
Rudolf Öller: Das Kreuz mit dem Niveau
Die älteren Bürger Österreichs können sich vielleicht noch daran erinnern, dass die SPÖ in den Siebzigerjahren den Begriff „Arbeitsleid“ erfunden und in ihr Programm geschrieben hat. Das Märchen vom Arbeitsleid war der propagandistische Versuch, den angeblich dekadenten Wohlhabenden als Räuber am Geld des an der Arbeit leidenden Werktätigen darzustellen.
Die SPÖ sah sich immer als Vertreter des Arbeiters mit dem bescheidenen Kleinwagen, der durch Fleiß und Bildung nach oben steigen solle, um den gleichen Wohlstand genießen zu können wie der Direktor mit dem größeren Mercedes. Im „Lied der Arbeit“ heißt es: „Wer schuf den segensreichen Pflug? Die Arbeit, die nie schafft genug. Die Arbeit hoch!“ Die ideologische Kehrtwende weg von der Arbeit hin zum Arbeitsleid war der Beginn des kontinuierlichen Abstiegs der SPÖ.
Die SPÖ mit ihrem kleinkarierten Arbeitsleidthema hat die Rechnung ohne den Wirt gemacht, und der Wirt war und bleibt das störrische Volk. Die Menschen sind nämlich von Natur aus verschieden – neudeutsch: „divers“. Die Intelligenten und Fleißigen wissen, dass die Geschichte vom Arbeitsleid nichts als weichliches Jammern ist, denn aus nichts wird nichts, und vom Neid allein kann man sich nichts kaufen. Neid sieht die Blumen im Nachbargarten, nicht aber den Spaten. Die Arbeitsleid-Ideologie übersieht die Blumen und sieht nur den grauen Spaten. Daraus folgt der Schluss, dass der Spaten Leid erzeuge, daher weg mit dem Spaten, was natürlich auch ein Verschwinden der Blumen zur Folge hätte. Dieser erste Versuch einer allumfassenden Niveausenkung funktionierte nicht und führte zu einer intellektuellen Ausdünnung der SPÖ. Ein Blick auf die aktuellen Führungsfiguren genügt.
Bildungsleid
Die achtklassige Volksschule war einmal eine Gesamtschule. Wer sie verließ, konnte lesen und schreiben und beherrschte die Grundrechnungsarten. Die besonders aufgeweckten Buben und Mädchen wurden nach erfolgreicher Aufnahmsprüfung auf ein Gymnasium geschickt. Irgendwann kamen Bildungs“experten“ auf die Idee, das Gymnasium – ohne Aufnahmsprüfung – für alle zugänglich zu machen. Da sich die natürliche Begabungsverteilung der Bevölkerung nicht so ohne weiteres manipulieren lässt, ließen sich die Gymnasien nur durch allmähliche Niveausenkung füllen. Wer Maturaaufgaben aus dem letzten Jahrhundert mit denen von heute vergleicht, weiß, was gemeint ist.
„Experten“
Am allerschlimmsten ging es mit dem sprachlichen Niveau bergab. Universitätsprofessoren beklagen eine wachsende Zahl an Studenten, die Probleme mit dem sinnerfassenden Lesen haben. „Schule verharrt im Mittelmaß“ titelte eine Tageszeitung Ende Juni dieses Jahres. Im Text hieß es: „Es gebe etwas, das anstelle einer Reform von oben getan werden müsse – eine sanfte Schulrevolution von unten. Schritt für Schritt, Klasse für Klasse, Schule für Schule.“ An anderer Stelle fordert ein „Experte“ mehr „coole Lehrer“, ein anderer sieht unsere Schulen noch „in der Steinzeit“. Solche nutzlosen Phrasen kennen wir zur Genüge.
„Coole“ Lehrer gibt es. Ihr Problem liegt in der außerordentlich komplizierten gesetzlichen Lage. Es ist kaum noch möglich, alle Schulgesetze und -erlässe einzuhalten, die längst nach Kilos zu bemessen sind und einen zweckdienlichen Schulbetrieb eher behindern. Zusätzlich hat man die Zahl der Schultage drastisch reduziert. Kein einziger Schüler ist heute öfter als an der Hälfte aller Tage (!) im Jahr in der Schule. Auch Ganztagsschulen ändern an diesem Missverhältnis nichts.
Entstauben und entlasten
Es gibt noch ein Problem, das konsequent verheimlicht wird. Zwei internationale Studien (PIRLS – Progress in International Reading Literacy Study und TIMSS – Trends in International Mathematics and Science Study) werden regelmäßig durchgeführt. Sie zeigten in den letzten Jahren hinsichtlich Lesefähigkeiten und Sachkenntnisse in Summe durchschnittliche Ergebnisse für Österreichs Volksschüler. Das eigentlich Erschreckende an den Studien sind aber die enormen regionalen Unterschiede. Unsere Volksschulen bilden eine Gesamtschule, es wären also ähnliche Resultate zu erwarten gewesen. Tatsächlich gibt es zwischen unseren schlechtesten und besten Volksschulen größere Unterschiede als zwischen den schlechtesten und besten Bildungsniveaus der einzelnen Staaten. Die Schrecksekunde der überrumpelten Bildungs“experten“ dauert bereits knapp zwei Jahrzehnte, denn bis heute hat es niemand gewagt, diesem Skandal auf den Grund zu gehen. Das Thema wird totgeschwiegen.
Das endlose Herumbasteln an Schulstrukturen, das „Entstauben“ von Lehrplänen, das ständige Kürzen der Unterrichtszeit, das nicht enden wollende weitere „Entlasten“ bereits mehrfach entlasteter Schüler – all das hat nicht nur zu einer Niveausenkung geführt. Es hat die Verschiedenheit gefördert. Es gibt nicht wenige Privatinitiativen wie ehrenamtliche „Lesepaten“ und Familienmitglieder als Mentoren, die sich schulbegleitend um Kinder und Jugendliche kümmern. Nicht geförderte lernschwache Kinder bleiben auf der Strecke.
Chancengleichheit (neudeutsch „Bildungsgerechtigkeit“) wird propagiert, Ergebnisgleichheit wird insgeheim angestrebt. Diese Form von Nivellierungspolitik kann nicht funktionieren, solange leistungsstärkere Zeitgenossen beim kleinkarierten Beweinen des Arbeits- und Bildungsleids nicht mitmachen. Den Bildungsverlierern bleibt als Trost zumindest die Einstiegsmöglichkeit in den Vorstand gewisser Parteien.
Kommentare
Wozu soll ich mich mit Bildung herumschlagen? Meine ‘gescheite’ Tante verdient weniger als ich!
Die Ziege zahlt/e jahrelang Geld für Zeitungsabos, das las ich gar nie.
Das versteht kein Mensch🙃 was interessiert mich dem Trump seine Haarfarbe und wo der seinen Penis reinsteckt😇🤪 wenn ich was zusätzlich brauche nehm ich es mit, wird eh im Preis einkalkuliert oder hole es beim SoMa oder Henry Laden. Die sind frih darüber….
Der SPÖ wurde doch von Hrn. Heinzlmaier ein baldiger stiller Tod vorausgesagt. Dafür ist sie hier aber noch ziemlich medial präsent. Und es scheint bei Babler wie bei Trump zu sein. Jeder Skandal über den berichtet wird, bringt ihm ein paar Prozentpunkte Zustimmung.
@Lenau: Und das Wort “Vielleicht” könnte man auch richtig schreiben.
Lieber Herr Öller, ich kann Ihre Worte in allem bestätigen. Besser kann man es nicht ausdrücken. Auf allen Gebieten kann man das Mittelmaß bzw. das letzte Aufgebot erkennen. Siehe Babler und Konsorten.
Dekadent ist es, von den Leistungen anderer zu profitieren. Und genau das wollen die linken Soßen aber. Es ist das genaue Gegenteil als der Parteiname aussagt, nämlich unsozial. Die SPÖ müsste eigentliche USPÖ heissen – Unsoziale Partei Österreichs…
Der Punkt ist, nirgendwo geht es mehr um Inhalte, sondern um die Erreichung eines Ziels, wie auch immer der Weg dahin ausgelegt wird. Ob es dabei um Schulbildung mit Erreichen des Abschlusszeugnisses, des Maturazeugnisses oder eines Diploms ist, spielt dabei keine Rolle. Man manipuliert, trickst aus, betrügt sich selbst um das Ziel zu erreichen, der Inhalt bleibt oft auf der Strecke. Am Ende bleibt eine Urkunde, die weitere Hürden aus dem Weg räumen soll . Ob dabei echte Bildung und Kompetenz die Faktoren sind, stellt sich meist erst sehr viel später heraus, sofern manche Betrügereien, etwa Plagiate, durch diverse Überprüfungen nicht schon früher die Wahrheit ans Licht bringen. Besonders gut kann man den Unterschied zwischen ” früher” und heute beim Erwerb der Lenkerberechtigung beobachten. Auch hier das Ziel, den begehrten rosa Deckel zu erhalten. Und die Fahrschulen entwickeln richtiggehende Strategien um ihre Prüflinge ans Ziel zu bringen. Ausbildung kann man das sehr oft nicht mehr nennen. Wers nicht glaubt, beobachte den Strassenverkehr oder lese entsprechende Berichte…
Das Leistungsniveau des eigenen Kindes ist vielen Eltern ziemlich egal, solange im Volksschulzeugnis die “richtigen” Noten stehen. Noten-Wahrheit ist nicht gewünscht und wird aggressiv verhindert. Immer öfter hören Volksschullehrerinnen folgende Sätze: “Können Sie es wirklich verantworten, das Leben meines Kindes zu zerstören, seine Zukunft zu vernichten? Mein Kind geht ins Gymnasium und Sie werden das nicht mit diesen ungerechten, schlechten Noten verhindern!”
………wenn von den Klimahysteriekern behauptet wird,dass die Hitze die Gehirne schrumpfen läßt,dann wundert mich gar nichts mehr😂….ansonst super auf den Punkt gebracht,Hr.Öller!……..des öfteren glaube ich auch daß manche Politiker, Niveau mit der Hautcreme verwechseln…..(fetzendeppat..Stinkefinger,usw)…….wegen der Vorbildwirkung warats 😎
Das Dilemma der SPÖ bzw. generell derartiger “Arbeiterparteien” idt doch, daß sie sich selbst abschaffen, wenn sie damit Erfolg haben, daß “Vertreter des Arbeiters mit dem bescheidenen Kleinwagen” … “den gleichen Wohlstand genießen” wie der Klassenfeind im Mercedes. Denn flugs wird der neugebackene “Mercedesfahrer* ja so zum Klassenfeind, und lernt schnell, daß sein *Aufstieg durch Fleiß und Bildung* jetzt nur mehr dazu dient, ihn auszusackeln und an die weniger Fleißigen und Gebildeten umzuverteilen.
Instinktiv ahnen die Genossen das wohl, und müssen daher zwangsweise gegen zu viel “Fleiß und Bildung* eintreten. Der Verzicht darauf, das Einzufordern, wird ja dann laufend gröhlend und trillerpfeifend gefeiert bzw. gefordert.
Gleichheit (Nivellierung) bei Ausbildung zu fordern ist richtig!…….Aber nur zum Anfang. Diese Nivellierung für den gesamten Ausbildungsweg zu fordern ist Unsinn da nur, wenn überhaupt, auf unterstem (!) Niveau erreichbar.
Sowohl Mutter als auch Schwiegermutter haben ehrenamtlich als Lesepaten gearbeitet und nach mehreren Monaten frustriert das Handtuch geworfen.
Was die Roten (offiziell zumindest) nicht wahrhaben wollen: Es gibt genügend dumme, lernresistente Kinder (und deren Eltern), bei denen jegliche Förderung sinnlos ist.
Ausbessern geht leider nicht.
Peinlich : NIVEAU – NIVEA.
Oft heißt es, Bildung wird vererbt. Dem widerspreche ich ganz offen. Was vielmehr anerzogen wird ist die Einstellung zur Bildung! Wer vom Elternhaus von klein an nur hört wie furchtbar Schule ist, der wird später nicht bereit sein das Bildungsangebot anzunehmen. In meinem Fall, ich bin ein Arbeiterkind, habe ich als einziger meiner Familie maturiert, studiert und promoviert. Nun arbeite ich als Kassenarzt und gebe der Gesellschaft täglich vieles zurück. Bestimmt gibt es viele Kinder aus nicht Akademiker Familien, die genauso wie ich, mit viel Fleiß und harter Arbeit eine höhere Bildung und einem besser bezahlten Beruf erlangen können.
Fleiß und harte Arbeit… Na Sie fordern Sachen, wo kämen wir denn da hin?
Na ja, wichtig ist es, dass jeder auch aus nicht begüterten Verhältnissen die Chance zu Bildung hat.
Vererbung geht bis sieben Generationen zurück, so viel ich weiß.
Mir fällt kein vernünftiger Grund dafür ein, weshalb ausgerechnet das Hirn – und damit u.a. Intelligenz, Ehrgeiz und Fleiß – der einzige Teil des Körpers sein sollte, der nicht vererbt sein sollte.
Sinnerfassendes lesen kann etwas
beglückendes sein. Richtiges zählen
ebenso. Fast erfüllend wäre rechnen.
Für grosse Vorsitzende vieleicht
auch die Unterscheidung zwischen
Nivau und Nivea. Satire.
@Lenau: Und das Wort “Vielleicht” könnte man auch richtig schreiben.
(sic) Kein einziger Schüler ist heute öfter als an der Hälfte aller Tage (!) im Jahr in der Schule. (sic)
Selbiges gilt auch für die Lehrerschaft! 😉
Ein großartiger Artikel! Ob ihn die Linken und die Bildungsexperten sinnerfassend lesen können?
Früher gab es die ideologisch klar definierten Blöcke: einerseits jenen, der Leistung als etwas Positives formulierte und jenen, der suggerierte: “Brauchst Dich nicht anstrengen, der Staat hat die Verantwortung für Dich”. Hier der Unternehmer, der ausbeutet und dort der arme unterdrückte Arbeitssklave. Hier die Lehre: Lerne etwas, leiste etwas. Dort die Lehre: Wenn Du nix lernst, sind Eltern/Milieu/Rinderzüchter/Galeristen (ironisch) schuld, nur Du bist nicht für Dich selber verantwortlich. Das Ergebnis: Der Staat soll erziehen statt unterrichten, der Staat soll sich kümmern und Du kannst das Hirn abschalten. Leiste weniger, arbeite nur 32 Std oder am besten gar nix. Herr Öller hat ausgezeichnet geschrieben!
Gutes Deusch in Schrift und Sprache, Mathematik und andere naturwissenschaftliche Fächer wurden doch schon lange nicht ausreichend gefördert.
Ist im deutschen ” Dummland” leider genauso. Ergebnis bekannt.
Herr Öller, danke für Ihren Artikel.
Was diese linksideologische Bildungspolitik angerichtet hat, kann man ja sehen. Mal in etliche asiatischen Länder schauen. Dort wird Respekt, Fleiss, Leistungswillen noch gefördert.
Bei uns werden die Tugenden auch gefördert, nur nicht in der Schule! Im Sport, in der Musik zB. sehr wohl!
Solange Leistung als negativ assoziiert wird, wird der Bildungsgrad nicht steigen.
Wenn man in die Gymnasien oder in die höheren weiterführenden Schulen schaut so zeigt sich überall das gleiche Bild.
Es beginnen meist 3 Klassen und mehr mit hoher Schülerzahl aber zur Matura bleiben höchstens 2 Klassen mit wenigen Schülern und Schülerinnen.
Viele Experten möchten überhaupt die Benotung abschaffen und nur mehr eine mündliche Beurteilung.
Fakt ist der Bildungsstand bzw Wissenstand sinkt immer weiter. In wie weit ist es gewollt, weil “dumme Menschen” leichter manipulierbar sind.
Wenn ich nicht mehr weiter weiß bild ich einen Arbeitskreis….
Und so wird das Problem mit dem Niveau hervorragend von Niveauvollen gelöst werden. Nur Geduld, vorm Ableben klappts vielleicht noch. (Oder bevor die Welt in Schutt und Asche versinkt).
Auf den Punkt gebracht!
“Neid sieht die Blumen im Nachbargarten, nicht aber den Spaten. Die Arbeitsleid-Ideologie übersieht die Blumen und sieht nur den grauen Spaten. Daraus folgt der Schluss, dass der Spaten Leid erzeuge, daher weg mit dem Spaten, was natürlich auch ein Verschwinden der Blumen zur Folge hätte.”
Sehr gute Schlussfolgerung.
Ich habe vor 40 Jahren in der Schule gelernt (am Beispiel Amerika), dass es den Regierungen nicht unrecht ist das Bildungsniveau zu senken. Menschen mit geringer Bildung lassen sich leichter “lenken”.
Wenn man Schüler mit Sprach und Lesedefizit durch die Pflichtschuljahre gleiten lässt braucht man sich aber nicht wundern,wenn man zwar “steuerbare” Bürger züchtet, aber dafür einen enormen Fachkräftemangel hat.
Und übers “verhätscheln” der Jungen müsste man auch mal reden.
Danke Herr Öller, besonders auffällig ist die Tatsache, das Bildungsministerium hatte jahrzehntelang die SPÖ……Und die Roten wissen schon immer, ein dummes Volk ist leichter zu regieren. Deswegen hat in der Politik niemand Interesse an zuviel Bildung…….
Das beste Beispiel dafür ist der Babler, jetzt noch das kiffen frei geben dann ist die Talsohle der Sozen erreicht!
In Vorarlberg hat die schwarz(!)-grüne Landesregierung mehr als 100.000 Euro in ein sogenanntes Schulforschungsprojekt investiert, das natürlich – welch Wunder – die von den Betreibern gewünschten Ergebnisse gebracht hat und nun bei jeder Gelegenheit hervorgezogen wird, um eine Gesamtschule zu installieren. Revolution von unten: Wie viele Deutsch- und Mathematik-Förderstunden hätte man damit bezahlen können!