu den Jahren 2010 bis 2023 hat die Kommission laut Kreutner u.a. Belege für eine “Zwei-Klassen-Justiz” gefunden.