“Reif für die Insel”: Der Kult-Song von Peter Cornelius war wohl nie wahrer als nach über einem Jahr Pandemie, und wie es aussieht sind auch die Inseln “reif, reif, überreif” für Touristen: Denn während in Österreich alles gebannt den Öffnungsschritten im Mai entgegen fiebert, tobt auf den Mittelmeerinseln bereits ein heftiger Kampf um die Sommerurlauber. Hier treten vor allem die beliebtesten Urlaubs-Eiländer von Italien, Griechenland und Spanien gegeneinander an, und hier heißt es wirklich jeder gegen jeden: Mallorca reibt sich an Kreta auf, Capri rüstet sich gegen Kos – hier geht es um jeden Tag und jeden Urlauber, der Tourismus will wieder voll durchstarten und dabei zeigen die Inseln ihre Zähne.

Inselleben in "Coronafreiheit" als das ultimative Lockmittel für Touristen

Denn: Auch wenn klar ist, dass so unzählige Menschen der Lockdown-Unlust entfliehen wollen, ist noch schwer abschätzbar, wie viele sich zu einem Urlaub entschließen werden und die Inseln selbst haben wenig Kontrolle darüber, welche Regelungen und Maßnahmen die Länder, zu denen sie gehören, für die Sommermonate verhängen werden. Für welche Destination die heiß begehrten Urlauber sich für ihre Corona-Flucht entscheiden werden, hier kann allerdings Einfluss ausgeübt werden.  Und genau hier tobt gerade eine Schlacht, die in diesem Ausmaß noch nie zuvor stattgefunden hat: Jeder Vorteil und jede Sicherheit, die den  Urlauber geboten werden können, zählt. Die Mittelmeerinseln messen sich in den Disziplinen Impf-Fortschritt und Urlaubs-Goodies, streiten sich um Ausnahmen und begegnen einander mit Argwohn und Neid, denn alle wollen den ultimativen Claim des Sommers 2021 für sich beanspruchen: “Wir sind coronafrei!”

Unterschiedliche Öffnungspläne

Und “coronafrei” und starbereit wollen sie alle so schnell wie möglich sein: Am schnellsten aufmachen will Griechenland, das den Start für seine Sommersaison 2021 generell für 15. Mai angesetzt hat. Italien will zwei Wochen später nachziehen, der italienische Tourismusminister Massimo Garavaglia hat hier den 2. Juni als Startziel avisiert. Einzig Spanien hat noch keinen offiziellen Termin für das ganze Land genannt, hat aber mit der Öffnung Mallorcas bereits zu Ostern vorgelegt und schon vor einigen Wochen die ersten Urlauber begrüßt – damals noch ohne das begehrte “coronafrei”-Siegel.

So unterschiedlich die Daten zum offiziellen Tourismus-Opening der einzelnen Länder auch ausfallen, sie alle eint das gemeinsame Ziel möglichst viele Urlauber zu begrüßen. Und auch eine Zielgruppe erscheint sowohl den Italienern, den Griechen und den Spaniern besonders attraktiv: Unsere deutschen Nachbarn.

Sonderbehandlung abgelehnt: Keine "Extrawürste" für italienische Inseln

“Wir würden uns aus vollem Herzen freuen, wenn endlich wieder Urlauber aus Deutschland zu uns kämen”, erklärt Marino Lembo, der Bürgermeister der italienischen Insel Capri, gegenüber n-tv. “Derzeit ist alles leer. Keiner ist da, nicht mal italienische Urlauber.” Capri war erst vor kurzem gemeinsam mit anderen italienischen Inseln in den Blickpunkt des öffentlichen Interesses gerückt, nachdem das 14.000 Einwohner-Eiland im Golf von Neapel hatte angekündigt, ungeachtet der von Rom vorgegebenen Impf-Prioritäten rasch alle seine Bewohner durchimpfen zu können.

Auch die beiden um einiges größeren Inseln Sardinien und Sizilien ( zusammen zählen sie 6,6 Millionen Einwohner) wollten einen “Impfturbo” für ihre Inseln erwirken, indem sie von Vorteilen für Urlauber sprachen: Man könne an Häfen und Flughäfen der Inseln besser kontrollieren als zu Lande und auch der Vorschlag von “Vorzugskorridoren” in Herkunftsländer der heiß ersehnten Urlauber fiel dabei. Dabei nicht erwähnt wurden die Umstände, dass Sardinien und Sizilien aktuell zu den nationalen Schlusslichtern bei den italienischen Impfquoten gehören, und generell trafen die Inseln auf harschen Gegenwind: Die Pläne wurden in Rom klar zurückgewiesen und Ausnahmen und Sonderbehandlungen kategorisch ausgeschlossen – zumindest für den Moment.  Auf Capri könne man trotzdem früher bei jüngeren Altersgruppen ankommen, doch hier bleiben dann immer noch die Mitarbeiter vom Festland, die noch nicht durchgeimpft sind.

Griechenland mit eigener Sonder-Impfkampagne für Inseln

Und wie ist die Lage in Griechenland? Die Helleren waren mit die ersten, die sich für einen einheitlichen EU-Impfpass aussprachen, und die Regierung in Athen will alles dafür tun, um die diesjährige Urlaubssaison zu retten. Ähnlich wie Mallorca begrüßte auch Kreta bereits Ende März die ersten Touristen aus Deutschland, auch wenn die offizielle Urlaubssaison erst Mitte Mai starten soll.

Wie erbittert man in Hellas um die Haupteinnahmequelle des hauptsächlich vom Tourismus lebenden Landes kämpft, zeigt auch die jüngste Initiative aus Athen: Die Regierung hat nämlich eine eigene Impfkampagne speziell für rund 70 kleinere Inseln veranlasst und sämtlichen Bewohnern der Inseln Samos, Naxos, Rhodos, Skopelos, Kos und Korfu ein Impfangebot unterbreitet. Damit sollen die kleinen Inseln bis Mitte Mai “coronafrei” sein.

Einen Vorteil hat die kollektive Abhängigkeit vom Reisegeschäft in Griechenland: Bei den Hellenen gibt es – ganz im Gegensatz zu Italien, wo jede Insel und jeder Ort für sich selbst zu kämpfen scheint – keine inländischen Neid-Debatten und Rangeleien um ausländische Touristen. Zudem ist am Montag für die einwöchige Quarantäne-Pflicht für Besucher aus dem Ausland weggefallen. Voraussetzung hierfür ist allerdings nach wie vor ein negativer PCR-Test oder eine voll abgeschlossene Impfung.

Spanien: "Wir werden im Stich gelassen"

Ein Lokalaugenschein auf den Touristen- und Corona-Urlauber-Hotspot Mallorca zeigt wiederum ein anderes Bild: Wo den Griechen der Neid (noch) zu fehlen scheint, leben mallorquinische Hoteliers, Gastronomen und Händler dieser Tage in akuter Angst, dass der Deutschen liebste Insel im Wettstreit um die Gunst der Corona-Urlauber heuer den Kürzeren gegen die Konkurrenz aus Kreta, aber auch Kroatien oder die Türkei ziehen könnten. Grund hierfür ist, dass die linken Regierungen in Palma und in Madrid die Tourismusbranche aktuell eher stiefmütterlich behandeln – weder in Sachen Impfstrategie noch bei den Lockerungsplänen wird ihrem Leid bevorzugtes Gehör geschenkt.

“Wir werden im Stich gelassen. Wenn es im Sommer wieder viele Probleme und wenige Touristen gibt, dann gute Nacht”, sagt Joan, der ein Souvenirgeschäft an der Playa de Palma, der Ballermann-Meile auf Mallorca, gegenüber n-tv.  Aktuell sind sowohl der Ballermann wie auch ganz Mallorca trockengelegt, und laut Regierung soll das auch vorerst so bleiben.

Man wolle “sehr langsam und vorsichtig” bei den Lockerungen vorgehen, so die spanische Staatsspitze. Nun fordern die notgeplagten Unternehmer der Balearen, dass nach der Impfung der Risikogruppen vor allem auch wirtschaftliche Faktoren bei der Reihung berücksichtigt werden und die Tourismusbranche unabhängig vom Alter vorgezogen wird und bringt Beispiele aus anderen Tourismusländern, wo die Branche mehr Unterstützung erfahre. Doch die Regierung tut dies als reine “Ausrede” ab.