“Die schiere Menge unserer Vorhaben macht mich froh”, bekannte Burgtheater-Direktor Martin Kušej Dienstagfrüh bei der Spielzeit-Pressekonferenz auf der Probebühne im Arsenal im Bühnenbild seiner “Maria Stuart”-Inszenierung. Die türkise Farbe der Wandplatten sei keine politische Anspielung, sondern stelle Grünspan dar, sagte er.

Ganz ohne Corona ging es nicht

Auch sonst blieben die Statements bei der Pressekonferenz weitgehend politikfrei. Auch “das C-Wort will ich nicht sehr oft strapazieren”, sagte Kušej, der aber zugab, dass Corona auf der Bühne nicht zu negieren sein werde. “Ich glaube viele Einflüsse von C spielen eine Rolle – vielleicht sogar zu viel.” Elfriede Jelineks neues Stück “Lärm. Blindes Sehen. Blinde sehen!”, das am Samstag in Hamburg uraufgeführt wird und am 4. September im Akademietheater die Burgtheater-Saison eröffnet, will er allerdings nicht als Corona-Stück sehen. Es gehe ihr eher um einen herrschenden Zustand, den sie so beschreibe: “Alle stehen allen gegenüber und schreien sich an.” – “Das ist ein perfekter Stoff für Frank Castorf, der sich neuerdings auf das Inszenieren von österreichischen Nobelpreisträgern spezialisiert hat”, feixte Kušej in Anspielung auf Castorfs Inszenierung von Peter Handkes “Zdeněk Adamec”, das wie einige andere Projekte auf die nächste Saison verschoben werden musste und nun für den 18. September annonciert ist.

Viele neue Gesichter

Manche Projekte, wie Katie Mitchells “2020 oder das Ende”, mussten ganz zu Grabe getragen werden, bei manchen anderen wie der “Zauberflöte” von Kommando Himmelfahrt hofft man noch. Vor allem bei ausländischen Regieteams sei es schwer, neue Termine zu finden. “Im Großen und Ganzen haben wir aber die Tendenz, dass wir Projekte nachholen werden”, so der Direktor. Vizedirektorin Alexandra Althoff meinte, die Regieteams kämen aus 12 verschiedenen Ländern. 15 Produktionen werden von Männern und 12 von Frauen verantwortet, eine Produktion von einem gemischten Regieteam, und bei einer ist die Regie noch nicht festgelegt. Die Hälfte der Regisseurinnen und Regisseure inszeniere zum ersten Mal am Haus, sagte Althoff.

Zu den vorprogrammierten Höhepunkten zählen auch “Komplizen”, eine Überschreibung der Gorki-Stücke “Kinder der Sonne” und “Feinde” von Simon Stone (“Ein sehr sattes, lebendiges Stück über die Verwerfungen unserer Tage”, so Kušej) sowie Johan Simons’ Interpretation der “Geschichten aus dem Wiener Wald”. Schnitzlers “Professor Bernhardi” wird durch den am Burgtheater debütierenden Engländer Robert Icke überschrieben (“Die Ärztin”). Marianne Fritz (“Die Schwerkraft der Verhältnisse”) wird nach Maria Lazar und Anna Gmeyner als nächste Wiederentdeckung einer Autorin angekündigt. Im Ensemble gibt es – bis auf eine Karenzierung von Martin Wuttke – nur wenig Fluktuation, von weiteren Bundesländer-Kooperationen und -Gastspielen, die, so der kaufmännische Geschäftsführer Robert Beutler, nicht nur Teil der Ziel- und Leistungsvereinbarungen, sondern auch ein Wunsch des Ministeriums seien, gab es noch wenig Konkretes.

Optimismus ist die vorherrschende Stimmung

Derzeit atme das Ensemble richtig auf, sagte der Burgtheater-Direktor. “Ich merke in vielen Gesprächen, dass dieses Produzieren aber nicht Herzeigen-Können vielen Probleme bereitet hat. Ich bin sicher, wir hatten alle das Gefühl, dass wir viel mehr gearbeitet haben als normal.” Seit 19. Mai könne man – mit Ausnahme des wegen Umbau geschlossenen Burgtheaters – endlich wieder spielen. “Die Nachfrage nach Karten ist riesig. Ich hoffe, dass in unmittelbarer und näherer Zukunft für die Theater die 50-Prozent-Regel fällt.”

Kušej ist optimistisch, dass die vorgestellten Pläne für seine dritte Saison halten werden. Seine ersten beiden Spielzeiten wurden durch die Pandemie jedenfalls mehr als bloß überschattet. “Im Betrieb haben wir diese Zeit sehr gut durchschifft. Es gab natürlich Zeiten verschiedener Stimmungen, auch Frustration und Depression, da war man als Kapitän gefragt, auch Zeiten, wo man vor diesen ewigen Zoom-Sitzungen Magendrücken gehabt hat. Es war eine extrem lehrreiche Zeit.” Im Haus fühle er sich “total angekommen”. Was die Öffentlichkeit angehe, zehre er noch immer von den ersten paar Monaten 2019 vor dem ersten Lockdown. Damit “kämpfe ich tatsächlich”.

Vor seiner dritten Spielzeit möchte Martin Kušej “optimistisch nach vorne blicken”: “Wir haben den unbedingen Willen, wieder mit aller Kraft und aller Power loszulegen.” (APA/red)