Die Maßnahmen zur Corona-Krisenbewältigung (vor allem Einmalzahlungen an Arbeitslose, befristete Anhebung der Notstandshilfe, Mietstundungen, Kurzarbeitsbeihilfen, diverse Wirtschaftshilfen) haben laut Statistik Austria wesentlich dazu beigetragen, dass die Mindestsicherung 2020 nicht in verstärktem Ausmaß in Anspruch genommen werden musste. In der Statistik des Vorjahres ist erstmals der unter der ÖVP/FPÖ-Koalition beschlossene Umbau der bedarfsorientierten Mindestsicherung zur Sozialhilfe eingegangen; allerdings hatten nur Nieder- und Oberösterreich dies im Jahr 2020 bereits umgesetzt.

Wie in den Vorjahren lag Wien mit einer überdurchschnittlich hohen Bezugsquote von 7,1 Prozent (Anteil der Personen in der Mindestsicherung an der Jahresdurchschnittsbevölkerung) deutlich vor den anderen Bundesländern. Im Durchschnitt gerechnet hatten fast zwei Drittel ihren Wohnsitz in Wien, während im restlichen Österreich zwischen einem (Burgenland) und acht Prozent (Niederösterreich, Steiermark) der Unterstützten lebten.

Es bezogen geringfügig mehr Personen aus Drittstaaten (46 Prozent) als österreichische Staatsangehörige (45 Prozent) Mindestsicherung. 37 Prozent waren Asylberechtigte oder subsidiär Schutzberechtigte. Tirol und Vorarlberg wiesen sowohl bei diesen wie bei den nicht-österreichischen Mindestsicherungsbeziehern insgesamt überdurchschnittlich hohe Anteile auf.

Ausgaben im Vorjahr um fünf Prozent gestiegen

Die monatliche Leistungshöhe pro Bedarfsgemeinschaft lag im Jahresdurchschnitt 2020 bei 699 Euro (+4,7 Prozent gegenüber 2019). Die Ausgaben der Länder und Gemeinden für die Mindestsicherung betrugen insgesamt 959 Mio. Euro, das waren um 46 Mio. Euro (+5,0 Prozent) mehr als im Vorjahr. Der Anteil der Mindestsicherung an den Sozialausgaben insgesamt belief sich weiterhin auf weniger als 1 Prozent. Noch stärker als beim Leistungsbezug entfiel der Großteil der Mindestsicherungsausgaben auf Wien (69 Prozent), während die Ausgaben-Anteile der anderen Bundesländer zwischen 1 Prozent (Burgenland) und 7 Prozent (Steiermark, Niederösterreich) lagen.

Sozialminister Wolfgang Mückstein (Grüne) betonte in einer Aussendung, dass viele Menschen, vor allem Kinder, auf das letzte sozial Sicherungsnetz angewiesen seien. “Wir wollen gemeinsam und solidarisch aus der Krise kommen. Wir schauen aufeinander. Deshalb ist es gut, dass es hier einen rückläufigen Trend gibt”, erklärte er. Markus Koza, Arbeits- und Sozialsprecher der Grünen, kritisierte die “katastrophalen Änderungen der türkis-blauen Regierung” und sah den Vorwurf der sozialen Hängematte entkräftet. Für die FPÖ kritisierte deren Wiener Sozialsprecher Wolfgang Seidl, dass nur die rot regierte Bundeshauptstadt einen Anstieg zu verzeichnen habe.

Der Mindestbezug ist trotz Corona zurückgegangenAPA

Michal Landau, Präsident der Caritas Österreich, unterstrich, dass die geringfügig rückläufigen Zahlen nicht über die massiven Probleme armutsbetroffener Menschen hinwegtäuschen dürfen. Die Caritas sehe in ihren Sozialberatungsstellen, dass anhaltende Lockdowns und der erschwerte Zugang zu Ämtern und Behörden sowie finanzielle und soziale Mehrbelastungen durch Corona ihre Spuren hinterlassen hätten: “Für viele Menschen ist die Gesundheitskrise längst zu einer sozialen Krise geworden.”

Kritik kam vom Netzwerk Armutskonferenz. “Die rückläufigen Zahlen in der Sozialhilfe dürfen nicht über die massiven Probleme hinwegtäuschen, die die neuen Gesetze im Land auslösen”, hieß es in einer Aussendung. Das sozialliberale Momentum Institut erinnerte daran, dass die tatsächlich ausbezahlten Leistungen aus der Mindestsicherung pro Bezieher/in gering seien. Nur für Paare mit zwei oder mehr Kindern und Alleinerziehenden mit vier oder mehr Kindern lägen sie über 1.000 Euro. (APA/red.)