Beide gelten als kontrovers, erfreuen sich in der Bevölkerung großer Beliebtheit. Die eine kommt von links, die andere von rechts. Gemeinsam haben sie die Ablehnung des Establishments.

Dass die beiden in einem ambivalenten Verhältnis zueinander stehen, zeigte sich bei den Themen, die diskutiert wurden. Als da wären:

Deutschlands desolate Wirtschaftslage

Der Krieg zwischen Israel und der Hamas

Der Krieg zwischen der Ukraine und Russland

US-Wahlkampf

Abschiebepolitik

Wagenknecht: „Ich bin keine Kommunistin“

Alice Weidel stellt eine „nicht tragfähige Energiepolitik“ fest. Sie fordert eine „verantwortliche, sichere Kernkraft, Kohlekraft und technologische Innovationskraft“. Zudem will sie die Einkommensteuer und Kapitalertragsteuer senken. Weidel: „Die Menschen müssen von ihrer Hände leben müssen.“

Zur Bildungspolitik sagt sie: „Es krankt in Deutschland an dem Ausbildungsniveau. Die Menschen an den Universitäten fallen im internationalen Vergleich ab. Hier muss gearbeitet werden, dass die Menschen wieder gut ausgebildet werden für den Wettbewerbsvorteil an Humankapital, den wir mal hatten“, heißt es seitens Weidel.

Wagenknecht geht bei der Energiepolitik direkt auf das Thema russisches Gas zu. Die Abkehr davon soll „rückgängig gemacht werden“, der „Wildwuchs in der Energiepolitik“ beendet werden. Wagenknecht kritisiert die „Ungleichheit im Bildungswesen“. Außerdem will sie „analogen Unterricht einführen“ – weg von den digitalen Technologien.

Sie kritisiert: „Wir haben eine marode Infrastruktur“. Und: „Grüne Politik ist nicht mal grün. Kaum noch ein Zug fährt pünktlich.“ Daher fordert sie viel mehr Investitionen durch Aufnahme von hohen Krediten, wie das „jedes seriöse Unternehmen tut“.

Beide Spitzenpolitikerinnen erfreuen sich großer BeliebtheitIMAGO/dts Nachrichtenagentur

Hier hält Weidel dagegen: „Wir haben eine Schuldenbremse“. Stattdessen fordert sie: „Man muss Einsparungen treffen bei unzähligen Ausgaben“. Zum Beispiel: „Bürgergeld nicht an ausländische Staatsbürger.“ Als der Moderator Wagenknecht vorwirft, eine Kommunistin zu sein, reagiert diese souverän: „Ich bin keine Kommunistin, ich bin für einen starken Sozialstaat.“ 

Beim Thema Krieg gegen Israel eskaliert Wagenknecht ihre Rhetorik. Vom Massaker des 7. Oktobers geht sie unmittelbar über zur Anklage: Sie wirft Israel eine „barbarische Kriegsführung“ und „Kriegsverbrechen“ vor: „Gaza ist ein Freiluftgefängnis“. Wagenknecht übernimmt die Hamas-Opferzahlen und setzt Israels Kriegsführung mit dem Terror der Hamas gleich: „Terror darf nicht mit Terror bekämpft werden“. Ihre Forderung: ein Waffenembargo gegen Israel.

Sahra WagenknechtGETTYIMAGES/Getty Images

Diese ungestüme Rhetorik gibt Weidel die Chance, besonnener zu reagieren. „Jedes Land hat das Recht auf Selbstverteidigung.“ Der Forderung eines internationalen Waffenembargos kann sie nicht abgewinnen, allerdings will sie: „Keine deutschen Waffen für Israel.“

Weidel: „Das sind AfD-Positionen, die wir von Anfang ein vertreten haben“

Sie näherten sich einander am stärksten beim Thema Ukrainekrieg an. Wagenknecht sieht die Ursache des Krieges nicht in territorialen Angelegenheiten: „Der Krieg ist ausgebrochen, weil die Russen kein US-Militär in der Ukraine haben wollen“. Sie nennt ihn „verbrecherisch“, betont aber: „Wir müssen versuchen, einen Verhandlungsfrieden herbeizuführen“.

Alicel Weidel nimmt die inhaltliche Nähe mit Gelassenheit entgegen: „Das sind AfD-Positionen, die wir von Anfang an vertreten haben.“ Daraufhin Wagenknecht: „Frau Weidel, das finde ich jetzt ein bisschen billig.“ 

Alice WeidelGETTYIMAGES/Sean Gallup / Staff

Harte inhaltliche Diskussion

Spannend wurde es bei der Abschiebepolitik, die der Moderator mit der Frage einleitete: „Frau Weidel, wie stehen Sie zur Remigration?“ Der Begriff ist politisch hoch aufgeladen. Weidel sagt: „Remigration ist ein Terminus, der verwendet wird für die Rechtsdurchsetzung“. Sie forderte die Abschiebung von „hunderttausenden ausreisepflichtigen Migranten“. Staaten, die ihre Bürger nicht zurücknehmen wollen, soll man „unter Druck setzen“. Keine Entwicklungsgelder mehr. Sie hält „Auffanglager in Drittstaaten für eine Option“. Außerdem fordert sie für Flüchtlinge: „keine Geld-, nur noch Sachleistungen“. Wagenknecht hält dem eine Politik entgegen, die Milde für gut Integrierte betont, sonst aber auch kein Problem mit Abschiebungen hat.

Gegen Ende punktete Wagenknecht, indem sie Weidel ihre eigenen früheren Distanzierungen von Höcke vorlesen konnte. Den Vorwürfen extremistischer Rhetorik wich sie geschickt aus, indem sie die Missetaten von regierenden Politikern aufzählte: „Die extremistischen Positionen sind in den amtierenden politischen Parteien zu finden.“

Obwohl die beiden Politikerinnen debattierten wie Feindinnen, konnte man bei so manchem Thema einen Konsens, wie bei Freundinnen entdecken. Wohltuend: eine harte Auseinandersetzung, die inhaltlich geführt wurde, statt die üblichen Diskussionen über Distanzierungen von diesem und jenem zu führen.

Dieser Beitrag ist ursprünglich auf unserem Partner-Portal NIUS erschienen.