Zurzeit hat Russland Grund zur Freude: Nicht nur ist der Ölpreis deutlich höher als in den vorangegangenen Jahren, auch Russlands Ölexporte sind gestiegen, um zwölf Prozent in den ersten fünf Monaten dieses Jahres.

Die westlichen Sanktionen haben zwar die Ölexporte nach Europa und in die USA reduziert, aber nicht nach Asien. Im Gegenteil. Dort ist die Nachfrage unvermindert hoch. Asiatische Staaten haben ihre Käufe von russischem Öl erhöht, da sie von den erheblichen Preisnachlässen für Russlands wichtigste Rohölsorte Ural infolge der Sanktionen profitierten.

Mehr als 50 % des Öl-Exports gehen nach Asien

Russlands stellvertretender Ministerpräsident Alexander Novak meinte kürzlich auf dem Internationalen Wirtschaftsforum in St. Petersburg: „Dies bedeutet, dass unser Öl und unsere Ölprodukte heute weltweit gefragt sind.“ Der Anstieg hänge auch mit dem geringeren Raffinierungsvolumen und der Neukonfiguration der Raffinerien in Russland zusammen.

Russland erhöht vor allem seine Lieferungen nach Asien. Dem Vorstandsvorsitzenden von Gazprom Neft zufolge, Alexander Dyukov, liefert Russland bereits 50 Prozent seines Öls nach Asien. „Zu Beginn des Jahres gingen drei Viertel unseres Öls nach Europa, jetzt werden mehr als 50 Prozent an den asiatischen Markt geliefert“, sagte er auf dem Forum. Das zeigen auch Analysen des Beratungsunternehmens Kpler.

EU plant Reduktion um 90 %

Zu den Sanktionen gegen Russland gehören ein US-Ölimportverbot und die schrittweise Einführung eines Embargos für die meisten Ölimporte durch die EU. Insofern haben die Sanktionen noch nicht ihre volle Wirkung entfaltet.

Die EU will bis Ende des Jahres ihre russischen Ölimporte um 90 Prozent kappen. Es wird sich zeigen, ob damit auch die russische Produktion um zehn Prozent zurückgehen wird. Dyukov sagte, dass Europa wahrscheinlich ohne russisches Öl auskommen kann, aber die Frage ist, welchen Preis es dafür zahlen muss.

Sanktionen ohne Mitwirkung Chinas können Russland nicht niederringen

Der deutsche Top-Ökonom Hans-Werner Sinn äußerte sich kürzlich skeptisch zu den Sanktionen. „Solange wir China nicht im Boot haben, können wir Russland mit Sanktionen nicht niederringen“, meinte er gegenüber dem „Münchner Merkur“.

Bezüglich des Gasembargos erklärte er: „Damit schädigen wir zwar auch die Russen ein bisschen – aber vor allem uns selbst. Die Russen haben nämlich China als alternativen Kunden.“ Sprich: „Der Westen kann Russland also den Gashahn abdrehen, nicht aber den Geldhahn. Seine Embargopolitik treibt Russland in die Arme Chinas und stärkt gerade dasjenige Land, das die USA in der Zukunft am meisten werden fürchten müssen.“