Jens Stoltenberg begrüßte am Rande des Treffens die Entscheidung der USA, Beschränkungen für den Einsatz von amerikanischen Waffen gegen Ziele auf russischem Gebiet zu lockern. “Die Ukraine hat das Recht auf Selbstverteidigung. Und dazu gehört auch das Recht, legitime militärische Ziele innerhalb Russlands anzugreifen”, sagte der Norweger am Freitag in der tschechischen Hauptstadt.

Diese Tatsache sei umso wichtiger, da Russland eine neue Front eröffnet habe und vom Norden die Region Charkiw angreife, betonte er. Dort seien die Frontlinie und die Grenzlinie mehr oder weniger dieselbe und Russland attackiere die Ukraine auch mit Raketen und Artillerie an, die in Russland stationiert seien. “Natürlich muss die Ukraine in der Lage sein, zurückzuschlagen und sich zu verteidigen”, sagte Stoltenberg. “Dies ist Teil des Rechts auf Selbstverteidigung.”

Der tschechische Außenminister Jan Lipavsky unterstützte Stoltenbergs Forderung: “Die Ukraine wurde angegriffen und hat das Recht, sich zu verteidigen. Es ergibt nur Sinn, diese Angriffe zu stoppen, bevor sie auf ukrainischem Gebiet stattfinden”, sagte er.

Baerbock kritisiert Debatte

Die deutsche Außenministerin Annalena Baerbock kritisierte unterdessen die Debatte. “Aus meiner Sicht ist es wirklich nicht die richtige Diskussion, dass man jedes Detail, wie die Ukraine sich verteidigt, in der Öffentlichkeit ausbreitet”, sagte Baerbock in Prag. Es gehe “überhaupt nicht” darum, ob deutsche oder andere westliche Waffen gegen russisches Gebiet eingesetzt würden. “Es geht darum, die völkerrechtswidrigen Angriffe Russlands auf die Ukraine so zu unterbinden, dass Menschen in der Ukraine nicht sterben müssen.” Das Völkerrecht sei von Anfang an klar gewesen: “Es macht deutlich, dass man Angriffe abwehren kann”, sagte Baerbock weiter. “Jedes Land hat die Pflicht, seine Bevölkerung zu schützen.”

Die US-Regierung hatte am Abend zuvor bestätigt, dass sie der Ukraine die Erlaubnis erteilt hat, amerikanische Waffen in begrenztem Umfang gegen Ziele auf russischem Gebiet einzusetzen. Dies gelte aber ausschließlich für Gegenschläge zur Verteidigung der ostukrainischen Großstadt Charkiw, schränkte ein US-Regierungsvertreter ein. Das ukrainische Militär solle in die Lage versetzt werden, gegen russische Streitkräfte vorzugehen, “die sie angreifen oder sich vorbereiten, sie anzugreifen”. Davon abgesehen bleibe der Einsatz von US-Waffen auf Ziele in Russland aber verboten.