Noch sind die Temperaturen in weiten Teilen Europas warm und gemäßigt, sogar sommerlich – dennoch steht uns ein harter Winter bevor – zumindest wenn man auf die Entwicklung der Energiepreise blickt. Demnach steht der ganze Kontinent nämlich vor einem heftigen Energiekostenschock – die Preise für Gas und Elektrizität erreichen dieser Tage Rekordwerte – und das, obwohl es noch warm ist und zu dieser Zeit die Nachfrage nach Energie noch niedrig ist. Die Tatsache, dass die Menschen von Großbritannien über Frankreich und Deutschland bis nach Italien und Österreich aus der Urlaubszeit in ihre Büros zurückkehren und dadurch die Nachfrage und den Verbrauch weiter in die Höhe treiben, macht die Lage nicht leichter. Ganz im Gegenteil: die steigenden Energiepreise befeuern die Inflation und bedrohen die Erholung der Wirtschaft von den Folgen der Coronapandemie.

"Europa steht ein harter Winter bevor"

“Und die Probleme haben noch nicht einmal so richtig begonnen” sagt Julien Hoarau, der Chef von EnergyScan, der Analyseabteilung des großen französischen Energieversorgungskonzerns Engie SA, und kündigt an: “Europa steht ein sehr harter Winter bevor.”

Am Montag haben Gaspreise in den Niederlanden und in Großbritannien Rekordwerte erreicht, und auch in Deutschland – dem größten Markt für Elektrizität in Europa – kletterten die Preise auf ein Allzeit-Hoch. Das heiße Wetter und niedrige Windgeschwindigkeiten senken die Produktionsmöglichkeiten erneuerbarer Energien, verhelfen fossilen Brennstoffen zu einem Boost und pushen den Preis von Kohle um über 70 Prozent in diesem Jahr. All das hat in Europa nun dazu geführt, dass wir mit den höchsten jemals gemessenen Preisen konfrontiert sind.

Erwartet Europa diesen Winter ein neues Level an Energiearmut?

Alastair Syme, ein Analyst der Citi Bank, zieht ein beängstigendes Resümee: “Das Spektrum an Energiearmut könnte sich in diesem Winter in Europa sehr schnell um ein Vielfaches breiter darstellen als noch vor einem Jahr.” In Großbritannien und Frankreich haben große Energieanbieter ihre Haushaltspreise bereits entsprechend angepasst – und in die Höhe korrigiert.