
Top-Ökonom Gunther Schnabl: „Je länger die Niedrigzinspolitik anhält, desto größer sind die Wohlstandsverluste“
Eine Niedrigzinspolitik, wie sie die EZB verfolgt, schadet auf Dauer der Volkswirtschaft. Das wirkt sich auf den Lebensstandard aus, das bekommen die Jugend, die kleinen Banken und viele andere zu spüren, wie der deutsche Top-Ökonom Gunther Schnabl im Gespräch mit dem eXXpress erläutert. Dabei geht er vor allem auf das Beispiel Japans ein, wo man seit mittlerweile 30 Jahren von den niedrigen Zinsen nicht wegkommt.

Vor 30 Jahren begann Japans Niedrigzinspolitik, um 15 Jahre früher als in der EU. Doch drei Jahrzehnte Niedrigzinspolitik bedeuteten für Japan drei verlorene Dekaden. Die Folgen der Niedrigzinspolitik auf Japans einst dynamische Wirtschaft hat der deutsche Ökonom Gunther Schnabel in seinem jüngste Buch „Japans Banken in der Krise: Folgen von 30 Jahren Niedrigzinspolitik“ analysiert.
Im Interview mit dem eXXpress erläutert Schnabl, warum die Niedrigzinspolitik so schädlich für den Wohlstand ist und was die Folgen für die EU sind, wenn die Europäische Zentralbank (EZB) die Niedrigzinspolitik nicht verlässt.
Vor 30 Jahren kippte Japan in eine Niedrigzinspolitik, seit Ende der 1990er verfolgt Japan de facto eine Nullzinspolitik. Verringerte das den Wohlstand?
In Japan ist das sehr deutlich. Produktivitätsgewinne sind die Voraussetzung für Lohnsteigerungen und den Ausbau des Sozialstaates. Sind die Produktivitätsgewinne gering oder sogar negativ, dann kommen die Löhne unter Druck. In Japan fällt seit 1998 das Lohnniveau. Ebenso ist die reale Verzinsung der Ersparnisse seit langem negativ. Der Wohlstand verfällt. In der schnell alternden Gesellschaft müssen immer mehr Menschen (auch Rentner) ins Erwerbsleben einsteigen, damit der Wohlstandsverlust für die Haushalte in Grenzen gehalten wird.
„Japan sitzt in einer tiefen Stagnation“
Was war der Grund für Japans Kippen in eine Niedrigzinspolitik?
Die USA hatten Mitte der 1980er Jahre Japan gezwungen, den Yen stark aufzuwerten. Das stürzte das exportabhängige Land in eine tiefe Krise, die die Bank von Japan mit starken Zinssenkungen bekämpfte. Aus den niedrigen Zinsen entwickelte sich eine Blase auf den Aktien- und Immobilienmärkten, deren Platzen Anfang der 1990er Jahre eine neue Krise auslöste. Da die Aktien- und Immobilienpreise stark fielen, litten die japanischen Banken unter hohen faulen Krediten. Die Bank von Japan wollte mit immer niedrigeren Zinsen und umfangreichen Ankäufen von Staatsanleihen und Aktien dem Land aus der Krise helfen. Doch ohne Erfolg. Das Land sitzt in einer tiefen Stagnation. Man spricht inzwischen von drei verlorenen Dekaden. Die Verschuldung ist auf über 250% des Bruttoinlandsprodukts gestiegen und die Bilanz der Bank von Japan wächst immer schneller, weil die Bank von Japan viele Staatsanleihen kauft.
Nun ist der Startschuss für die Japanisierung des Euro-Raums und der USA
Europa und die USA begannen 15 Jahre später als Japan eine Niedrigzinspolitik zu verfolgen. Aus ähnlichen Gründen?
Ja, die Europäische Zentralbank und das Federal Reserve System haben in Reaktion auf das Platzen der Dotcom-Blase (2000) die Zinsen stark gesenkt. Das hat zum US-Hypothekenmarkt-Boom sowie zu Konsum- und Immobilienblasen in einigen südlichen Euroländern und Irland geführt. Das Platzen dieser Blasen war der Startpunkt für die US-Hypothekenmarktkrise sowie für die europäische Finanz- und Schuldenkrise, die mit noch mehr billigerem Geld bekämpft wurden. Das hat einerseits zu einer Stagnation im südlichen Euroraum nach japanischem Muster geführt und in Deutschland eine Export- und Immobilienblase angeheizt. Auch in den USA haben sich nach 2008 die Finanzmärkte wieder schnell erholt. Im März 2020 lösten dann die Lockdown-Maßnahmen neue Finanzkrisen aus, die mit noch viel mehr Geld schnell zugedeckt wurden. Das wirkt für mich wie der Startschuss für die Japanisierung des gesamten Euro-Raums und der USA.
Die Folgen für Kleinbanken sind besonders verheerend
Wie wirkte sich in Japan der extrem niedrige Leitzins der Zentralbank auf die Geschäftsbanken aus?
Die wichtigsten Geschäftsbereiche der meisten japanischen Banken waren traditionell das Kreditgeschäft und Anlagen in Staatsanleihen. Die Banken lebten von der Differenz zwischen den Einlagenzinsen auf der einen Seite und den höheren Kreditzinsen beziehungsweise der höheren Verzinsung der Staatsanleihen auf der anderen Seite. Die über Jahrzehnte zunehmend lockere Geldpolitik der Bank von Japan hat die Zinsmargen und damit die Zinsüberschüsse der japanischen Banken immer weiter gedrückt. Die fehlenden Einnahmen konnten nur teilweise durch höhere Gebühren und den Verkauf von Finanzprodukten kompensiert werden.
Mussten die Geschäftsbanken ihr Geschäftsmodell ändern?
Das beschriebene Geschäftsmodell galt insbesondere für die kleinen und mittleren Banken, die kleinen und mittleren Unternehmen sowie Haushalten Kredite gewährten. Da seit der japanischen Finanzkrise im Jahr 1998 trotz einer zunehmend lockeren Geldpolitik die Kreditnachfrage stockte und die Bank von Japan viele Staatsanleihen aufkaufte, mussten sich die Banken mehr den Verkauf zu Finanzprodukten konzentrieren. In diesem Bereich haben aber die großen japanischen City-Banken, die mit Investmentbanken große Finanzkonglomerate gebildet haben, einen Vorteil. Die kleinen und mittleren Regional- und Genossenschaftsbanken wurden so in einen schmerzlichen Kostensparprozess gedrängt. Sie mussten Mitarbeiter abbauen, Filialen schließen und fusionieren. Zuletzt wurde deshalb sogar das Monopolgesetz außer Kraft gesetzt.
Japans beeindruckende Wachstumskräfte sind erlahmt
Hatte das Folgen für die gesamte Volkswirtschaft?
In bankbasierten Wirtschaftssystemen wie in Japan (und auch Europa) hat der Bankensektor eine wichtige Funktion bei der Vergabe von Krediten. Die Banken entscheiden darüber, welche Investitionsprojekte finanziert werden und welche nicht. Um die Kreditrisiken gut einschätzen zu können, halten sie enge Kontakte zu den Unternehmen vor Ort. Das hat lange Zeit zu hohem Wachstum in Japan beigetragen. Die Bank von Japan hat diesen Prozess ab den 1980er Jahren immer stärker gestört, so dass die einst beeindruckenden Wachstumskräfte des Landes erlahmt sind.
Wie hat sich die Niedrigzinspolitik langfristig auf Japans Volkswirtschaft ausgewirkt?
Ich würde sagen: lähmend. Einerseits konnte die Bank von Japan mit niedrigen Zinsen und umfangreichen Ankäufen von Staatsanleihen und Aktien kurzfristig helfen, die Konjunktur zu stabilisieren. Dank äußerst günstiger Finanzierungsbedingungen und anhaltender Lohnzurückhaltung der Gewerkschaften hat jedoch das Streben der japanischen Unternehmen nach mehr Effizienz und Innovationen immer mehr abgenommen. Die gesamtwirtschaftlichen Produktivitätsgewinne sind immer weiter abgesunken und das Wachstum war anhaltend schwach. Auch die Konsumentenpreisinflation war dauerhaft niedrig, während dauerhaft hohe Kapitalexporte Vermögenspreisblasen im Ausland anheizten. Deshalb hatten internationale Finanzkrisen wie die Asienkrise (1997/98) oder die US-Hypothekenmarktkrise (2007-2010) immer wieder herbe Auswirkungen auf Japan.
Löhne sinken, Immobilienpreise steigen
Bei niedrigen Zinsen freuen sich zunächst nicht die Sparer und Gläubiger. Sind sie mittelfristig die einzigen Verlierer? Wer verliert noch?
Es verlieren in erster Linie die jungen Menschen, insbesondere weniger qualifizierte. Das Lohnniveau beim Einstieg ins Erwerbsleben sinkt. Da die niedrigen Zinsen die Immobilienpreise nach oben treiben – vor allem in Ballungszentren, wo noch viele Arbeitsplätze verfügbar sind –, wird der Erwerb eines Eigenheims sehr viel schwieriger. Wer vom Land in die Ballungszentren zieht, ist mit hohen Mieten konfrontiert. Viele junge Japaner wagen sich aufgrund geringer Einkommen nicht mehr auf den „Heiratsmarkt“ und bleiben bei den Eltern wohnen. Weil sie keine Familien gründen, werden sie als Parasiten-Singles gebrandmarkt. Das Problem der starken Alterung der Gesellschaft wird dadurch noch verstärkt.
Als weitere Folge der lockeren Geldpolitik wird oft die wachsende Menge von Zombieunternehmen angeführt? Ist ein solches Anwachsen in Japan – oder mittlerweile auch in Europa – nachweisbar?
Es gibt keine eindeutige Definition von Zombieunternehmen. Oft werden Zombieunternehmen als Unternehmen definiert, die ihre Kredite nicht mehr ausreichend bedienen können. Aus meiner Sicht ist entscheidend, dass viele Unternehmen von anhaltend niedrigen Zinsen abhängig geworden sind. Hinzu kommt, dass man in Japan die schlechten wirtschaftlichen Perspektiven dazu genutzt hat, andauernd von den Gewerkschaften Lohnzurückhaltung zu einzufordern. Die japanischen Zombieunternehmen sitzen deshalb auf einem großen Polster aus Eigenkapital, dass sie aufgrund der trüben Wachstumserwartungen nicht für Investitionen nutzen. Ähnliches ist in Europa zu beobachten.
Immobilien, Aktien, Gold und Bitcoin statt Sparbuch
Was empfehlen Sie dem „normalen“ Bürger angesichts von Niedrigstzinsen? Sollte er das Sparbuch durch andere Anlageformen ersetzen?
Richtig wäre es gewesen, vor zehn Jahren die Einlagen auf dem Sparbuch in Immobilien, Aktien, Gold oder Bitcoin zu tauschen. Ein Eigenheim ist immer noch eine sehr gute Altersvorsorge. Die Vermögenspreise sind jedoch stark angestiegen und die zukünftige Entwicklung ist ungewiss. Bleiben die Geldpolitiken anhaltend expansiv, dann sind weitere Kurssteigerungen von realen Vermögenswerten einschließlich Kunst und Oldtimern zu erwarten. Werden die Geldpolitiken jedoch gestrafft – was eigentlich nötig wäre –, dann sind deutliche Kurseinbrüche zu erwarten. Da die anhaltend lockere Geldpolitik nicht zuletzt aufgrund der negativen Wachstums- und Verteilungseffekte schädlich ist, rate ich im Interesse der jungen Generation gegenüber der Politik ein Ende der Geldschwemme einzufordern.
Niedrigere Löhne und mehr Planwirtschaft
Europa hinkt der Entwicklung in Japan um 15 Jahre hinterher. Welche Entwicklung könnten Europa mit Blick auf Japan noch bevorstehen?
Die reale Verzinsung der risikolosen Bankeinlagen sowie bei Staatsanleihen ist bereits negativ und dürfte in Hinblick auf den zu erwartenden Anstieg der Inflation noch negativer werden. Ich erwarte auch, dass wie in Japan die realen Löhne fallen werden. Es ist noch ungewiss, ob das – bei einer anhaltenden Krise – über Druck auf die nominalen Löhne erfolgt oder durch einen dauerhaften Anstieg der Inflation hinweg. Die anhaltend lockeren Finanzierungsbedingungen führend zunehmend zu planwirtschaftlichen Strukturen, weil die Unternehmen zunehmend vom Staat abhängig sind. Friedrich August von Hayek hat angemerkt, dass der Verlust wirtschaftlicher Freiheit früher oder später auch mit dem Verlust persönlicher Freiheiten verbunden ist. Schon allein deshalb wäre ein Ausstieg aus der Geldschwemme ratsam.
Ein Ende der Niedrigzinspolitik bessert unsere Perspektiven
Was sollte man tun, um die Niedrigzinspolitik zu verlassen?
Je länger die Niedrig-, Null- und Negativzinspolitik anhält, desto größer werden auch die Wohlstandsverluste sein. Aber es gilt auch: „Wasch mir den Pelz, aber mach mich nicht nass,“ gibt es nicht. Ich würde zunächst dazu raten, die Ankäufe von Staatsanleihen durch die Zentralbanken sofort zu beenden und glaubwürdig einen marktwirtschaftlichen Kurs anzukündigen. Signalisieren die Zentralbanken, dass sie nicht mehr gewillt sind, alle zusätzlichen Staatsausgaben zu finanzieren, dann wird auch die derzeitige wachstumsschädliche Regulierungsschwemme eingedämmt. Danach könnten vorsichtig die Bestände von Vermögenswerten in den Zentralbankbilanzen reduziert und die Zinsen erhöht werden. Die damit einher gehende Wiederherstellung von marktwirtschaftlichen Prinzipien würde dazu beitragen, dass sich die Wachstumsperspektiven und damit verbunden die persönlichen Perspektiven der Menschen wieder aufzuhellen.
Prof. Gunther Schnabl hat den Lehrstuhl für Wirtschaftspolitik und Internationale Wirtschaftsbeziehungen an der Universität Leipzig inne und leitet dort das Institut für Wirtschaftspolitik. Er ist Experte für Geldpolitik und die japanische Volkswirtschaft. Vor seiner Berufung an die Universität Leipzig war er als Advisor bei der Europäischen Zentralbank tätig.
Schnabl war darüber hinaus Gastwissenschaftler an der Stanford University, der Katholischen Universität Leuven, der Université Paris 1 Panthéon-Sorbonne, der Deutschen Bundesbank, der Bank of Japan, der Federal Reserve Bank of New York sowie der Europäischen Zentralbank.
Kommentare
Wir werden bereits seit Jahren enteignet… und anscheinend interessiert es keinen, dass Lebensversicherungen immer weniger wert sind, dass Sparguthaben keine Zinsen abwerfen, dass Immobilien immer teurer werden. All das ist zurückzuführen auf eine nicht funktionierente Währung, wo die Wirschaftsleistung der einzelenen Länder im Euroraum nicht kompatibel ist und auch nie sein wird. Den Preis dafür bezahlen die Bürger weil ideologisch verblendete Politiker gegen die eigene Bevölkerung agieren!
Das Zinsniveau hat unter durchweg marktwirtschaftlichen Bedingungen keinerlei Relevanz für die Bankmargen. Wenn man Kredite für Minus 1% ausreicht und Anlegern Minus 2,5% auf ihre Einlagen berechnet, dann hat man eine Marge von 1,5 %. Bisher kommen die Bankmargen nur aus einem einzigen Grund unter Druck. Weil es eine sich marktwirtschaftlichen Prinzipien entziehende, für jedermann zugängliche Anlageform von 0% gibt: Das Bargeld. Das Zinsniveau spiegelt marktwirtschaftlich die Realität aus einem Überangebot an Kapital gegenüber einer zu geringen Nachfrage realwirtschaftlich benötigter Kredite wieder. Ein massiver Abbau der Geldvermögen durch Minuszinsen träfen auf eine zutiefst ungleiche Verteilung der selbigen, so dass von einem breiten “Wohlstandsverlust” nicht die Rede sein kann. Im Gegenteil. Profiteure der Niedrigzinsen sind die große Mehrheit der Leute, die man mit diesem Artikel als diejenigen umdeutet, die Wohlstand verlieren würden. Eine solche anachronistische Sicht- und Denkweise verbaut uns als Weltgemeinschaft die Perspektive für eine auch finanziell weitaus nachhaltigere Wirtschaft als die auf rentierendem Kapital aufbauende.
Die Banken leiden nicht unter dem Zinsniveau und auch nicht an den Spareinlagen. Die leiden darunter, dass die Vorschriften für die Vergabe von Darlehen so streng sind, sodass sie viel weniger Darlehen vergeben können. Wenn das Risiko für einen Ausfall höher war, hatte man halt einen oder zwei Prozent mehr Zinsen berechnet, aber die Bank konnte weitgehend frei entscheiden, ob sie jemandem ein Darlehen gibt oder nicht. Heute muss alles womöglich mehrfach besichert sein.
Deswegen werden weniger Darlehen vergeben. Früher konnte ein guter Banker mit gutem Spürsinn für die Bonität eines Kunden gute Geschäfte machen – und beispielsweise der Jungunternehmer, der im Grunde noch nichts vorzuweisen hat, hat das Geld bekommen mit dem er arbeiten konnte. Heute ist alles so reglementiert, dass die Darlehensvergabe jeder Trottel machen kann, der die Regeln kennt. Oder eben auch ein Computer.
Einer Bank ist es nicht so arg wichtig, wie viel Spargelder sie hat. Spargelder bringen lediglich eine höhere Spanne, wenn man das Geld für Darlehen teurer verleihen kann.
Nur Sparkassen sind weitestgehend bei der Vergabe von Darlehen auf Einlagen von Kunden begrenzt. Banken nicht. Die borgen sich das Geld das sie brauchen bei der Zentralbank aus. So wie ein Händler, der die Ware beim Großhändler billiger einkauft als er verkauft.
In Japan ist doch so, dass die Zinsüberschüsse der Banken deutlich gefallen sind, weil die Zinsmargen gedrückt wurden (auch in Deutschland). Siehe: https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=3752271
In Europa macht es – wie Sie richtig beschreiben – die wachsende Regulierung schwer, Kredite zu erhalten. Vorteilhaft sind die billigen Kredite nur für die, die ausreichend Sicherheiten haben.
Die wachsende Regulierung hat auch eine Auswirkung auf die Marge der Banken. Es kommen ja als potentielle Kreditnehmer nur jene in Frage, die auch die Sicherheiten beibringen können. Damit ist die Nachfrage schon eingeschränkt und die Banken kämpfen noch mehr um solche Kunden – mit niedrigeren Zinsen. Auf der anderen Seite haben sie aber auch mit praktisch nur solchen Kunden kein Risiko mehr, das sie einkalkulieren müssen.
Diesen Nachteil holen sie sich aber durch die stetig steigenden Spesen. Das eigentliche Geschäft von Banken sind ja die Spesen, die Zinsen sind nur ein Teil vom Geschäft.
Ich habe einmal – sehr unklug – für Rahmenänderungen und neue Darlehen in einem Jahr etwa 10% der Summe um die es da ging nur an Spesen für Kontoeröffnungen, Rechtsgebühren und Schimmelverträge gezahlt. Das war die Größenordnung eines Kleinwagens für im Grunde keine Arbeit. Die Zinsen waren günstig …
Danke für diesen interessanten Artikel!
Ich halte diese Einschätzung für nicht richtig.
Für die Banken ist es egal, ob das Zinsniveau hoch oder niedrig ist. Die leihen das Geld von der Zentralbank zum Zinssatz x und schlagen darauf ihre sozusagen Handelsspanne drauf. Zumeist sind das 1,5 Prozent. Die bekommen sie immer. Für die ist es also egal.
Das Problem mit der Finanzierung über Banken ist, dass die Sicherheiten, die mittlerweile verlangt werden, ein Jungunternehmer nicht beibringen kann und daher von einer Bank nichts mehr bekommt. Jungunternehmer sind daher – und das ist schlimm – in die Hände von Investoren getrieben, die dann dauerhaft an ihren Erfolgen beteiligt sind, während ein Darlehen ja irgendwann erledigt ist.
Vorteilhaft sind die niedrigen Zinsen für jene die beispielsweise ein Haus bauen oder sonstige größere Investitionen tätigen wollen und auch die entsprechenden Sicherheiten dafür haben.
Vorteilhaft sind die Zinsen für Staaten mit guter Bonität, weil die Staatsschulden nicht so sehr anschwellen.
Da die Inflation ziemlich direkt verbunden sind mit dem Zinsniveau, ist die Inflationsrate niedriger. Das schaut optisch blöd aus, wenn man am Sparbuch keine Zinsen bekommt. Aber das Geld wird eben auch weniger stark abgewertet. Der Wertverlust ist praktisch gleich wie wenn man 5 Prozent am Sparbuch bekommt. Dann ist halt die Inflationsrate höher.
… Aber das Geld wird eben auch weniger stark abgewertet. …
gemessen am Verbraucherpreisindex vielleicht, gemessen an anderen Gütern (Immobilien, Gold etc.) stimmt diese Einschätzung aber nicht
Das Eine hat im Grunde mit dem Anderen nichts zu tun. Die Inflation ist grob so hoch, wie die Differenz zwischen gezahlten und erhaltenen Zinsen ist. So stark muss die Geldmenge ausgeweitet werden, sodass die Währung nicht irgendwann platzt. Es gibt auch andere Faktoren, die sich nicht so schnell ändern wie die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit im Währungsraum.
Was Sie meinen ist eine Sache von Angebot und Nachfrage. Bitcoin wird auch teurer oder billiger je nachdem wie hoch die Nachfrage danach ist. In Krisenzeiten vor ca. 100 Jahren hatte man eine Villa um 1/4 kg Gold bekommen. Knapp bevor die Japaner die Zuchtperle erfunden hatten, hatte beispielsweise jemand ein riesiges Grundstück mit Villa an der Cote d’Azur für eine Perlenkette getauscht. Ein paar Monate später war die Perlenketten fast nichts mehr wert.
Die Immobilienpreise steigen nicht weil das Geld weniger wert wäre, sondern weil die Bevölkerung schneller wächst, als gebaut werden kann und Grundstücke sind sowieso begrenzt.
@ fewe: Vielen Dank für den Versuch der Erklärung. Den zweiten und den dritten Absatz hab ich – glaub’ ich – verstanden. Den ersten Absatz würde ich auch gerne verstehen. Kann man die Abwertung nicht daran messen, was man für sein Geld bekommt (gestört durch Schwankungen in Angebot und Nachfrage)? Und: Führt nicht eine Ausweitung der Geldmenge zu stärkerer Nachfrage und damit zu tendenziell höheren Preisen? – Würde mich freuen, ein wenig Nachhilfe zu erhalten. Danke schon mal vorab!