Dass mehrere SPÖ-Abgeordnete dem Parlament fernblieben, als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj eine Video-Ansprache hielt, sorgte bereits im März für Stirnrunzeln. Damals war noch Pamela Rendi-Wagner Parteichefin. Mehr als sechs Monate später wirft die Haltung der Sozialdemokratie zur Ukraine und dem Krieg nach wie vor Fragen auf – doch der neue Parteichef schweigt bisher dazu.

Koppensteiner fordert „Waffenstillstand ohne Vorbedingungen“

Für Erstaunen sorgt Alexander Koppensteiner, Vorsitzender der SPÖ-Sektion 33 in Wien-Landstraße. Er wünscht sich, was sich zweifelsohne viele wünschen: Frieden in der Ukraine. Das machte er schon mehrmals auf Facebook deutlich. Kürzlich erklärte er etwa: „Nichts ist jetzt wichtiger, als sich für Frieden einzusetzen. Die Spirale des Eskalation in der Ukraine bedroht uns alle.“ Dazu brachte er ein Video-Interview mit dem US-Wirtschaftswissenschaftler Jeffrey Sachs, der vor allem das Verhalten der USA in Ukraine-Krieg scharf kritisiert – und damit nicht dem Mainstream folgt. (Der eXXpress hat Jeffrey Sachs in einem Interiew kritisch zu seinen Positionen befragt.)

Nun legt Koppensteiner nochmals nach. „Wer heute nicht für einen Waffenstillstand in der Ukraine ohne Vorbedingungen eintritt, macht sich schuldig am ukrainischen Volk, das nichts mehr will als Frieden“, unterstreicht. „Es sind die Hetzer in den weichen Sesseln, die uns erzählen, wie gerne die Ukrainer kämpfen. Welch eine Tragödie, dass so viele Menschen für einen sinnlosen Stellvertreterkrieg verheizt werden. Nein, es geht nicht um Werte, es geht um Macht.“

Scharfe Kritik an Koppensteiner, Babler schweigt

Koppensteiner dürfte mit seiner Ansicht nicht allein sein, auch nicht innerhalb der SPÖ. Sein Posting gefällt unter anderem Roland Fürst, Klubobmann des SPÖ Landtagsklubs Burgenland. Der ehemalige SPÖ-Klubobmann im Parlament Josef Cap äußerte sich auf oe24 ebenfalls mehrfach kritisch gegenüber den USA und ihrer Rolle im Ukraine-Krieg. Nur was Koppensteiner hier sagt, entspricht nicht der offiziellen SPÖ-Linie.

Das stößt einigen sauer auf. Alexander Koppensteiner hat mit seinem jüngsten Posting besonders scharfe Kritik auf sich gezogen. Zahlreiche User auf X (Twitter) werfen ihm Schwurbelei vor. Im Übrigen wollten die Ukrainer unbedingt weiterkämpfen, heißt es, weil sie keine Lust hätten, von Putin unterworfen zu werden.

Einer, der bis jetzt zu all dem schweigt, ist SPÖ-Chef Andreas Babler. Sollten solche Stimmen in der SPÖ aber nicht verstummen, täte er gut daran, die Linie seiner Partei zu klären. Andernfalls wird man nicht wirklich wissen, welchen Standpunkt hier die Sozialdemokratie vertritt.