
Rudolf Öller: Mainstream tot
Der legendäre österreichische Philosoph Sir Karl Popper beschrieb die Welt der Wissenschaft in einem einzigen Satz, als er sinngemäß sagte: „Wir irren uns empor“. Besser und kürzer kann man es nicht ausdrücken. Die Geschichte der Wissenschaften ist eine Geschichte des Suchens, der Hartnäckigkeit, der Irrtümer, leider auch der Speichelleckerei und Feigheit.
Geozentrischer Mainstream
Eineinhalb Jahrtausende lang war die These des Claudius Ptolemäus, wonach die Erde im Mittelpunkt des Universums liegt, der Mainstream der Wissenschaft. Niemand wagte es offen zu zweifeln, obwohl die inneren Widersprüche dieses Modells immer deutlicher sichtbar wurden. Der griechische Philosoph Aristoteles, der in der katholischen Kirche eine Art wissenschaftlicher Heiliger war, hatte im Altertum ebenfalls die Erde in den Mittelpunkt gestellt. Wer etwas anderes behauptete, lief Gefahr, Opfer der damaligen Inquisition zu werden. Männer wie Nikolaus Kopernikus, Galileo Galilei, Georg Joachim Rhaeticus, Johannes Kepler, Isaac Newton und andere trugen den Irrglauben zu Grabe. Der alte Mainstream war tot.
Verbrennung
Die Frage, was bei einer Verbrennung geschieht, beschäftigte die Chemiker lange. Der deut-sche Alchimist und Mediziner Georg Ernst Stahl führte eine hypothetische Substanz ein, die er „Phlogiston“ nannte. Diese Substanz, so wurde vermutet, befinde sich in allen brennbaren Körpern und entweiche bei der Verbrennung. Zwei Jahrhunderte lang war diese Hypothese ein Teil des chemischen Mainstreams. Nach der Entdeckung des Sauerstoffs durch Joseph Priestley, der damals noch an das Phlogiston glaubte, und nach dem Nachweis durch den Franzosen Antoine de Lavoisier, dass alle Verbrennungen in Wahrheit Oxidationen sind, wurde das Phlogiston vergessen. Der Mainstream wurde beerdigt.
Atome
Die leidenschaftliche Debatte, ob es Atome gibt oder nicht, wurde über Jahrhunderte hinweg geführt. Das dauerte deshalb so lange, weil Atome sehr klein und nur indirekt nachweisbar sind, zum Beispiel durch Beugung von Röntgenstrahlen. Im Rahmen der Streitgespräche wurde ein altes Verhaltensmuster beobachtet. Kollegen und Studenten schlossen sich jeweils den Meinungen der atomistischen oder anti-atomistischen Professoren an und verteidigten ihre Thesen. Wes Brot ich ess‘, des Lied ich sing. Erst im 20. Jahrhundert beendete Albert Einstein den Streit zugunsten der Atomtheorie und schrieb 1905 eine derart brillante Studie, dass niemand mehr zweifeln konnte. Der anti-atomistische Mainstream war implodiert.
Relativität
Albert Einstein musste in den Folgejahren viel einstecken. Nachdem er 1905 die spezielle und zehn Jahre später die allgemeine Relativitätstheorie veröffentlicht hatte, wurde er attackiert. In den deutschsprachigen Ländern war die klassische Physik der Mainstream des modernen Wissens. Verstärkt wurde der Trend durch die Tatsache, dass Albert Einstein Jude war. 1931 erschien das Buch „100 Autoren gegen Einstein“. Physiker versuchten, Einstein des Irrtums zu überführen. Seine Relativitätstheorie sei ein Hirngespinst, hieß es. Einstein reagierte genial: „Wenn ich Unrecht habe, genügt einer, um mich zu widerlegen“. Auch die Quantenphysik wurde attackiert, denn es gab unter den Protagonisten viele Juden, am bekanntesten ist
der Däne Niels Bohr. Der nationalsozialistische Physiker Philipp Lenard prägte den Begriff „jüdische Physik“. Relativitätstheorie und Quantenphysik galten als unrein, Mainstream war nur die deutsche (klassische) Physik ohne Quanten, ohne Relativität. Niemand in Deutschland konnte es sich erlauben, anderer Meinung zu sein. Heute ist all das kein Thema mehr. Die Quantenphysik ist die erfolgreichste Theorie der Geschichte und ohne die Relativitätstheorie würden Teilchenbeschleuniger und das GPS-System nicht funktionieren. Der Mainstream landete im Mülleimer.
Klimaerwärmung
Die Klimaerwärmung gibt es. Diese Erkenntnis kann man ohne Thermometer gewinnen, es genügt, die Entwicklung der Gletscher zu beobachten. Bedenklich wird es, wenn behauptet wird, die Sache sei ausschließlich menschengemacht, denn dafür gibt es bestenfalls vage Hypothesen. In den USA darf man dem Klima-Alarmismus (noch) widersprechen, in Europa auf keinen Fall.
Es gibt viele Modellrechnungen, die die letzten Wärmeperioden ignorieren. Der Tschiervagletscher im Schweizer Kanton Graubünden zeigt Spuren vergangener Klimawandlungen besonders gut, wie etwa die kleine Eiszeit im 17. und 18. Jahrhundert, die mittelalterliche Warmphase, die römische Warmzeit und das Klimaoptimum im Holozän vor rund 5.000 Jahren, als Ötzi problemlos zu Fuß über gletscherlose Pässe gehen konnte. Über diese Wärmeperioden sprechen die „Experten“ nur ungern, denn damals gab es noch keine CO₂-Zunahme.
Die seit Jahrzehnten nachlassende Sonnenaktivität, die nur in Fachzeitschriften erwähnt wird, der Albedoeffekt, selbstverständlich auch verschiedene Gase und andere Faktoren haben Einfluss auf das Klima. Wie es tatsächlich weitergehen wird, weiß niemand. Die veröffentlichten Modellrechnungen sind so viel wert wie die „Berechnungen“ zu Beginn des 20. Jahrhunderts, wie viele Pferdekutschen und Dampflokomotiven es im Jahr 2000 wohl geben werde. Zurzeit dominiert ein Mainstream, dem zu widersprechen nicht ratsam ist.
Kommentare
Fazit – die Wissenschaft überholt sich durch permanente Forschung selbst!
Ein Narr wer von der Wissenschaft Planbarkeit fordert!
In Ergänzung zu Öller:Max Planck stellte in seiner “Wissenschaftlichen Selbstbiographie” einmal nüchtern fest:
“Eine neue wissenschaftliche Wahrheit pflegt sich nicht in der Weise durchzusetzen, dass ihre Generation sich als bekehrt ausgeben, sondern vielmehr dadurch, dass die Gegner allmählich aussterben und die heranwachsende Generation von vornherein mit der Wahrheit vertraut gemacht ist.”
Guter Kommentar! Die Klimadiskussion wird schon lange von Ideologie dominiert. Im Grunde weiß niemand wirklich, wie sich das Klima weiterentwickelt. Die prognostizierte Erderwärmung ist ja nur eine Extrapolierung. Und die anthropogenen Komponente ist nicht bewiesen und nicht beweisbar. Sehr wahrscheinlich geht es den Klimaaktivisten eher um eine gesellschaftliche Transformation aber leider nicht zum Guten (d.h. für den größtmöglichen Wohlstand der Menschen…). Bedenklich ist, wie auch Politiker von Parteien (klassisches Beispiel ist die EVP mit UvL) die nicht zu den 15% Grünen gehören da zustimmen. Ohne die wäre es ja gar nicht möglich, dass die Klimadebatte eine solche Dominanz erreicht
Ein sehr guter Artikel, der Anlass gibt einmal innezuhalten und in Ruhe nachzudenken. Das will der Klima-Mainstream aber leider nicht …
Alles so banal wie richtig. Nur ist heute schon gefährlich, Banalitäten auszusprechen.
Mag sein, dass der Faktor Mensch bei der Änderung des Klimas tatsächlich nur eine verschwindend geringe Rolle spielt. Aber der Umgang mit natürlichen Ressourcen ist bestimmt noch verbesserungswürdig und darauf sollten sich meiner Meinung nach Forschung und Innovation konzentrieren.
Und was hat der Umgang mit natürlichen Ressourcen mit der Änderung des Klimas und dem Inhalt des Meinungsartikels zu tun?
Richtig. Alle Bodenschätze sind begrenzt, daher ist ein Umdenken wichtig und unausweichlich. Das Klimatheater darf und muss kritisch gesehen werden. Irgendein kluger Philosoph hat einmal gesagt, dass Vorsicht geboten ist, wenn eine neue Idee nur deshalb für wahr gehalten wird, weil viele dafür sind. Die Wärme verursacht bei mir keine Panik. Der Verbrauch der Naturschätze schon eher.
Umweltschutz wird sowieso schon seit einigen Jahrzehnten mit Erfolg verfolgt.
Es geht um die CO2-Emmissionen, die angeblich das Klima verändern sollen. Und dafür wird kräftig abkassiert und nicht ganz ungefährliche Atomkraftwerke sollen damit forciert werden. Das ist also nicht so harmlos.
Das hat mit Umweltschutz auch garnichts zu tun.
Danke, Herr Öller! Ihre Betrachtung ist hochnotwendig, intelligent, pointiert.
Ich getraue mir folgende Hypothese in der Hoffnung, dass ich nicht gesteinigt, geteert und gefedert werde. Aufgrund der Präzession der Erde, sie eiert wie ein auslaufender Kreisel sowie, dass die elipsoide Umlaufbahn (Kepler´sche Gesetze) der erde um die Sonne sich nicht viel, aber doch in größeren Zeitabständen ändert, haben wir ein ständig veränderndes Klima. Kaltzeiten wie vor 40.000, wo fast ganz Europa unter Eis stand werden von Warmzeiten, inwelchen die Sahara ein Blütenmeer war, abgelöst, dazwischen gibt es temporär Warmphasen oder Kältephasen innerhalb einer gegenteiligen Kalt-oder Warmzeit. So etwa sspüren wir jetzt im wirklich überschaubaren Maß. Nur eines ist unsicher , welchen Anteil daran hat der Mensch im sogenannten “Anthropozän”, würde meinen zwischen 5-7 %, mehr nicht. Können wir diese Verändeurng aufhalten ? Nein !!! Daher aufpassen, wenn eine Frau von der Leyen als Kommissionspräsidentin uns weiß Gott was aufhalsen möchte, selbst fliegt sie Kleinstsstrecken mit dem Privatjet.
Ich werfe noch die Sonnenaktivität ein und hoffe, Sie nicht am Kopf getroffen zu haben 😉 Ich will Sie nicht vom Weiterdenken abhalten.
Danke, das ist ein richtiger Hinweis, aber noch zu wenig erforscht. Beispielsweise ob die Aktivitäten tatsächlich über längere Zeit von einer “normalen Aktivität” abweichen kann, ob es überhaupt ein gleichbleibende Aktivität der Sonne gibt. Eine ist sicher, unsere Sonne ist derzeit im besten Alter, speiht wie ein gut durchtrainierter Drache. Also von einem Untergang noch rund 5 Milliarden Jahre entfernt. Dann aber wird es lustig, wenn sie im Todeskampf die Erde verbrennen wird. Alles weg, alles wird von Neuem beginnen.
Wenn Politik die Wissenschaft instrumentalisiert, ist Totalitarismus nicht fern.
In Österreich grad live zu erleben.