Es dürfte wohl keinen besseren Standort für Viktor Orbans Geburtstagsfeier geben als die mehr als 67.000 Zuschauer fassende Puskás-Arena in Budapest. In dem vor wenigen Jahren errichten Fußballstadion wird Orban heute Abend beim Europa-League-Finale zwischen AS Rom und dem FC Sevilla buchstäblich mitfiebern. Orban ist nämlich seit Kindesbeinen an ein Fußballnarr, der in seinem Heimatort Felcsút einst auch selbst die Fußballschuhe schnürte.

Apropos Felcsút: In der nicht einmal 2000 Einwohner zählenden Gemeinde ist die wohl bekannteste Fußballschmiede Ungarns angesiedelt, die “Puskás Akadémia”. Und wo sonst könnte das Wochenendhaus der Familie Orban stehen, als in unmittelbarer Nachbarschaft der Akademie mitsamt Stadion.

Weil er letztlich doch nicht das Talent hatte, um eine Profikarriere als Fußballer einzuschlagen, widmete er sich bereits zu Studienzeiten (Recht) voll und ganz der Politik, zunächst als Kritiker des kommunistischen Systems, nach 1989 dann als einer der Wortführer einer liberalen Jugendbewegung.

Bei einer Rede vor Hunderttausenden forderte Orban die sowjetischen Besatzer zum Abzug auf

Weltweite Bekanntheit erlangte Viktor Orban vor knapp 34 Jahren, am 16. Juni 1989. Bei einer Kundgebung vor Hunderttausenden Menschen auf dem Budapester Heldenplatz rief er die damaligen sowjetischen Besatzer Ungarns auf, das Land umgehend zu verlassen.

Ein Jahr zuvor, am 30. März 1988, hatte er mit mehreren Gesinnungsgenossen einer Studentenvereinigung den Fidesz (Bund junger Demokraten) gegründet, der anfangs noch radikal liberale Ansichten vertrat. Später, im Verlauf der neunziger Jahre, wandelte sich die Partei aber zunehmend zu einer national-konservativen Kraft.

Zum ersten Mal ans Ruder kamen Orban und der Fidesz im Jahr 1998 – damals noch an der Spitze einer bürgerlich-konservativen Regierungskoalition. Nach dem Verlust der Wahl 2002 mussten Orban und seine Partei acht Jahre in der Opposition ausharren, ehe sie 2010 erneut an die Macht kamen – und dort befinden sie sich auch heute noch.

Viktor Orban bei seiner berühmten Rede 1989

Im Zentrum von Orbans Politik stehen nationale, christliche und konservative Werte

Unter konservativen und national gesinnten Politikern gilt Orban seit langen Jahren als Vorbild, ja Ikone. Wiederholt mit Zweidrittelmehrheiten im ungarischen Parlament ausgestattet setzte er konsequent eine Politik um, in deren Zentrum nationale, christliche und konservative Werte stehen.

Während der Migrationskrise im Jahr 2015 etwa war er der erste Regierungschef in Europa, der einen Grenzzaun zur Abwehr des Migrantenstroms errichten ließ. Orban geht auch entschieden gegen linksliberal-progressive Tendenzen vor wie die LGBTQ-Bewegung – im Mittelpunkt seiner Politik steht die christlich fundierte Familie.

Der ungarische Premier verbietet es sich auch, sich von der EU in ungarische Belange dreinreden zu lassen. In den vergangenen Jahren hat er sich Entscheidungen Brüssels, die in seinen Augen den Interessen Ungarns zuwiderlaufen, immer wieder widersetzt, so auch zuletzt den EU-Sanktionen gegen Russland. Seine widerborstige Art brachte Orban freilich auch viel Kritik ein. So wird ihm unter anderem vorgehalten, dass er Demokratie und Rechtsstaat in Ungarn abbaue und die Pressefreiheit einschränke.