Bedrückende Szenen haben sich am Mittwochabend vor einer Synagoge in Hagen im deutschen Nordrhein-Westfalen zugetragen: Bis an die Zähne bewaffnete Polizisten patroullierten vor dem jüdischen Gebetshaus, nachdem die örtliche Polizei in einer Meldung eine akute “möglichen Gefährdungslage” vermeldet hatte. In den frühen Morgenstunden am Donnerstag war der Einsatz laut Polizeiangaben zwar bereits beendet, doch ein fahler Nachgeschmack bleibt – denn Hagen hat eine Vorgeschichte in Sachen Antisemitismus.

Terror-Schatten über Jom Kippur

“Die polizeilichen Maßnahmen vor Ort sind abgeschlossen. Es konnten vor Ort keine Hinweise auf eine Gefährdung festgestellt werden”, teilte die Polizei Dortmund in der Nacht zum Donnerstag mit. Die Absperrmaßnahmen um die Synagoge seien aufgehoben, niemand sei während des Einsatzes verletzt worden. Nähere Angaben wurden aus einsatztaktischen Gründen nicht gemacht.

Die erhöhte Alarmbereitschaft um eine mögliche Terrorgefahr der Synagoge in Hagen – eine Stadt, deren jüdische Glaubensgemeinde mit aktuell 264 Mitgliedern (Quelle: Zentralwohlfahrtsstelle der Juden in Deutschland, 2020) vergleichsweise klein ist – fällt genau auf den höchsten Feiertag der Juden : Am Mittwoch und Donnerstag ist Jom Kippur, der Versöhnungstag. Mit diesem Fest endet die Gedenk- und Bußzeit seit dem jüdischen Neujahrsfest Anfang September.

Dieser Festtag wird nun aber durch die jüngsten Geschehnisse überschattet – man ist vorsichtig, denn erst 2019 hatte es einen Terroranschlag in Halle in Sachsen-Anhalt zu eben dieser Zeit gegeben. An Jom Kippur 2019 – damals am 9. Oktober – hatte ein bewaffneter Rechtsextremist versucht, gewaltsam in die Synagoge einzudringen. Als die Tür standhielt, erschoss er in der Nähe zwei Menschen und verletzte auf der Flucht zwei weitere.

Und erst dieses Jahr, nachdem der Nahostkonflikt eskaliert war, kam es ebenfalls in Hagen zu antisemitischen Ausschreitungen: Am 12. Mai war auf Bitten der Deutsch-Israelischen Gesellschaft vor dem Hagener Rathaus eine israelische Fahne gehisst worden, die an die Aufnahme diplomatischer Beziehungen zwischen Israel und Deutschland am 12. Mai 1965 erinnern sollte. Diese Fahne hatte die Stadt schnell wieder eingeholt.