Österreich zählt zu den Ländern mit dem höchsten legalen Waffenbesitz weltweit – rund 30 registrierte Schusswaffen pro 100 Einwohner bedeuten Platz 12 im globalen Ranking. Trotz dieser hohen Zahl liegt die Rate an waffenbezogener Gewalt auf bemerkenswert niedrigem Niveau. Doch nach dem tragischen Amoklauf in Graz, bei dem ein 21-Jähriger mit legal besessenen Waffen Menschen erschoss, ist eine neue Diskussion um das Waffenrecht voll entbrannt.

Hoher Waffenbesitz, aber wenig Gewalt

Hier die Fakten: Laut dem Forschungsprojekt „Small Arms Survey“ des Genfer Graduate Institute verfügt Österreich über mehr als 2 Millionen registrierte Waffen. Damit liegt das Land weltweit auf Platz 12 – deutlich vor Deutschland, aber hinter Finnland und Zypern, die in Europa führend sind. Diese Zahl umfasst vor allem privat besessene Jagd- und Sportwaffen, aber auch Kurzwaffen, die mit entsprechender Genehmigung geführt werden dürfen.

Bemerkenswert: Trotz des vergleichsweise hohen Waffenbestands zählt Österreich nicht zu den gefährlichen Ländern, was Waffengewalt betrifft. Die Mordrate lag 2017 bei nur 0,61 pro 100.000 Einwohnern – einer der niedrigsten Werte weltweit. Auch die Zahl der Straftaten mit Schusswaffen bewegt sich laut Innenministerium auf konstant niedrigem Niveau.

Österreichs Waffenrecht: liberal, aber mit klaren Regeln

Der Erwerb von Kategorie-C-Waffen, dazu zählen unter anderem Flinten oder Repetiergewehre, ist ab 18 Jahren erlaubt. Es gilt eine Registrierungspflicht binnen sechs Wochen. Kategorie-B-Waffen wie etwa Pistolen oder Halbautomaten erfordern eine Waffenbesitzkarte oder einen Waffenpass, der nur bei nachgewiesenem Bedürfnis und psychologischem Gutachten ausgestellt wird.

Nach dem Amoklauf in Graz rückt dieses System nun in den Fokus.

Nach Graz: Politik und Justiz reagieren

Nach dem Amoklauf fordert nun Bundespräsident Alexander Van der Bellen, zu prüfen, „wie es sein kann, dass ein 21-Jähriger so leicht an Kurz- und Langwaffen gelangt.“ Auch der Nationale Sicherheitsrat befasst sich mit dem Thema.

Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP, l.), Außenministerin Beate Meinl-Reisinger (NEOS) und Vizekanzler Andreas Babler (SPÖ, r.) auf dem Weg zur Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats im Parlament in Wien.APA/HELMUT FOHRINGER

In Reaktion auf die Amoktat in Graz ist eine Online-Petition angelaufen, die ein sofortiges Waffenverbot für Privatpersonen verlangt. Fast 48.000 Personen (Stand: Donnerstag, 12. Juni, 16.30 Uhr) haben den an Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und die Bundesregierung gerichteten Appell bereits unterzeichnet.

Politik: Meinungen gehen auseinander

Auch Österreichs Politiker schließen sich den Diskussionen an, doch hier driften die Meinungen der Parteien auseinander. Während etwa die Tiroler ÖVP-Sicherheitslandesrätin Astrid Mair eine strengere Regulierung fordert („Nur wer einen triftigen Grund hat, soll überhaupt Waffen besitzen dürfen“), hält sich die Bundes-ÖVP aktuell noch zurück – offiziell wegen Staatstrauer.

Die FPÖ lehnt hingegen jede Verschärfung ab. Man sehe darin eine „Symbolpolitik, die gesetzestreue Bürger trifft, nicht Kriminelle“. Die meisten schweren Straftaten würden laut den Freiheitlichen mit illegalen Waffen begangen. So würden Frankreich oder Großbritannien zeigen, dass selbst strikte Gesetze Waffengewalt nicht verhindern.

Anders sehen das Thema die Grünen: Nationalratsabgeordnete Agnes Sirkka Prammer fordert Verlässlichkeitsprüfungen alle fünf Jahre, strengere Überwachung von Online-Verkäufen und höhere Altersgrenzen. Auch Jäger müssten in Zukunft überprüft werden, so die grüne Sicherheitssprecherin.

Experten warnen vor Schnellschüssen

Jugendrichter Daniel Schmitzberger zeigt sich offen für eine Anhebung der Altersgrenze auf 25 Jahre – jedoch nicht über Strafrecht, sondern über Verwaltungsrecht. Gleichzeitig warnt er vor einer Überreaktion, da Jugendkriminalität meist mit Gaspistolen und nicht mit scharfen Waffen einhergeht.

Psychiaterin Jutta Leth erklärte im Ö1-Mittagsjournal, sie sehe die aktuellen psychologischen Tests kritisch – die gängigen Selbstausfüller-Fragebögen seien leicht zu manipulieren. Sie fordert ein mehrstufiges Verfahren durch Fachleute mit multiprofessionellem Hintergrund.

IWÖ: „Wir wissen um die Verantwortung"

Andreas Rippel, Präsident der Interessengemeinschaft Liberales Waffenrecht in Österreich (IWÖ), warnt wiederum vor Pauschalurteilen. „Wir wissen um die Verantwortung. Wir werden regelmäßig überprüft – sowohl durch Verwahrungskontrollen als auch durch psychologische Gutachten“, so Rippen. Ein pauschales Misstrauen gegenüber allen Waffenbesitzern lehne man entschieden ab.