Geert Wilders dürfte die Parlamentswahlen in den Niederlanden gewonnen haben. Den Umfragen zufolge gelangt er mit einem dramatischen Wahlsieg an die Spitze – zur Überraschung vieler europäischer Politiker. Seine Partei für die Freiheit (PVV) soll ersten Prognosen zufolge 35 der 150 Sitze im Parlament gewinnen, also mehr als doppelt so viele wie bei der Wahl 2021.

Anti-Islam-Rhetorik für andere Parteien ein Problem

Ein Sieg von Wilders könnte nach vier aufeinanderfolgenden zentristischen Regierungen unter Marke Rutte einen massiven Richtungswechsel für die Niederlande einleiten. Wilders will alle Moscheen schließen lassen und aus der EU austreten. Offen ist jedoch, ob andere Parteien mit ihm eine Koalitionsregierung bilden werden. Die Freiheitspartei hat nämlich nicht die Mehrheit im Parlament, auch wenn sie nun am größten ist.

Mark Rutte ist seit 2010 Ministerpräsident der Niederlande und stand an der Spitze von vier Kabinetten. Damit ist der am längsten amtierende Ministerpräsident in der niederländischen Geschichte.APA/AFP/Nhac NGUYEN

In den vergangenen zehn Jahren haben sich die übrigen Parteien geweigert, mit Wilders zusammenzuarbeiten. Wilders hat in den vergangenen Wochen aber signalisiert, dass er nach dieser Wahl Teil einer Koalition sein möchte. Seine radikalen Ansichten zum Islam gerieten in den Hintergrund, weil es nach der Wahl „wichtigere Prioritäten“ gebe, mit denen man sich befassen müsse, sagte er.

Wilders fordert Referendum über EU-Austritt

Wilders antiislamische Rhetorik ist allerdings immer noch fester Bestandteil seines Parteiprogramms. Die Partei will Moscheen und den Koran verbieten und islamische Kopftücher in Regierungsgebäuden verbieten. Wilders ist auch ein hartnäckiger Euroskeptiker und fordert ein Referendum über den Austritt aus der EU.

Geert Wilders bei der Stimmabgabe.Patrick van Katwijk/BSR Agency/Getty Images

Aus all diesen Gründen dürfte Wilders am Ende womöglich doch nicht Premierminister werden. Andere Parteiführer haben bereits eine Zusammenarbeit mit ihm ausgeschlossen.

Wilders: „Der Wähler hat nun gesprochen“

„Der Wähler hat nun gesprochen“, sagte Wilders am Mittwochabend im Fernsehen. „Ich glaube, dass wir jetzt alle über unseren Schatten springen müssen.“ Auf keinen Fall dürfe der Wählerwille übergangen werden. „Die Niederlande haben gesprochen und das muss – was mich betrifft – auch umgesetzt werden.“

Debatte beim niederländischen Fernsehsender SBS6 vor der Wahl: Es diskutieren die Vorsitzende der Volkspartei für Freiheit und Demokratie (VVD) Dilan Yesilgoz (l.), der Vorsitzende der Partei für die Freiheit (PVV) Geert Wilders (M.), das Mitglied der niederländischen Arbeiterpartei (PvdA) Frans Timmermans (2.v.l.) und der Vorsitzende des Neuen Sozialvertrags (NCS) Pieter Omtzigt (r.).APA/AFP/ANP/Koen van Weel

Mit einem vorläufigen Ergebnis wird Donnerstagfrüh gerechnet. Wilders war darum bemüht, Ängste vor einem zu radikalen Vorgehen seiner Partei zu zerstreuen. Die von ihm angestrebte Zwangsschließung von Moscheen sei aktuell kein Thema, versicherte er. Priorität habe jetzt, den „Asyl-Tsunami“ zu begrenzen.

Vorgezogene Wahlen wegen Streit über Migrationspolitik

Zu Wilders Parolen gehört deshalb nicht nur „Der Islam gehört nicht zu den Niederlanden“, sondern auch „Mehr Personal in der Pflege“ und „Niedrigere Mieten und Steuern“. Eine Besonderheit: Wilders’ Partei hat nur ein einziges Mitglied – ihn selbst. So will er verhindern, dass ihn andere überstimmen und selbst das Zepter übernehmen könnten.

Auf Ruttes (Bild) Abgang folgt in den Niederlanden ein Polit-Erdbeben.APA/AFP/JOHN THYS

Die vorgezogene Parlamentswahl war notwendig geworden, nachdem im Sommer Ruttes Mitte-Rechts-Koalition nach nur 18 Monaten im Amt geplatzt war. Anlass dafür war ein Streit über Migrationspolitik. Daraufhin hatte Rutte, der am längsten amtierende Ministerpräsident der niederländischen Geschichte, seinen Abschied aus der Politik angekündigt.