Sie lernten sich über das Internet kennen – jetzt steht er wegen Zwangsprostitution vor Gericht. Der angeklagte Mann soll einer jungen Norwegerin, die zum Zeitpunkt des Kennenlernens noch dazu minderjährig war, online die große Liebe vorgemacht, sie so aus dem Norden nach Österreich gelockt und dann zur Prostitution gezwungen haben. Zu diesen Anschuldigungen und dazu, die instabile Persönlichkeit der damals erst 17-jährigen jungen Frau schamlos ausgenutzt zu haben, musste sich der 33-jährige Mann am Mittwoch vor einem Wiener Schöffensenat verantworten.

Der gebürtige Deutsche weist jegliche Anschuldigungen zurück und stellte in Abrede, dem Mädchen auch nur ein Haar gekrümmt zu haben. Als sie ihn aus für ihn unerfindlichen Gründen verlassen habe, “war das eine Katastrophe für mich”. Der Prozess wurde auf September vertagt.

Ihre Bekanntschaft startete im Internet

Der 16-fach Vorbestrafte hatte die Norwegerin 2016 über ein Online-Computerspiel kennengelernt. Schließlich reiste er zu ihr nach Stavanger, die damals 17-Jährige verliebte sich in den wesentlich älteren, nicht unattraktiven Mann. Er dagegen beschrieb sie vor Gericht folgendermaßen: “Sie war jung, unsicher, hatte viele Probleme.” Dass sie sich in einer psychiatrischen Klinik befand, als er virtuell mit ihr ins Reden kam, sei ihm bewusst gewesen. Sie habe sich ihm angeschlossen, “weil sie von zu Hause weg wollte. Sie war unglücklich.”

Labile Psyche missbraucht

Laut Staatsanwaltschaft nützte der Angeklagte die instabile Persönlichkeit der Jugendlichen und das emotionale Abhängigkeitsverhältnis, in das sie sich manövriert hatte, aus und bewog sie dazu, ihn nach Österreich zu begleiten. Alsbald ging es weiter nach Kroatien, wo sich das Paar in Airbnb-Wohnungen einmietete. “Sie musste für ihn anschaffen gehen”, sagte die Staatsanwältin. Er habe für die Jugendliche über Dating-Plattformen 30 bis 60 Sex-Treffen in Hotels, Autos und in Wohnungen der Freier arrangiert und die Einkünfte an sich genommen: “Dem Mädchen blieb nichts.” Wenn sie sich widersetzte, habe er sie mit Schlägen gefügig gemacht oder ihr den Tod angedroht. Erst im November 2018 sei ihr die Flucht gelungen, ihre Mutter habe sie aus Slowenien abgeholt und zurück nach Norwegen gebracht.

Verteidigung schlägt zurück

“Das ist definitiv nicht wahr”, hielt Verteidiger Roland Friis diesen Anschuldigungen entgegen. Sein Mandant habe nie Gewalt ausgeübt oder die junge Frau zu etwas gezwungen. Der Angeklagte betonte, er habe von Zuwendungen seiner Mutter und seinen Einkünften von Online-Spielen gelebt. Dass die junge Norwegerin Anfang 2019 gegen ihn eine Strafanzeige einbrachte, erklärte er damit, dass er sie “vernachlässigt” habe. Zwischenzeitlich habe man nämlich mit einer zweiten Frau in einer Dreiecksbeziehung gelebt: “Sie (die beiden Frauen, Anm.) hatten sich wirklich gut eingelebt.”

Dass sein alleiniges Interesse nicht mehr der jungen Frau aus dem Norden galt, habe ihm diese aber offenbar übel genommen: “Sie hat auch schon in der Vergangenheit Dinge erfunden.” Außerdem habe sie versucht, “ihre beste ehemalige Freundin im Wald abzustechen”, behauptete der 33-Jährige.

Verhandlungen laufen

Die aktuelle Adresse der inzwischen 22 Jahre alten Norwegerin, die in dem Verfahren als Zeugin benötigt wird, ließ sich erst nach Einschaltung der EU-Justizbehörde Eurojust ermitteln. Beim nächsten Verhandlungstermin soll sie im Wege einer Videokonferenz vernommen werden. (apa/red)