
Wiener Politikwissenschaftlerin äußert Bedenken über ausreichenden Datenschutz des Einzelnen
Die Politikwissenschaftlerin Gerda Falkner warnt in einem Interview mit der APA vor einer zu weit gehenden Digitalisierung. Die Daten der Menschen seien „demokratiepolitisch bedeutsames Gut“ und müssten stärker vom Staat beschützt und reguliert werden.

Der Forscherin zufolge sind die bisherigen Regeln für die digitale Welt unzulänglich, um Menschen vor geschäftsmäßiger Ausforschung und politischer Manipulation zu schützen.
Es sei mittlerweile ein Wirtschaftsmodell, so viele Daten wie möglich zu erheben und die Menschen ständig zu beobachten, meinte Falkner, die das politikwissenschaftliche Zentrum für Europaforschung der Universität Wien leitet. „Einerseits geben die Menschen ihre Aktivitäten freiwillig in den sozialen Netzwerken preis, zusätzlich werden aber ihre Verhaltensdaten im Internet auch in jeder Sekunde abgesaugt“, berichtet sie: „Sobald man ein Kästchen zum Akzeptieren der Nutzungsbedingungen anklickt, was man im modernen Leben immer öfter machen muss, gibt man damit seine Daten her“.
„Nudging“ und „Mikrotargeting“ besonders problematisch
Falkner spricht auch vom „Beeinflussungskapitalismus“, den es ihrer Meinung nach zu unterbinden gilt: „Es passiert immer mehr unbewusste Einflussnahme auf die Menschen.“ Mittels „Mikrotargeting“ werden sie je nach ihrer politischen, religiösen und sozialen Einstellung unterschiedlich angesprochen, damit sie ein Produkt kaufen oder ihre Stimme bei der nächsten Wahl einem bestimmten Kandidaten geben. Dies gehöre verboten, genauso wie das „Nudging“, bei dem die Menschen etwa über die Benutzeroberflächen zu Entscheidungen „angestupst“ werden, weil ihnen dies leicht gemacht und anderes Verhalten erschwert wird.
Staat soll Daten der Menschen besser schützen
Als Lösungsvorschlag schlägt Falkner vor, die Daten der Menschen endlich als „demokratiepolitisch bedeutsames Gut“ wahrzunehmen und dementsprechend zu schützen.
Ohne politische Regulierung könnte es eine Negativspirale zulasten der Menschen und der Demokratien geben, sagt die Forscherin: „Dominante Digitalplattformen übernehmen langsam de facto die Herrschaft, während die Bürger und Bürgerinnen ohne im engeren Sinne freiem Willen auf Basis fragwürdiger Information oder fremdgesteuert wählen und einkaufen.“ Mit tatkräftigen Interventionen könne man die Digitalisierung hingegen nutzen, um den Menschen mehr Mitgestaltungsmöglichkeiten zu bieten und sachliche politische Diskurse ermöglichen. (APA/red.)
Kommentare
Im weitesten Sinne trägt auch der sogenannte “Grüne Pass” zu dieser Digitalisierung und der damit verbundenen Negativspirale bei. Denn von einer Anonymisierung bei der Anwendung der 3-G-Regel für den Eintritt in ein Lokal kann keine Rede sein. Insbesondere dann, wenn mich der Wirt persönlich kennt. Denn verweigert der Grüne Pass den Zutritt, so weiß mein Wirt, dass ich weder geimpft, genesen oder getestet bin – er erhält somit indirekt Auskunft über meine Gesundheitsdaten, die gemäß DSGVO höchst schützenswert sind!
Dieses leere Geschwätz hört man nun schon seit gut zwei Jahrzehnten. Tatsächlich hindert das niemanden in der Politik daran, die Überwachung stetig auszuweiten. Wenn man einen Österreicher vor 30 Jahren von heute auf morgen in die heutige Zeit versetzt hätte, würde er glauben, er wäre in der Sowjetunion. In kleinen Schritten über Jahrzehnte hinweg, fällt das nicht auf.