In Polen bahnt sich ein Regierungswechsel an. Zwar bleiben die Nationalkonservativen laut Prognosen stärkste politische Kraft, allerdings könnten die drei Oppositionsparteien die neue Regierung bilden.

Die Regierungspartei Recht und Gerechtigkeit (PiS) von Ministerpräsident Mateusz Morawiecki kam auf 36,8 Prozent der Stimmen, wie Nachwahlbefragungen am Sonntagabend ergaben. Das wäre ein Minus von 7,8 Prozent gegenüber den Parlamentswahlen 2019, als die PiS mit 43,6 Prozent das bisher beste Ergebnis in der Geschichte des demokratischen Polens erzielte.

Nicht glücklich trotz Platz eins: Der stellvertretende polnische Ministerpräsident und Parteivorsitzende der PiS, Jaroslaw Kaczynski (M.), spricht neben dem polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki nach der Präsentation der ersten Wahlergebnisse.APA/AFP/Wojtek Radwanski

Zweitstärkste Kraft mit 31,6 Prozent wurde demnach die oppositionelle liberalkonservative Bürgerkoalition (KO). Aufgrund der Mehrheitsverhältnisse im Parlament, könnte die KO dennoch der eigentlich Sieger sein.

Keine Mehrheit für rechte Regierungskoalition laut Prognosen

In den Prognosen werden der PiS zurzeit 200 Parlamentssitze vorhergesagt. Für eine Mehrheit bräuchte sie 231 der 460 Mandate. Das Problem: Als Koalitionspartner kommt ausschließlich die ultrarechte Konfederacja infrage, doch mit der dürfte sich keine Regierungsmehrheit ausgehen – den jetzigen Prognosen zufolge. Das endgültige Wahlergebnis steht wohl erst am Dienstag fest.

Die Bürgerkoalition (KO) des ehemaligen Ministerpräsidenten und früheren EU-Ratspräsidenten Donald Tusk soll auf 163 Mandate kommen. Das sind zwar um fast 40 Mandate weniger als die PiS gemäß den jetzigen Vorhersagen hat, jedoch könnte die KO mit dem christlich-konservativen Dritten Weg (13 Prozent) und dem Linksbündnis Lewica (8,6 Prozent) eine Koalition bilden. Das Dreierbündnis hätte mit 248 Abgeordneten eine Mehrheit im Parlament.

Donald Tusk im WahlkampfAPA/AAFP/Wojtek RADWANSKI

Oppositionsführer Tusk triumphiert trotz Platz zwei

Oppositionsführer Donald Tusk sah sich am Abend daher schon als Sieger: „Ich habe mich noch nie so sehr über den zweiten Platz gefreut. Polen hat gewonnen, die Demokratie hat gewonnen, das ist das Ende der PiS-Regierung“, sagte er am Wahlabend. PiS-Chef Jaroslaw Kaczynski sagte, man warte auf den weiteren Verlauf der Ereignisse.

Ein Machtwechsel in Warschau würde auch eine Wende in der polnischen Außenpolitik bringen. Die nationalkonservative PiS liegt wegen einer Justizreform im Dauerclinch mit Brüssel. Doch auch das Verhältnis zu Berlin befindet sich wegen ihrer Forderungen nach Weltkriegsreparationen in der Höhe von 1,3 Billionen Euro auf einem Tiefpunkt. Von einem Dreierbündnis unter der Ägide von Tusk erwarten sich viele einen proeuropäischen Kurs und eine versöhnlichere Politik gegenüber Deutschland.

Freude über das Wahlergebnis bei der CDU

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), machte aus seiner Freude über den Wahlausgang in Polen kein Geheimnis. Das Votum zeige, „dass mit Deutschland- und Europafeindlichkeit auch bei unseren Nachbarn keine Wahlen zu gewinnen sind. Die Menschen in Polen gehören zu den großen Gewinnern der europäischen Einigung und lassen sich nicht das Gegenteil einreden.” Die CDU/CSU wünsche sich „das rasche Gelingen der Bildung einer neuen polnischen Regierung unter Donald Tusk“.

Es dürfte allerdings eine langwierige Regierungsbildung bevorstehen.