Einen dramatischen Appell richtete Österreichs Außenminister an die Welt – doch die hörte nicht zu. Vor weitgehend leeren Rängen beklagte Schallenberg den „traurigen Zustand“, in dem sich die Menschheit befände. Er erwähnte etwa die höchste Zahl gewaltsamer Konflikte seit dem Zweiten Weltkrieg, die „globale Klimakrise“ und Russland, das „in einem Anfall von neoimperialistischer Aggression in sein souveränes Nachbarland Ukraine eingefallen“ sei. Ebenso warnte der ÖVP-Politiker vor „polarisierenden Populisten“, die „Fake News verbreiten“.

Außenminister Alexander Schallenberg während seiner Rede vor der UN-GeneralversammlungAPA/BMEIA/MICHAEL GRUBER

Schallenberg wiederholt Forderung von Olaf Scholz

Fast niemand hörte Schallenbergs Ausführungen zu, auch nicht als er auf ein Thema zu sprechen kam, das eigentlich die afrikanische Staaten hätten interessieren müssen. Der nach dem Zweiten Weltkrieg ins Leben gerufene UNO-Sicherheitsrat spiegle die Welt von heute nicht mehr wider, kritisierte der Außenminister: „Er muss mehr Ländern, die bei seiner Gründung ausgeschlossen wurden, einen Sitz anbieten, auch aus Afrika.“

Fast niemand im Saal, während Schallenberg spricht.APA/BMEIA/MICHAEL GRUBER

Schallenbergs Forderungen nach einer Umgestaltung des UNO-Sicherheitsrates deckte sich freilich eins zu eins mit den Ausführungen von Olaf Scholz (SPD), der mehr oder weniger dasselbe schon zuvor erklärt hatte. Auch der deutsche Bundeskanzler forderte eine Reform des UN-Sicherheitsrates, kritisierte, dass der Sicherheitsrat mit den ständigen Mitgliedern USA, Russland, China, Frankreich und Großbritannien die Welt nicht widerspiegle und hielt fest: „Afrika gebührt mehr Gewicht, so wie auch Asien und Lateinamerika.“

Doppelt hält besser. Übrigens tat auch Scholz seine Forderungen vor weitgehend leeren Sitzplätzen kund.

Auch während Scholz sprach hörte fast niemand zu.APA/AFP/Leonardo Munoz

Immerhin: Livestream in Botschaften übertragt Rede

Bis auf den letzten Platz gefüllt ist der Saal tatsächlich nur, wenn der US-Präsident zu Beginn das Wort erhebt. Anschließend leert er sich zunehmend.

Das Trostpflaster: Die UN-Reden werden per Livestream auch in den Botschaften angehört, wo Diplomaten mitschreiben und anschließend ihre Regierungen darüber informieren. Überdies nutzen Staats- und Regierungschefs das Treffen in New York primär für vertrauliche Gespräche.

Zum persönlichen Austausch gibt es auf jeden Fall Zeit. Im Bild: Scholz (l.) mit Bundespräsident Alexander van der Bellen (r.).APA/PRK

Schallenberg plädiert für mehr Dialog

Schallenberg kam auch auf Österreichs Haltung angesichts der gegenwärtigen Konflikte zu sprechen. Für ein solches  Land – „militärisch neutral, exportorientiert und im Herzen des europäischen Kontinents“ – liege die Antwort eindeutig in der Zusammenarbeit. Daher müsse auch die UNO „ein Raum für einen echten Dialog“ sein.

Zumindest zwei Politiker scheinen diese Botschaft nicht beherzigt zu haben. Als Ukraines Präsident Wolodymyr Selenskyj (45) blieb Russlands Außenminister Lawrow (73) demonstrativ weg. Als Lawrow seine Rede hielt, verließ Selenskyj den Raum.