Die Bibel ist ziemlich eindeutig, was das Töten angeht – und das Matthäus-Evangelium (Kapitel 5) ist in diesem Punkt besonders klar. Dort heißt es schwarz auf weiß: “Du sollst nicht töten; wer aber jemand tötet, soll dem Gericht verfallen sein.”

In Zeiten des Krieges freilich hat ein solches Gebot nichts verloren – noch dazu in Russland, wo es seit Beginn des Einmarschs russischer Truppen in die Ukraine (24. Februar 2022) ein krimineller Akt ist, das Wort “Krieg” in den Mund zu nehmen – noch immer muss der Krieg in der Ukraine russlandweit als “militärische Spezialoperation” bezeichnet werden. Ebenso wird in Russland die Infragestellung der Kriegshandlungen, sprich des Tötens von Menschen sanktioniert.

Das musste der Priester Ioann Burdin am eigenen Leib erfahren. Er wurde wegen einer Predigt gegen den Krieg in der Ukraine kurzerhand seines Amtes enthoben. Damit gehört er zu einer Gruppe russischer Priester, die sich den Unmut von Kreml-Chef Wladimir Putin zugezogen haben, weil sie sich gegen den Krieg in der Ukraine ausgesprochen haben.

Patriarch Kirill und Kreml-Chef Wladimir Putin

Pazifistische Haltung des ehemaligen Priesters ist "antirussisch"

Was Burdin seiner Kirchengemeinschaft predigte: “Wir Christen können nicht tatenlos zusehen, wenn ein Bruder einen anderen tötet.” Und weiter: “Das Blut der Ukrainer klebt nicht nur an den Händen der Führer der Russischen Föderation und der Soldaten, die ihre Befehle ausführen. Ihr Blut klebt auch an den Händen eines jeden von uns, der diesen Krieg gebilligt hat oder ihn schweigend duldet.”

Nachdem seine Predigt der orthodoxen Kirchenleitung mitgeteilt worden war, wurde er sofort seines Amtes enthoben. Gemäß den bestehenden Zensurgesetze in Russland musste er außerdem eine Geldstrafe in Höhe von 35.000 Rubel (knapp 400 Euro) bezahlen.

Nun wird bei einer für den 16. Juni anberaumten Anhörung vor dem Kirchengericht Burdins Predigt erneut unter die Lupe genommen. In der Klage heißt es, dass Burdins Worte eine “Untergrabung des Vertrauens der Gläubigen in den Patriarchen und die Bischöfe” darstellen und die Kirche und ihre Einheit schädigen.

Die russisch-orthodoxe Kirche hat seit Beginn der russischen Invasion massenweise “Krieger zur Verteidigung des Vaterlandes gesegnet”. Deshalb ist es denn auch wenig verwunderlich, dass die pazifistische Haltung von Burdin als “antirussisch” und als “inakzeptabel” gebrandmarkt wird. Patriarch Kirill, das Oberhaupt der russisch-orthodoxen Kirche, ist einer der lautesten Befürworter des Krieges.