
Studie zeigt: So schnell schmilzt unser Geld auf dem Sparbuch weg
Die Österreicher stecken rund 300 Milliarden Euro in Bargeld, Sparbuch und am Konto. Das Problem: Diese beliebtesten Sparformen sind auch die schlechtesten. Seit mehr als 20 Jahren verlieren Sparer real ihr Geld. Schuld sind die Zentralbanken. Beim Vermögensaufbau braucht es nun ein Umdenken.
Der Alptraum aller Sparer ist schon längst Realität geworden: Es gibt (fast) keine Zinsen mehr, aber nach wie vor Inflation. Wer sein Geld in Sparbüchern hält, wird laufend ärmer, auch wenn er es wegen der scheinbar unscheinbaren Inflation nicht merkt. Eine Trend-Umkehr ist gleichzeitig so unwahrscheinlich wie noch nie. Das Dumme: Österreich ist ein Land der Sparer. Hier wachsen alle mit dem Sparefroh auf – zu ihrem eigenen Schaden, wie die Wiener Denkfabrik Agenda Austria nun aufzeigt.
Eine Berechnung der Agenda Austria zeigt, wie sich 10.000 Euro über die vergangenen zweieinhalb Jahrzehnte entwickelt haben. Auf Konto und Sparbuch gibt es im Gegensatz zum Bargeld zumindest minimale Zinsen. Allerdings nur für jene Personen und Firmen, deren Bank noch keine Negativzinsen verlangt, was mittlerweile immer häufiger geschieht. In ihrem Paper “Das Ende des Sparbuchs” verweist die Agenda Austria auch auf das Risiko einer Bankenpleite: “Guthaben sind in Europa nur bis 100.000 Euro pro Kunde und Bank abgesichert.”
Zum langfristigen Vermögensaufbau ist das in Österreich nach wie vor so beliebte Sparbuch leider gänzlich ungeeignet, wie Nikolaus Jilch von der Agenda Austria unterstreicht: “Sparen ist enorm wichtig, aber die Österreicher sind in der neuen Realität ohne Zinsen noch nicht angekommen. Sie bunkern das Geld, statt es zu investieren. Dadurch verlieren sie Kaufkraft im großen Stil.”
Die Schulausflüge zur Sparkasse sind den meisten Österreichern offensichtlich gut in Erinnerung geblieben, und ebenso der Sparefroh, der im Jahr 2016 seinen 60. Geburtstag feierte. Die heutige Werbefigur von Erste Bank und Sparkassen genießt in Österreich beinahe Kultstatus. Die Erziehung der Österreicher zu Sparern wirkte nachhaltig: Rund 300 Milliarden Euro stecken in Bargeld, Sparbuch und am Konto. “Die beliebtesten Sparformen der Österreicher sind leider auch die schlechtesten”, kommentiert die Agenda Austria.
Insgesamt sind auf dem Kapitalmarkt 275 Milliarden Euro veranlagt. Sie verteilen sich auf Wertpapiere, Investmentfonds sowie Lebensversicherungen und kapitalgedeckte Pensionsansprüche. Auf Aktien und Anleihen sowie Investmentfonds liegen insgesamt 125 Milliarden Euro, also nicht einmal halb so viel wie auf Sparbüchern und Konten.
Oft bemerken die Sparer gar nicht, dass sie ärmer werden, weil die Inflation über mehrere Jahre fast unscheinbar vor sich geht. Selbst wenn die Nominalzinsen positiv sind, nach Abzug der Inflationsrate sind sie real negativ, und zwar seit mehr als 20 Jahren. “Sparer erhalten Zinsen unterhalb der Inflationsrate”, unterstreicht die Agenda Austria. “Ihr Geld wächst nicht so rasch, wie die Preise steigen. Sie verlieren Kaufkraft, ihr reales Vermögen schmilzt. Das Sparbuch erfüllt seinen Zweck nicht mehr.”
Die Europäische Zentralbank (EZB) strebt eine jährliche Geldentwertung von knapp zwei Prozent an, weil das die heutige Definition der Notenbanker von “Preisstabilität” ist. Falls die EZB ihr Ziel erreicht, bedeutet jeder Vermögensaufbau von weniger als zwei Prozent Verluste.
Seit dem Finanzcrash von 2008 kommen die Zentralbanken aus der Politik des billigen Geldes nicht mehr hinaus. Der Leitzins der EZB liegt konstant bei null. Das hat Auswirkungen auf alle anderen Sparformen, die an den Leitzinsen hängen, wie Bausparvertrag und Lebensversicherung. Für jene Guthaben, die von den Banken bei der EZB gelagert werden, müssen die Bankinstitute Minuszinsen zahlen, und die geben sie mittlerweile an die Kunden weiter, zunächst an Unternehmer, mittlerweile auch an vermögende Sparer.
Eine Rückkehr zu höheren Zinsen ist spätestens seit dem März 2020 eine Illusion. Um das Finanzsystem am Laufen zu halten wird Geld gedruckt. Unter solchen Bedingungen funktioniert das Sparen wie bisher nicht mehr.
Die Zentralbanken sind schuld am Tod des Zinses
Manche Ökonomen machen eine “Ersparnisschwemme” oder die Alterung der Bevölkerung für die niedrigen Zinsen verantwortlich, doch zwei deutsche Volkswirte – Thomas Mayer und Gunther Schnabl – widersprechen und haben aufgezeigt, dass diese Erklärungen nicht funktionieren: Der Zins starb nicht auf natürliche Weise, er wurde vielmehr umgebracht. “Wir halten folglich die Zentralbanken für den Tod des Zinses verantwortlich”, unterstreichen beide.
Es ist Zeit, das Sparbuch durch Aktien zu ersetzen, unterstreicht die Agenda Austria: “Auch wenn es kurzfristig immer wieder zu Bullenmärkten, Blasenbildung, Korrekturen und sogar Crashs kommt: Der globale Aktienmarkt spiegelt langfristig das Wachstum der Weltwirtschaft wider. Wer sich ein Stück dieses Marktes kauft, wächst mit der Wirtschaft – und schlägt über einen Zeitraum von zehn Jahren oder mehr viele andere Anlageklassen, das Sparbuch sowieso.”
Mit Fonds fährt man deutlich besser
Langfristigen Studien zufolge betragen die realen Renditen für die Aktienmärkte in Industrieländern zwischen sechs und acht Prozent. Das bedeutet: “Wer am Beginn seiner Karriere (umgerechnet) 10.000 Euro in einen Fonds investiert hat, der die Industrieländer abdeckt und im Schnitt eine Rendite von sieben Prozent erzielt hat, sitzt nach 40 Jahren auf knapp 150.000 Euro.”
Allerdings ist Diversifizierung wichtig. Auf eine einzige Aktie zu setzen ist riskant. Die Agenda Austria empfiehlt daher Fonds zu kaufen, also ganze Bündel an Aktien, und zwar so genannte Indexfonds, die einen Aktienindex nachbilden. Indexfonds tauchen in Europa als “Exchange Traded Funds” – kurz: ETFs – auf. “Sie sind anders als ‘normale’ Fonds von Banken oder Fondsgesellschaften direkt an der Börse handelbar, wie einzelne Aktien. So ist es möglich, per Mausklick Tausende Aktien auf einmal zu kaufen.” Dank großer Streuung reduziert man so das Risiko. “Mit Hilfe von ein bis drei ETFs kann man sich ein Portfolio zusammenstellen, das mehr als 90 Prozent des gesamten investierbaren Universums weltweit abbildet.”
Kommentare
Ich habe mich bis 2008 mit Aktien beschäftigt und war damals vermutlich eine der wenigen, die durch rechtzeitigen Verkauf von MEL pofitiert hat, ein Streit der sich ja bis zum Vorjahr zog. Bei allen andern bin ich unterm Strich mit geringem Gewinn ausgestiegen, aber ich würde mir das heute nicht mehr antun. Allerdings bin ich in der glücklichen Situation, nur mehr genießen und nicht mehr anlegen zu müssen.
Es tut mir allerdings leid, wenn ich als Höchstzinsen für z.B. 3-Jahre gebundenes Kapital ansehe, da lege ich es mir lieber unter die Matratzen 😉
Kurz zusammengefasst. Die Staatsquote liegt nominell bei rund 50% des BIP. Zinsen für meine/unsere Spargutachten bekommen wir wahrscheinlich nie wieder, weil die schwer überschuldeteten Sozialstaaten der Euro-Zone solche nicht für ihre Schulden zahlen könnten. Wieviel von meinem Geld bleibt mir noch ? 40%. Was bekomme ich dafür ? Eine einfache Krankenversorgung und eine kleine, überschaubare Rente. Wenn ich die Autobahn benütze, zahle ich Maut. Benötige ich einen Reisepass, zahle ich horrende Gebühren. Was ich immer vorhergesagt habe. Es bleibt ein riesiger, unfianzierbarer Monster-Koloss, vergleichbar mit Franz Kafkas “Das Schloss”, mit Beamten/innen darin, die eine tolle Krankenversorgung und völlig abgehobene Gehälter und “Ruhegenüsse” habe, in Klagenfurt überhaupt beides zusammen aufgrund eines Fehlers der dort tätigen politischen Parteien.
Die Staatsquote liegt bei mehr als 70%. Einkommenssteuer + Sozialversicherung sind ziemlich genau 50%.
Dann rechnen Sie die Abgaben, die sie sowieso zahlen müssen. Also z.B. Reisepass-Verlängerung etc.
Und dann, dass auf die Sachen, die Sie kaufen Umsatzsteuer und sonstige Steuern enthalten sind. Bei Benzin insgesamt mehr als die Hälfte.
Mit weniger als 70 Prozent Staatsquote kommen sie da nicht weg.
Wenn hier schon von Fonds resp. Wertpapieren die Rede ist: Aktien von Unilever sind momentan vielleicht kein heißer Tipp – siehe Bericht hier “Ben and Jerry unterstützt antisemitische Boycottbewegung BDS”
Mit Fonds fährt man nicht zwangsläufig besser. Dabei gibt es bekanntlich ein Risiko. Beim Sparbuch halt nicht.
Es kommt aufs Selbe heraus, wenn man 3 Prozent Zinsen bei 6 Prozent Inflation bekommt oder keine Zinsen bei 3 Prozent Inflation.
Die Inflationsrate ergibt sich zur Hauptsache aus dem Zinsniveau. Es ist also wirklich ziemlich egal.
Mit Sparen hat man immer schon Wert verloren. Das ist nichts Neues seit der Niedrigzinspolitik. Aber es ist eben kein Risiko dabei.
Ja, wer 10.000 Euro in einen Fond einzahlt hat nach 40 Jahren vielleicht 150.000 Euro und damit den Wert einigermaßen erhalten. Wenn es erstens der richtige Fond war und zweitens der Fond, der so viel bringt. Und das ist ein Überraschungs-Betrag von gleich oder größer Null.
Eine Tante von mir hatte alles ganz großartig in Wertpapieren angelegt gehabt. Bei der Finanzmarktkrise wurde das meiste davon auf Null gestellt. Sparguthaben waren nicht betroffen.
Ich finde es nicht sehr seriös zu sagen, dass Fonds besser wären. Sie sind anders. Es gibt eben immer ein Risiko. Außerdem ist bei einem Sparbuch das Geld bei Bedarf sofort und unkompliziert verfügbar.