Auf sozialen Medien und zum Teil auch an der Universität Wien gibt es derzeit eine Kontroverse um eine Ringvorlesung zum Thema Corona. In der Lehrveranstaltung sollen auch Wissenschafter vortragen, die bisherige Corona-Maßnahmen kritisiert haben bzw. mit umstrittenen Äußerungen aufgefallen waren. An der Uni Wien verweist man auf die akademische Freiheit, ein erster Vortragender hat bereits abgesagt.

Eine Ringvorlesung ist eine Lehrveranstaltung, die nicht nur von einem einzigen Vortragenden gestaltet wird, sondern in der verschiedene Personen, zum Teil auch von anderen Hochschulen, zu Wort kommen. Im Rahmen der Online-Lehrveranstaltung “Corona – eine interdisziplinäre Herausforderung” sollten Studierende “die Möglichkeit einer transdisziplinären wissenschaftlichen Auseinandersetzung mit der derzeitigen pandemischen Situation abseits von Leitmedien, politischen Narrativen und Sozialen Medien erhalten”. Ziel sollte unter anderem sein, eine “Vielfalt qualifizierter wissenschaftlicher Meinungen kennenzulernen sowie Kontroversen, Dialoge zwischen unterschiedlichen Positionen und Perspektiven”, heißt es in der Beschreibung im Vorlesungsverzeichnis.

Studenten-Revolte gegen die freie Lehre

Zumindest in Sachen Kontroversen dürfte das gelungen sein – nicht aber das Abseits-Lassen Sozialer Medien. Auf Twitter wurde – auch von Wissenschaftern der Uni Wien – die Auswahl der Vortragenden kritisiert. Diese umfasst unter anderem den Leiter der Abteilung für Allgemein- und Familienmedizin am Zentrum für Public Health der Medizinuni Wien, Andreas Sönnichsen. Er war mehrmals medial gegen die Anti-Corona-Maßnahmen aufgetreten – auf der Homepage seiner Abteilung distanziert sich die Medizinuni nach wie vor von seinen Aussagen zum Thema Corona-Infektion. Er sei “weder Experte auf dem Gebiet der Biologie, Diagnose oder Therapie von Viruserkrankungen” noch Leiter einer Organisationseinheit der Uni.

Ebenfalls mit Vorträgen vertreten sind der als Kritiker der Maßnahmen bekannte Public-Health-Experte Martin Sprenger oder der Psychoneuroimmunologe Christian Schubert (Medizin-Uni Innsbruck). Letzterer lehnt die Corona-Impfung persönlich ab und sprach sich auch mit drastischen Worten gegen eine Immunisierung von Kindern aus.

Erste Vortragende springen ab

Die Uni Wien verwies auf APA-Anfrage darauf, dass die Ringvorlesung von Forscherinnen und Forschern verschiedener Unis gestaltet werde. “Auch für diese Form gilt die akademische Freiheit.” Man distanziere sich “von jeglicher COVID-Verharmlosung und appelliert weiterhin an alle Studierenden und Mitarbeiter*innen, sich impfen zu lassen”.

Laut “Standard” (online) hat ein anderer Vortragender aufgrund der Zusammenstellung der Vortragenden seine Teilnahme abgesagt. Der Leiter des Complexity Science Hub Vienna (CSH), Stefan Thurner, meinte, sich “vorab nicht gründlich genug mit dem Umfeld beschäftigt” zu haben. Ein Diskurs mit kontroversen Positionen sei zwar nötig. Allerdings: “Es muss sich um Positionen handeln, die auf Wissenschaft fußen.” (APA/red)

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Kommentare

  • mfelt sagt:

    Was sind das für Studenten? Passen eher in ein Nordkorea- oder China-Regime als auf eine Uni?

  • Ein Wissenschaftler sagt:

    Stefan Thurner, meinte, sich “vorab nicht gründlich genug mit dem Umfeld beschäftigt” zu haben. Ein Diskurs mit kontroversen Positionen sei zwar nötig. Allerdings: “Es muss sich um Positionen handeln, die auf Wissenschaft fußen.” Ah so?! Und der famose Herr Thurner meint ganz genau zu wissen, was “die Wissenschaft” ist oder wie? Hat Herr Thurner eine Art von Monopol auf Wissenschaftlichkeit? Wer so denkt und sich so äußert ist eine Schande für die Wissenschaft selbst und sollte darüber nachdenken, ob er eigentlich den richtigen Beruf gewählt hat. “Die” Wissenschaft gibt es nämlich nicht, sondern zu jedem Problem eine Vielzahl wissenschaftlicher Hypothesen und sie vertretender Wissenschaftler, die ihre Thesen der möglichen Falsifizierung aussetzen müssen. Auch die Thesen von Sprenger und anderen sind mithin durchaus wissenschaftlich, nur sind sie eben andere als die von Thurner. Die ketzerische oder abseits des Konsenses stehende Meinung kann morgen schon der Konsens sein. So läuft nämlich Wissenschaft und deshalb sollte der famose Herr Thurner (der auch nicht in die Zukunft blicken kann) ganz, ganz vorsichtig mit seinen vorlauten Äußerungen sein. Als Einstein seine Relativitätstheorie entwickelte und publizierte war übrigens der Konsens “der” Wissenschaft, daß das ein Schmarrn sei. Denselben Blödsinn äußerte “die” Wissenschaft auch, als Semmelweiß die These vertreten hat, das Kindbettfieber werde durch eine bakterielle Infektion bei den Müttern ausgelöst. Nun, wir wissen wer am Ende ziemlich blöd dastand, und ich nehme an, auch der famose Herr Thurner weiß das. Wenn er es nicht wissen sollte, umso schlimmer für ihn. Aber er hat sich durch seine Äußerung ohnehin als Wissenschaftler desavouiert und wenn er aus Feigheit und mangelnder Diskursfähigkeit oder weil er seine Thesen nicht mit anderslautenden Thesen konfrontiert sehen will, seinen Vortrag absagt, dann würde ich meinen, daß das Publikum auch nicht viel verpassen wird, wenn es diesen “Wissenschaftler” nicht hört.

  • Reinhard M. sagt:

    Wie die Bücherverbrennung der Nationalsozialisten, nur erlauben was einer Ideologie lieb ist. Eine Schweinerei

  • michichi sagt:

    … und als Impfkritiker gilt jede/r, der nicht zu den Studenten sagt, “passt’s Euch impfen, es Dodln, sunst kriegts späta kan Job. Schlicht und ergreifend.” … *zynismoff* 🤣

  • Encolpius sagt:

    Wenn solche Vorlesungen nicht mehr durchgeführt werden können, dann haben die Universitäten als Orte des freien Denkens ihre Berechtigung verloren. Wenn noch etwas Kampfgeist und Charakter in der Leitung der Universität Wien steckt, dann muss diese Ringvorlesung genau so durchgezogen werden. Kritik können die Studenten dann nach der Vorlesung halten in dem sie die besseren Argumente vorbringen.

  • lepuseuropeus sagt:

    Mir wird immer klarer, dass ihre Beurteilungen wie Auszeichnungen für die Beurteilten sind. Wuerde es nicht reichen eigene Kommentare zu schreiben ohne andere zu beschimpfen?

    1. lepuseuropeus sagt:

      Hätte zu Kommentar von Baptist Braunmueller gehört.

      1. Ferdinand Baptist Braunmüller sagt:

        Es ist keine Beschimpfung, Dinge so zu benennen, wie Sie sind. In den Kommentaren, die ich kritisiere, wird ja auch nicht gerade mit Wattebäuschen geworfen.

  • H.Rieser sagt:

    Ausgrenzen ist heute wieder in 🤢🤮

    Wie auch zensieren 🤢🤮🤮

  • fewe sagt:

    Denen fehlt einfach das geistige Niveau für ein Universitätsstudium. Auch wenn man eine Position ablehnt muss man sich die Argumente anhören und sich damit befassen.

    Ich bin sicher kein Kommunist, habe aber beispielsweise immer gerne die Volksstimme gelesen, weil der andere Blickwinkel selbstverständlich interessant ist. Evtl. ändert man auch seine Meinung oder in einigen Punkten.

    Nur die Meinung, die man gerade hat, bestätigt zu hören, die man eh schon hat ist einfach nur stumpfsinnig.

  • Chesterfield sagt:

    Ich kann den neuen Sprachlenkung nichts abgewinnen. Randalierer werden als “Aktivisten” bezeichnet, Berufsdemonstranten als “Studenten” ….

  • Cato sagt:

    Herr Braunmüller, Ihre historische Kenntnis ist alarmierend. Die Juden hat man nicht 1933 vergasst, erst wurden sie geächtet und mit Berufsverbot belegt, dann wurden Sie abgeholt und den meisten Deutschen war es egal. Also bitte nicht die jetzigen Zustände in Relation zu 1943 setzen sondern zu 1932/33. Es wäre sonst unredlich. Und ja, wenn Sie 1923 gesagt hätten, dass in ca 20 Jahren 6 Millionen Juden vergast werden, hätte man sie als Verschwörungstheoretiker bezeichnet, wenn es dieses Wort schon gegeben hätte.

    1. Ferdinand Baptist Braunmüller sagt:

      @Cato: Dann haben Sie meinen Kommentar ganz genau verstanden. Alle die 1933-er Vergleich enthalten ja einen slippery slope, der genau da hinführt. Die Unredlichkeit liegt nicht bei mir, davon trete ich nicht zurück, selbst wenn der ganze Kommentarbereich dagegenhält.

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