Schwule und Lesben hat es immer schon gegeben. Schwule werden sogar in der Bibel erwähnt. Im dritten Buch des Moses steht zu lesen: „Wenn jemand bei einem Manne liegt wie bei einer Frau, so ist das ein Gräuel und beide sollten des Todes sterben.“

Die beiden Engländer Charles Darwin und Alfred Wallace haben in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts eine moderne Evolutionstheorie entwickelt, die aus heutiger Sicht einige kleine Fehler enthält, in ihren Grundzügen aber nach wie vor gültig ist. Darwins berühmtester Satz betrifft die natürliche Selektion. Er sprach vom „survival of the fittest“. Dieser Satz wurde fälschlicherweise mit „Überleben des Stärkeren“ übersetzt. Darwin meinte, dass es in allen Populationen eine Vielfalt gibt und die besser angepassten Lebewesen eine höhere Chance auf Weitergabe ihrer Merkmale haben als die weniger Angepassten. Die Entstehung von Vielfalt, die natürliche Selektion und die Entstehung neuer Arten werden heute in der modernen Biologie gut verstanden und beschrieben.

Queere Tiere

Wie passen Schwule und Lesben in dieses Bild der Biologie? Schwule und Lesben pflanzen sich nicht fort. Die wenigen künstlichen Befruchtung spielen statistisch keine Rolle. Homophilie ist ein evolutionärer Schlusspunkt, der genetische Zug durch die Generationen endet hier.

Im Berner Tierpark Dählhölzli gab es bis vor Kurzem eine Sonderausstellung über „queere Tiere“. Man wollte damit Kindern die Genderpolitik aufs noch junge Auge drücken. Der queere Tierrundgang sollte „eine Brücke zwischen biologischen Erkenntnissen und gesellschaftlich aktuellen Themen“ schlagen. Der Besucher konnte beim Anblick von geschlechtswechselnden Seepferdchen (eine Sonderform in der Tierwelt) die „eigene Identität erforschen“. Es ist nicht nötig, darauf einzugehen, dass bei dieser Sonderausstellung von den Verantwortlichen einiges falsch verstanden wurde.

Sackgassen

In der Evolution des Lebens gibt es viele Sackgassen. Wenn sich Ei- und Samenzellen vereinigen, so startet ein mehrere Stunden dauerndes genetisches Testprogramm. Fünfzig Prozent aller befruchteten Eizellen schaffen ein paar Zellteilungen, dann endet ihr Leben. Der Test wurde nicht bestanden. Da wir Menschen unterschiedliche Ei- und Samenzellen hervorbringen, kann es „beim nächsten Mal“ klappen, aber manchmal ist jede Hoffnung vergeblich. Retortenärzte kennen das Phänomen. Manche Gameten (Fortpflanzungszellen) vertragen sich nicht. Das mag für manche Paare mit Kinderwunsch traurig sein, aber die Natur ist nicht empathisch und wird es nie sein.

Die Ursachen der Homosexualität werden immer noch diskutiert. Höchstwahrscheinlich spielt der Hormonhaushalt der Mutter während der Schwangerschaft eine Rolle. Biologen wissen schon lange, dass Hormone unsere Wahrnehmung steuern und dass man Menschen nicht zur Homosexualität erziehen kann, auch wenn einige Psychologen etwas anderes behaupten. Wenn es also biologische Ursachen gibt, worin liegt dann der evolutionäre Sinn der unfruchtbaren Homosexualität? Warum ermöglicht die Natur ein Verhalten, das Fortpflanzung verhindert?

Vielfalt vor Monotonie

Der Grund wurde in evolutionsgenetischen Experimenten bei verschiedenen Arten vielfach bestätigt. Die Natur begünstigt Formenvielfalt, auch wenn einige Varianten genetische Endbahnhöfe darstellen und somit keinen evolutionären Sinn ergeben. Das erscheint paradox, ist aber so. Aus Untersuchungen der Evolutionsbiologen wissen wir seit Jahrzehnten, dass Vielfalt einen höheren evolutionären Wert darstellt als vermeintlich fehlerlose Monotonie.
Homosexuelle – ihre Zahl liegt im unteren einstelligen Prozentbereich – bilden nur einen kleinen Teil einer fast unendlich großen Vielfalt des Lebens. Die Angst, dass durch die Homo-Ehe unsere Gesellschaft verändert werden kann, ist unnötig. Unsere Gesellschaft ändert sich bedächtiger, als es einige Aufrührer gerne hätten. Gefahr für traditionelle Familie entsteht in erster Linie durch eine familienfeindliche Politik, was aber mit einer Ehe Gleichgeschlechtlicher nichts zu tun hat.

Eine Gefährdung für den Frieden in unserer Gesellschaft droht in erster Linie von intoleranten Unruhestiftern, die uns mit wachsender Lautstärke und Aggression ein bestimmtes Denken und Handeln als „fortschrittlich“ oder „zeitgemäß“ aufzwingen wollen. Vor allem wird immer wieder betont, die traditionelle Familie sei am Ende. Irrtum! Die hohen Scheidungsraten sind schmerzlich, doch die Familie mit Kindern (ob mit oder ohne Trauschein) hat nach wie vor den größten evolutionsbiologischen Fitnesswert in allen Gesellschaften. Zeitgeistnomaden versuchen, die klassische Familie umzudeuten in eine spießige sexuelle Variante von vielen. Wir stolzen Cis-Frauen und Männer lassen jedoch den lauten Minderheiten ihre Megaphone, erfreuen uns inzwischen an unseren Kindern und Enkeln, setzen dabei ein Lächeln auf und spielen „Waldorf und Statler“, wenn es in der Muppet Show der selbsternannten Weltverbesserer wieder einmal drunter und drüber geht.

Rudolf Öller ist promovierter Genetiker der Universität Tübingen und seit Jahrzehnten sowohl als Kolumnenschreiber als auch als Buchautor publizistisch tätig. Öller ist gebürtiger Oberösterreicher, hat in AHS und BHS Naturwissenschaften und Informatik unterrichtet und war ehrenamtlicher Rettungssanitäter, Blaulichtfahrer und Lehrbeauftragter beim Roten Kreuz. Er lebt heute in Vorarlberg.