Auch in Deutschland gibt es jeden Tag einen neuen Aufreger ob der hohen Energiepreise: Die befristete Steuersenkung für Kraftstoffe droht laut einem Bericht der „Welt“ für die Bundesregierung zur milliardenteuren Fehlkonstruktion auf Kosten der Bürger zu werden.

Hochbrisante Berechnungen

Rund zwei Drittel der Steuerentlastung versickern seit dem Stichtag 1. Juni als zusätzliche Einnahmen bei den Mineralölkonzernen. Das geht aus Berechnungen des Wirtschaftswissenschaftlers und Marktexperten Professor Johannes Schwanitz hervor, die der Zeitung vorliegen.

Dem deutschen Finanzminister Christian Lindner ist ein folgenschwerer Fehler unterlaufenDPA

Und der Hauptprofiteur sind die Unternehmen: In den ersten zehn Tagen seit Inkrafttreten kamen danach von den 35,2 Cent Steuerersparnis pro Liter Superbenzin E5 lediglich zehn Cent den Verbrauchern zugute, 25 Cent verblieben als Mehrgewinn bei den Unternehmen. Eine Statistik des Portals Benzinpreis.de kommt zu einem ähnlichen Ergebnis. Demnach stieg der Gewinn der Benzin- und Dieselanbieter um 20 bis 25 Cent pro Liter. Anfang April lag der Überschuss noch bei rund 26 Cent, nach Einführung des Tankrabatts stieg er auf 50 Cent und lag auch am Freitag noch bei gut 44 Cent.

Schaden für Steuerzahler

Schwanitz, dessen Institut für Technische Betriebswirtschaft an der Fachhochschule Münster die Entwicklung erforscht, geht von einem hohen Schaden zulasten der Steuerzahler aus: „Nimmt man die Margenausweitung beim Diesel hinzu, kommen wir auf eine Rohgewinnsteigerung der Mineralölunternehmen in hoher dreistelliger Millionenhöhe pro Monat.“

730 Millionen Euro Verlust im Monat

Angesichts der prognostizierten Steuermindereinnahmen von monatlich 1,13 Milliarden Euro ergäbe das auf Basis der bisherigen Erfahrungswerte einen Verlust von circa 730 Millionen Euro im Monat! Für den gesamten Zeitraum des Tankrabatts wären es sogar mehr als zwei Milliarden Euro, die der Finanzminister gemessen am geplanten Bedarf der Verbraucherentlastung abschreiben müsste.

"Völlig entkoppelte" Tankpreise

Ein Fehler, den die Politik und der Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) als Architekt des Tankrabatts hätten kommen sehen können. Forscher Schwanitz registrierte schon Anfang März „deutliche Übergewinnmitnahmen“ der Konzerne. Während die Preise für Kraftstoffe zu Jahresbeginn regelmäßig denen der Verteuerung des Rohöls entsprachen, habe sich dieser Zusammenhang nach Kriegsbeginn in der Ukraine „vollkommen entkoppelt“.