Es war ein wahres Ski-Märchen. Laurence St. Germain holte sich am Samstag im WM-Slalom der Damen in Courchevel/Meribel (Frankreich) die Goldmedaille. Dabei ließ die Kanadierin sogar Kaliber wie Mikaela Shiffrin und Lena Dürr hinter sich. Die studierte Informatikerin hatte im Vorfeld niemand auf der Rechnung. Überhaupt weiß das Team Kanada bei den 47. Alpinen Skiweltmeisterschaften zu überzeugen. Nach James Crawford (Gold/Super-G), Cameron Alexander (Bronze/Abfahrt) und dem Team (Bronze) hat das Land mit dem Ahornblatt auf der Flagge bereits vier Medaillen.

Dabei war St. Germain (28) noch nie besser als Fünfte. Auch nach ihrem Triumph im Slalom war die Frankokanadierin noch “over the moon”. “Ich wusste, es kann gut werden. Aber natürlich nicht, dass es so großartig werden würde.” Auf größter Bühne hatte sie die bestimmende Skifahrerin der Gegenwart, Mikaela Shiffrin, auf Platz zwei verwiesen. Und das Herzschlagfinale, als Shiffrin Hundertstel um Hundertstel ihres Vorsprungs verlor, sogar nur teilweise mitbekommen.

Die Prozedur, wie mit Podestleuten verfahren wird, war für sie ja völlig neu gewesen, sagte die Halbzeit-Dritte fast entschuldigend am Podium der Pressekonferenz. Die Orientierung in all dem Trubel war ihr offenbar nicht leicht gefallen. “Am Ende musste ich in der Mitte stehen. Das machte es einfacher für mich”, sagte die Siegerin und lachte

Das Duplizieren

Dabei hat Laurence St. Germain nicht immer schöne Zeiten erlebt. Vor zehn Jahren fiel sie durch alle Verbandskader und zog nach Vermont. Dort studierte sie an der Uni mit Ski-Zweig Informatik. Doch die Frankokanadierin kämpfte sich zurück. Nach guten Leistungen schaffte sie den Sprung retour in den Kader. 2015 in Aspen fuhr sie endlich ihr erstes Weltcuprennen. Und erlebte ihre konstanteste Saison 2020/21 als Achte der Slalom-Wertung. Insofern war es nicht nur die größte Gold-Überraschung bei den Damen seit 40 Jahren, sondern für St. Germain auch eine Auszeichnung für die unschönen Zeiten.

Spitzenplätze oder gar den Sprung aufs Podest hatte sie vor ihrer Großtat in Méribel aber noch nie geschafft. Im Slalom war bisher ein sechster Platz das Höchste gewesen. Am Samstag aber war sie im größten Saisonrennen zur Stelle – wie ihre Kollegen wenige Tage zuvor. “Mein erster Durchgang war um 4 Uhr Früh kanadischer Zeit. Wir müssen performen, nur so kriegen wir eine gewisse Sichtbarkeit”, erinnerte St-Germain. “Ich bin wirklich glücklich, dass auch ich etwas dazu beitragen konnte.”