“Prigoschins Söldner kontrollieren Rostow” – die Schlagzeilen am 24. Juni von seiner Rebellion gegen Wladimir Putin, den Präsidenten der Russischen Föderation, bestätigt dem Catering-Unternehmer, Ex-Sträfling, Multi-Millionär und Söldner-Boss Jewgeni Prigoschin (62), dass er zumindest der zweitmächtigste Mann Russlands sein dürfte. Immerhin hatten er und seine Männer eben eine 1,1-Millionen-Einwohner-Stadt besetzt, und sie marschierten mit ihren Kampfpanzern und Raketenwerfern Richtung Moskau.

Zwei Monate nach seinen 48 Stunden als “Gamechanger” ist Jewgeni Prigoschin tot: Immer mehr bestätigt sich, dass offenbar eine Bombe an Bord des 26 Millionen Euro teuren Privatjets deponiert worden sein könnte, bevor der Söldner-Boss mit seinen wichtigsten Kommandanten von Moskau nach St. Petersburg abhob. Über der Region Tver stürzte die Embraer 600 brennend ab, die Leichen der sieben Mitglieder der Söldner-Gruppe Wagner, der zwei Piloten und der Flugbegleiterin Kristina Raspopowa (39) wurden in den Wrackteilen gefunden.

Am Höhepunkt der Macht: Jewgeni Prigoschin Ende Juni in Rostow, gefeiert von vielen Passanten.

Die meisten Indizien sprechen für einen Rache-Mord

Über den dramatischen Polit-Mord wird nun überall gesprochen – hier die fünf Thesen, die derzeit am emotionalsten auf den Social-media-Plattformen diskutiert werden:

Erstens: Es war Wladimir Putins Rache – das halten die meisten Westeuropäer für die wahrscheinlichste Ursache für die Ermordung Prigoschins. Dafür werden auch Bilder auf Telegram-Kanälen als Indizien gezeigt, die angeblich Schrapnell-Einschusslöcher an den Tragflächen des zerstörten Privatjets dokumentieren sollen. Derartige Schäden entstehen nur durch eine Luftabwehrrakete, deren Aktivierung – mitten in Russland – nicht zufällig passieren könnte.

Zweitens: Es war eine Bombe, die noch in Moskau heimlich an Bord gebracht werden konnte – auch das könnte für einen Auftragsmord nach einem Befehl aus dem Kreml sprechen. Immerhin sagte Putin schon vor Wochen deutlich, dass er eines nie verzeihen würde: Hochverrat.

Mit Prigoschin starben auch die wichtigsten Kommandanten der Gruppe Wagner im brennendem Privatjet.

Der Söldner-General machte sich vermutlich auch mit seiner Afrika-Tour mächtige Feinde

Drittens: Die Variante mit dem im Jet versteckten Sprengstoff lässt aber noch weitere Möglichkeiten bei der Täterschaft zu. So verbreiten Russland-freundliche Kanäle die These, dass es Agenten “im Auftrag der französischen Regierung” geschafft haben könnten, über Mittelsmänner in Moskau die Bombe in die Embraer Legacy 600 zu bringen.

Das angebliche Motiv: Prigoschin unterstützte jene Regierungen in Afrika, die sich aktuell gegen die einstige Kolonialmacht Frankreich auflehnen, er versprach Waffen und Ausbildner. Laut Wall Street Journal hat sich Prigoschin in Afrika auch mit dem Staatspräsidenten der Zentralafrikanischen Republik, Faustin-Archange Touadéra (66), getroffen. Er habe ihm versprochen, Investoren für die Landwirtschaft ins Land zu holen. Am nächsten Tag landete ein Helikopter mit fünf Kommandeuren von sudanesischen bewaffneten Gruppen in der Nähe der Hauptstadt Bangui. Prigoschin erhielt Goldbarren, weil er den Milizen Boden-Luft-Raketen geliefert hatte.

Viertens: Es war ein Job des US -Geheimdienstes oder britischer Agenten. Immerhin wurde Jewgeni Prigoschin schon seit 3. März 2022 von den US-Bundesbehörden per Steckbrief weltweit gesucht. Für Hinweise, die zu seiner Festnahme führen, wurden 250.000 Euro ausgelobt. Für eine Tötungsaktion eines US-Dienstes oder des britischen Geheimdienstes gebe es natürlich auch ein starkes Motiv: Die Gruppe Wagner wurde mit dem Attentat enthauptet, es wird vermutlich Wochen dauern, bis sie sich reorganisieren kann – was ein erneutes Eingreifen der bis zu 40.000 Mann starken Söldner-Gruppe in den Ukraine-Krieg bis in den Winter hinein oder noch länger verzögern könnte.

Fünftens: Ebenso ist nicht auszuschließen, dass der Mord Prigoschins schlicht ein Verbrechen unter Verbrechern war – so könnte sein, dass sich ein afrikanischer Warlord betrogen fühlte und sich am russischen Söldner-General rächen wollte. Oder es war ein Oligarch in Russland, der einen gefährlichen Konkurrenten oder Mitwisser ausschalten wollte, auch in diesen Kreisen gibt’s wenig Skrupel, jemanden zu “neutralisieren”.

Jewgeni Prigoschin mit einem seiner Söldner an der Front in der Ukraine.

Was mit diesem Polit-Mord bisher wenig erwähnt wird: Prigoschin hinterlässt seine Ehefrau Ljubow Walentinowna Prigoschina (53) sowie zwei Töchter und einen Sohn. Seine Familie hat sich zu dem Attentat bisher nicht geäußert.

In diesem Jet starb der Söldner-General.
Der Jet mit Prigoschin stürzte brennend und absolut unkontrolliert ab.