Er werde für eine Wahl im kommenden Jahr “sicher kein Geld aus dem Budget nehmen, das der Armee dann bei ihren Verteidigungsaufgaben fehlen wird”, stellte jetzt der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj im aktuellen Interview mit der TV-Journalistin Natalia Moseychuk fest. Selenskyj ist seit April 2019 im Amt, er hat sich damals im zweiten Wahlgang gegen den damaligen Präsidenten und Oligarchen Petro Poroschenko durchgesetzt.

Selenskyj erzählte in diesem Interview, was er eben dem republikanischen Politiker Lindsey Graham zum Thema Wahlen gesagt hätte: “Ich sagte ihm: Wenn die Vereinigten Staaten und Europa uns finanziell unterstützen … Es tut mir leid, ich werde keine Wahlen auf Schulden abhalten, ich werde auch kein Geld, das für Waffen gedacht ist, dafür nehmen und es für Wahlen ausgeben. Aber wenn Sie mir diese finanzielle Unterstützung geben, wenn die Parlamentarier erkennen, dass wir das tun müssen, dann lasst uns schnell die Gesetzgebung ändern und, was am wichtigsten ist, lasst uns gemeinsam Risiken eingehen.”

Im aktuellen TV-Interview: Wolodymyr Selenskyj (45)

Angeblich könnte die Wahl fünf Milliarden Euro kosten

Selenskyj mahnte dann auch die Hilfe der EU ein, er erinnerte daran, dass sich eine hohe Zahl an Ukrainern derzeit im Ausland aufhalte, insbesondere in der EU, und dass die Sicherstellung ihrer Willensäußerung auch erhebliche Ressourcen und Wahllokale erfordere, über die die Ukraine nicht in dieser Zahl verfüge: „Wir brauchen hier Hilfe aus Europa, denn die Ukrainer leben heute überwiegend in der Europäischen Union. Dort müssen Wahllokale geöffnet werden, damit die Menschen kommen können. Sieben Millionen Menschen müssen wählen können. Solche infrastrukturellen Kapazitäten haben wir nicht – wir müssen für entsprechende sorgen.“

Und dafür sollten die EU und die USA erneut die finanzielle Unterstützung leisten – bis zu fünf Milliarden Euro extra würde diese Wahl angeblich kosten.

Der ukrainische Präsident meinte im TV-Interview, dass er nicht an der Macht festhalte und gerne Wahlen abhalten würde. Allerdings müssen die Rechte aller Wähler gewährleistet sein. Selenskyj: „Wie wird das Militär wählen können? Zeigen Sie mir die Infrastruktur. Niemand hat es bisher gezeigt. Wie können Menschen im Ausland wählen? Niemand hat es mir gezeigt. Es gibt einen Ausweg. Ich bin bereit dafür. Ich spreche jetzt öffentlich darüber, ich habe keine Geheimnisse.”

Wolodymyr Selenskyj im TV-Interview mit der ukrainischen Journalistin Natalia Moseychuk.

Übrigens: Eine komplette Nationalratswahl in Österreich (neun Millionen Einwohner) kostet laut finanz.at 12 Millionen Euro. In der Ukraine leben derzeit etwa 34 Millionen Einwohner, also 3,7-mal mehr als in Österreich. Eine Wahl in der Ukraine könnte somit – nach österreichischen Standards – um 45 Millionen Euro durchgeführt werden.

Wird noch die Problematik bei der Stimmabgabe aufgrund des Krieges und der vielen Auslands-Ukrainer einkalkuliert, könnten sich die Wahlkosten im schlimmsten Fall vielleicht auf das Zehnfache – 450 Millionen Euro – summieren. Das wären dann noch immer 4,55 Milliarden Euro (!) weniger als der ukrainische Präsident als Kosten einer Wahl vorrechnet.