Wäre die SPÖ ein Spitalspatient, sie müsste jetzt auf die Intensivstation, und das dringend. Die Symptome einer echten Notlage werden immer deutlicher, zahlreicher und existenzieller.

Beispiel 1: Selbst der über Parteigrenzen hinweg respektierte Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) musste nach der letzten Landtagswahl um sein politisches Überleben bangen – in einem vermeintlichen SPÖ-Kernland! Spätestens hier würde ein Arzt Multiorganversagen diagnostizieren. Nun ist klar: Die Sozialdemokratie verfügt nicht mehr über gesichertes Territorium, unabhängig davon, ob sie den Landeshauptmann stellt oder – wie in Niederösterreich – in Opposition ist.

Schwindende Wähler, schwindende Mitglieder

Beispiel 2: In den vergangenen sechs Jahren erlebte die Partei einen rasanten Mitgliederschwund – der angesichts der zahlreichen anderen Krisen zurzeit untergeht. Im Jahr 2017 hatte die Sozialdemokratie noch 180.000 Mitglieder gemeldet. Mittlerweile ist die Zahl auf 140.000 geschrumpft. Das saftige Minus von 40.000 lässt sich nicht allein mit demographischen Gründen erklären. Die Partei schrumpft schneller, als ihre Mitglieder sterben.

In welche Richtung soll es jetzt weitergehen? Im Bild: SPÖ-Chefin Pamela Rendi-Wagner (l.) und Landeshauptmann Hans Peter Doskozil.APA/ROLAND SCHLAGER

Beispiel 3: die Umfragen. Trotz einer strauchelnden ÖVP, die seit dem Abgang von Sebastian Kurz und zahlreichen Pannen nicht mehr in die Gänge kommt, müsste die Sozialdemokratie um Platz zwei kämpfen, sofern jetzt Nationalratswahlen stattfinden. Das belegen sämtliche Umfragen.

Deklarierte SPÖ-Wähler ziehen Rendi-Wagner vor

Das alles schreit nach einer personellen und inhaltlichen Erneuerung – die aber höchst unwahrscheinlich ist, wie eine neue Umfrage der Lazarsfeld Gesellschaft für oe24 zeigt. Ihr zufolge haben bekennende SPÖ-Wähler eine klare Präferenz beim Duell Pamela Randi-Wagner gegen Hans-Peter Doskozil: 49 Prozent – fast jeder Zweite – würden die jetzige SPÖ-Chefin weiterhin zur Bundespartei-Vorsitzenden wählen. Nur 37 Prozent – um zwölf Prozent weniger – würden dem burgenländischen Landeshauptmann ihre Stimme geben. 14 Prozent sind unentschlossen.

Eine Mehrheit der SPÖ-Wähler wollen den bisherigen Weg mit Rendi-Wagner (l.) an der Spitze fortsetzen. Einen Wechsel zu Doskozil wünschen sie nicht.APA/ROLAND SCHLAGER

Hier besteht eine eindeutige Diskrepanz zwischen der SPÖ und der Mehrheit der Österreicher, die eine andere Meinung über die beiden roten Kontrahenten haben. Würden alle Wähler an der Abstimmung um den SPÖ-Parteivorsitz teilnehmen, käme Doskozil auf 37 Prozent, Rendi-Wagner hingegen deutlich abgeschlagen auf nur 24 Prozent der Stimmen. Der Großteil – 40 Prozent – würde sich einer Stimme enthalten.

66 Prozent der FPÖ-Wähler würden Doskozil wählen

Noch größer ist der Unterschied zu den Präferenzen der Blauen: 66 Prozent der deklarierten FPÖ-Wähler ziehen Doskozil vor, nur zehn Prozent würden sich für Rendi-Wagner entscheiden. Freilich: Selbst wenn der burgenländische Landeshauptmann an die SPÖ-Spitze wechseln würde, änderte das nicht das Wahlverhalten der freiheitlichen Wähler, wie Lazarsfeld-Chef Werner Beutelmeyer: Sie würden “den Schmied und nicht den Schmiedl wählen” und hielte der FPÖ die Stange.

Fazit: Die SPÖ steckt in einer Krise, doch ein Ausweg ist zurzeit nicht erkennbar.