In der britischen Zeitung “The Times” berichtet die Psychologin Anzhelika Yatsenko vom Leid zweier ukrainischer Männer, die als Kriegsgefangene von betrunkenen russischen Soldaten erst verprügelt und schließlich kastriert worden seien. “Einer von ihnen sagte mir: ‘Ich weiß nicht, wie ich noch am Leben bin, es war so viel Blut, ich dachte, ich würde an einer Blutvergiftung sterben'”, schildert die Psychologin.

Yatsenko leistete den 25 und 28 Jahre alten Männern nach deren Freilassung aus der russischen Kriegsgefangenschaft psychologische Hilfe. Beide seien selbstmordgefährdet gewesen, wobei einer sogar versucht habe, sich während der mehrwöchigen psychologischen Betreuung umzubringen.

Die beiden Männer erzählten der Psychologin, die russischen Soldaten hätten zu ihnen gesagt, sie täten dies, damit sie keine Kinder in die Welt setzten könnten. “Für mich ist das Genozid”, sagt Therapeutin Yatsenko.

Ukrainische KriegsgefangeneReuters

Oberst Reisner: "Wenn der Soldat, der kastriert worden ist, aus der Gefangenschaft zurückkehrt, spricht sich das natürlich herum"

Markus Reisner, Oberst des österreichischen Bundesheers, hält Berichte wie den der Psychologin für glaubwürdig. “Das ist leider die traurige Wahrheit”, sagte er im Gespräch mit “ntv”. Das sei kein neues Element der Kriegsführung. “Wir haben das schon 2014 gesehen.” Damals hätten beide Seiten dies als Methode der Einschüchterung angewandt. Zur Erinnerung: 2014 besetzte Russland die Halbinsel Krim und Teile der Ostukraine.

Beweise für solche Schandtaten durch ukrainische Soldaten sind bisher nicht aufgetaucht. Allerdings lässt die Aussage eines ukrainischen Arztes wenige Wochen nach Beginn der russischen Invasion darauf schließen. Er sagte, er habe seine Angestellten angewiesen, gefangen genommene russische Soldaten zu kastrieren.

Kastration ist nicht nur Folter gegen die Betroffenen und ein klarer Verstoß gegen das humanitäre Völkerrecht, sondern laut Oberst Reisner auch ein Element der psychologischen Kriegsverführung und des Kampfs im Informationsraum. “Sie dürfen nicht vergessen: Wenn der Soldat, der kastriert worden ist, aus der Gefangenschaft zurückkehrt, spricht sich das natürlich herum. Das ist die Absicht dahinter”, so Reisner.

Laut Oberst Markus Reisner sind Kastrationen traurige Realität des Krieges