Kommt es zur späten Abrechnung mit der grünen Verkehrsblockiererin Leonore Gewessler? Die FPÖ will die einstige Umwelt- und Verkehrsministerin beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) anklagen – und jetzt stellt sich überraschend auch die ÖVP hinter das Vorhaben. Zumindest unter einer Bedingung: „Wir wollen eine mehr als 50-prozentige Wahrscheinlichkeit, dass die Anklage durchgeht“, sagt ÖVP-Verfassungssprecher Wolfgang Gerstl zur Tiroler Tageszeitung.

Die Volkspartei zögert – wohl auch aus taktischem Kalkül. Denn ein gescheiterter Antrag könnte der Ex-Ministerin und aktuellen Grünen-Chefin in spe politisch sogar nützen: „Wir würden Gewessler ja zur Märtyrerin oder zum Star machen“, warnt Gerstl.

Ideologie statt Gesetzestreue?

Die Freiheitlichen werfen Gewessler vor, als Ministerin aus rein ideologischen Gründen gleich mehrere Straßenbauprojekte gestoppt zu haben – darunter auch das Projekt Lobautunnel. Diese Vorhaben seien jedoch im Bundesstraßengesetz verankert gewesen. Das bedeutet: Die Ministerin soll gegen geltendes Recht verstoßen haben.

Für eine Ministeranklage ist eine Mehrheit im Nationalrat erforderlich. Sollte die ÖVP tatsächlich mit der FPÖ stimmen, wäre diese Mehrheit gesichert.

Anklage trotz Rücktritt möglich

Obwohl Gewessler mittlerweile nicht mehr Regierungsmitglied ist, wäre eine Anklage weiterhin möglich. Laut Gesetz kann ein solcher Schritt bis zu einem Jahr nach Ausscheiden aus dem Amt erfolgen. Im Falle eines Schuldspruchs kann das Konsequenzen haben: vom formellen Verlust des Ministeramts bis hin zu zusätzlichen Sanktionen bei „besonders erschwerenden Umständen“.

Bereits in der letzten schwarz-grünen Regierung hatte es Ärger über Gewessler gegeben – vor allem nach ihrer eigenmächtigen Zustimmung zur EU-Renaturierungsverordnung, die sie ohne Abstimmung mit dem Koalitionspartner durchwinkte. Damals lehnte die ÖVP eine Ministeranklage aber noch ab.

Jetzt könnte es eng werden für die Frau, die einst Österreichs Autobahnen entschleunigen wollte.