Europa droht hinter die USA zurückzufallen, wie bereits 2008 nach der Finanzkrise, warnt Gabriel Felbermayr im Podcast-Gespräch mit der Agenda Austria. Der Wiener Thinktank wird das gesamte Interview am Donnerstag veröffentlichen. Der eXXpress bringt vorab die zentralen Passagen.

In den USA sei gepaart mit dem verschobenen Konsum und einer Wiedereröffnung der Wirtschaft ein regelrechter Boom zu erwarten, sagt Felbermayr: „Man muss sich fast schon die Sorge machen, dass es zu einer Überhitzung kommen könnte.“ Steigende Preise könnten Zinsschritte nach sich ziehen, was die in Dollar verschuldete Schwellenländer in Schwierigkeiten stürzen werde, aber nicht nur die.

„Es geht seit Jahrzehnten in die falsche Richtung.“

Europa, wo die Impfkampagne nur schleppend voranschreitet, könnte in den kommenden Monaten und Jahren viel langsamer wachsen als die USA – von dort aber über höhere Güterpreise die Inflation importieren. Auch die chinesische Konjunktur läuft nämlich schon längst wieder an, was die Rohstoffpreise treibt.

Hinzu komme noch „ein ganze Strauß an Problemen. Etwa die Demografie“, unterstreich Felbermayr. Die Erwerbsbevölkerung schrumpft, bei den Unternehmen gebe es gleichzeitig „eine geringe Dynamik“. Überhaupt: „Neue Ideen kommen seltener auf den Markt. Es geht seit Jahrzehnten in die falsche Richtung. Es wird immer schwieriger, unternehmerisch tätig zu werden – nicht leichter. Die Verhinderungslogik hat in vielen Ländern Überhand gewonnen. Auch das liegt daran, dass wir älter werden. Weil Pensionisten und Bald-Pensionisten viel mehr Gewicht haben als Junge. Eine alternde Bevölkerung tätigt kaum Zukunftsinvestitionen. Die Dinge mal laufen zu lassen, Freiräume zu geben, das fällt uns schwer in Europa schwer.“

Gabriel Felbermayr, Jahrgang 1976, ist seit März 2019 Präsident des Instituts für Weltwirtschaft. Der gebürtige Oberösterreicher hat auch eine Professur für Volkswirtschaftslehre an der Christian-Albrechts-Universität in Kiel.

Wird Europa durch die Corona-Krise dauerhaft zurückfallen?