Doch brauche es neue Ansätze. “Natürlich können Sie nicht jeden illegalen Migranten aufnehmen.” Aber Europa solle sich “an einer Regulierung legaler Migration beteiligen”, schlug Sisi vor. Flüchtlingsorganisationen sowie manche Herkunfts- und Transitstaaten fordern schon länger, Europa müsse mehr rechtliche Möglichkeiten für die legale Einwanderung von Migranten eröffnen.

Weiter sagte der autoritär herrschende Präsident des mit gut 101 Millionen Menschen bevölkerungsreichsten Landes in der arabischen Welt, Europa könne helfen, wirtschaftliche Perspektiven in Ägypten zu schaffen, wo jedes Jahr mehr als eine Million junger Menschen neu auf den Arbeitsmarkt drängten. “Arbeitsplätze können nur entstehen, wenn Europa uns hilft, Industrien aufzubauen, und sei es auch in Konkurrenz zu seinen eigenen.”

Menschrechtler prangern an

Zehn Jahre nach dem Sturz von Ägyptens Langzeitherrscher Hosni Mubarak hatten Menschenrechtler jüngst die schlechte Menschenrechtslage in dem Land angeprangert, wo unter Führung Sisis die Regierung mit harter Hand gegen Kritiker und Gegner vorgeht. Menschenrechtler würden willkürlich verhaftet und gefoltert, und Tausende Ägypter säßen in Haft.

Erdogan erpresst weiter

Anders verhät es sich mit dem Flüchtlings-Deal der Europäischen Union mit der Türkei: Der Deal macht die EU erpressbar – ein Umstand, den der türkische Präsident Erdogan über die Jahre immer wieder auszunutzen vermochte. So zum Beispiel 2020, als der Türken-Präsident die Grenzen zu Griechenland – und damit in die EU – für geöffnet erklärte. Das Resultat: Hässliche Szenen. Griechische Sicherheitskräfte drängten die Migranten mit Tränengas, Blendgranaten und Schlagstöcken zurück. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen bezeichnete das Land als „Schild“ Europas.

Nutzt vier Millionen syrische Flüchtlinge als Druckmittel gegen die EU: Recep Tayyip ErdoganFoto: APA/AFP/Adem ALTAN

Türkei kontrolliert die Grenzen nicht mehr

Seitdem ist der Flüchtlingsdeal de facto außer Kraft – „auch wenn die EU das anders als die Türkei nicht zugeben will“, sagt John Dalhuisen von der Denkfabrik Europäische Stabilitätsinitiative (ESI), die das Flüchtlingsabkommen einst entworfen hat. Die Türkei kontrolliere die Grenze zu Griechenland seit der Eskalation im Februar vergangenen Jahres nicht mehr richtig, sagt Dalhuisen weiter. Zudem nimm Ankara seit März 2020 auch nicht mehr jene Migranten zurück, die keinen Schutzanspruch in der EU haben. Ein wesentlicher Teil des ursprünglichen Abkommens.