Es passt irgendwie alles nicht so richtig zusammen im Hochsicherheitstrakt des Oberlandesgerichts Frankfurt. Auf der einen Seite die Anklageschrift der Generalbundesanwaltschaft gegen die Rädelsführer der Reichsbürger um den Hauptangeklagten Prinz Heinrich XIII. Reuß, auf der anderen Seite die neun Männer und Frauen, die angeblich mit Waffengewalt die deutsche Regierung in Berlin weg putschen und die Bundesrepublik in ein autoritäres Land verwandeln wollten: Neben dem Immobilien-Millionär Reuß eine ehemalige Bundestagsabgeordnete und der frühere Kommandant eines Fallschirmjägerbataillons der Bundeswehr.

Sie sollen in ihrer Eigenschaft als Mitglieder des so genannten “Rates” der “Patriotischen Union” bis ins kleinste Detail den Umsturz geplant haben. Aufzeichnungen der Telefonüberwachung von Prinz Reuß wurden verlesen: “Ja gut, dann legen wir einen nach dem anderen von den Typen um”, drohte er. Oder: “Wir machen sie jetzt alle platt”. Auf seinem Jagdschloss in Thüringen soll er befohlen haben, Truppen zu organisieren. Laut Anklage befeuerte er seine Gruppe “die Kalaschnikow zu laden”.

Säuberungsaktionen gegen Corona-geimpfte Beamte

Die Reichsbürger akribisch auf einen nicht näher genannten “Tag X” vor – so der Generalbundesanwalt. 286 “Heimatschutzkompanien” sollten in Deutschland das Kommando übernehmen. Beamte, die sich freiwillig mit einem mRNA-Impfstoff gegen Corona impfen ließen, sollten aus dem Öffentlichen Dienst entlassen werden. Von “Säuberungen” und dem “Neutralisieren” von “konterrevolutionären Kräften aus dem linken und islamischen Milieu” ist die Rede. Gemeinsam war den Angeklagten, so glaubt die Generalbundesanwaltschaft, die tiefe Ablehnung der staatlichen Institutionen und der freiheitlich demokratischen Grundordnung.

Als Beleg für den Ernst der Putsch-Pläne führt die Anklage das Waffenarsenal auf, das die Gruppe Reuß bereits für den “Tag X” angesammelt hatte: 380 Schusswaffen, fast 350 Hieb- und Stichwaffen, 500 weitere Waffen und mindestens 148.000 Munitionsteile. Zur Vorbereitung sei ein Schießtraining abgehalten worden.

Imposant – ohne Zweifel. Aber soll ernsthaft einer der Angeklagten, darunter ehemalige hohe Militärs und Polizeibeamte,  daran gedacht haben, damit Deutschland niederringen zu können? Man mag es kaum glauben, zumal die Damen und Herren jenseits der 50 in ihren Blazern und Sakkos nur schwerlich den Eindruck staatsgefährdender Terroristen vermitteln.

Reichsbürgern drohen bis zu 15 Jahre Haft

Für die Reichsbürger um Prinz Reuß und seine Anhänger geht es in einem der größten Staatsschutzverfahren um Hochverrat, Terrorvorwürfe und Waffendelikte. Sollten sie schuldig gesprochen werden, drohen ihnen bis zu 15 Jahre Haft. Parallelverfahren gegen weitere angeklagte Reichsbürger aus der Gruppe werden an den Oberlandesgerichten Stuttgart und München verhandelt. Mit Urteilen ist frühestens im nächsten Jahr zu rechnen.