Spätes Outing: Markus Söder gibt den Ober-Preußen

Die neidischen Blicke der Nostalgiker die Donau stromabwärts sind nachvollziehbar: Am Ballhausplatz im schönen Wien regiert wenigstens noch einer von ihrem Stamm: Ein echter Bajuware, einer, der ost-mittelbayerischen Dialekt spricht und katholisch getauft wurde. Und was haben sie in der Weißwurst-Metropole? Einen Nicht-Bayern aus Mittelfranken, der phonetisch unfallfrei keine einzige Wiesn-Maß bestellen, geschweige denn trinken oder gar vertragen könnte. Schlimmer noch: Einen Protestanten, einen evangelischen. Für sie ist das so, als hätte der selige Franz Beckenbauer aus München-Giesing zeit seines Lebens heimlich in Fan-Bettwäsche von Borussia Dortmund geschlafen. Und wer heißt schon Markus? Man heißt Peppi, Maxl, Xaverl – oder eben Koarli.

Den Vogel schießt Söder aber jetzt mit seinem Outing im Fränkischen Fasching ab. Der Mann, der schon als Marylin Monroe erschien, gibt diesmal Reichskanzler Otto von Bismarck, den Ober-Preußen aus Berlin, dessen vielleicht größtes Verdienst darin bestand, dass er an Österreich in seinen Plänen für einen deutschen Staatenbund kein Interesse hatte. Söder kommt mit grauem Haarkranz und Seelöwen-Schnäuzer und in einer Parade-Uniform aus kaiserlichen Glanz- und Gloria-Zeiten daher.

Und steht sofort unter Rechtfertigungsdruck: Immerhin sei Bismarck doch ein großer Staatsmann gewesen. Und viel entscheidender: “Im Notfall müssen die Bayern die letzten Preußen sein…”, hatte schon CSU-Übervater Franz-Josef Strauß gesagt. Der Notfall in Deutschland ist längst da, und Strauß war schließlich ein echter Oberbayer. Da wird der fränkische Preiß doch wenigstens im Fasching von der Kanzlerschaft im fernen Berlin träumen dürfen….