Hohe Inflation, steigende Zinsen und eine schwächelnde Wirtschaft prägten das vergangene Jahr. Doch es gab auch Gewinner: die Banken. Sie dürften 2023 in Summe Rekordgewinne geschrieben haben. Die Zahlen für das erste Halbjahr liegen bereits vor. Hier darf sich der Bankensektor mit einem Gewinn von 7,3 Milliarden Euro sogar über einen Spitzenwert und eine Verdopplung gegenüber 2022 freuen.

Zurzeit profitieren die Banken im Euro-Raum aus mehreren Gründen von der veränderten Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB). Allerdings könnte sich das im bevorstehenden Jahr ändern. Während sich die höheren Zinsen nämlich sofort in höheren Erträgen niederschlugen, könnten heuer wesentlich mehr Kreditausfälle bevorstehen.

Höhere Leitzins führte zu höheren Zinsen auf Kredite

Erster Grund für das Rekordjahr: Für neue Kredite oder solche mit variabler Zinshöhe werden mittlerweile deutlich höhere Zinsen verlangt. Das ist Folge der Anhebung der Steigerung des Leitzinses (Hauptrefinanzierungssatz), des obersten Kreditzinses, gewissermaßen. Er legt fest, zu welchen Konditionen sich Banken über einen längeren Zeitraum Geld von der EZB leihen können. Die Banken geben das geliehene Geld in der Regel mit einem Zinsaufschlag über Kredite an Unternehmen oder Privatleute weiter. Hier ist die Zeit des Nullzinses angesichts der Rekordinflation vorerst vorbei.

Keine Strafzinsen mehr für Einlagen bei der OeNB

Zweitens: Überdies müssen die Banken keine Strafzinsen mehr für Einlagen bei der Oesterreichischen Nationalbank (OeNB) zahlen, sondern erhalten für sie wieder Zinsen. Zuvor machte den Banken der negative Einlagezins zu schaffen. Er liegt immer unter dem Hauptrefinanzierungssatz. Diesen Zins erhalten die Banken, wenn sie überschüssiges Geld über Nacht auf ihrem Zentralbankkonto parken. Ab 2020 lag der Einlagenzins bei minus 0,5 Prozent. Mit anderen Worten: Die Banken mussten der EZB Geld bezahlen, um es zwischenzuparken. Erst am 21. Juli 2022 schaffte die EZB diesen Negativzins ab.

Nach wie vor niedrige Zinsen auf viele Sparbücher

Drittens: Vom Einlagesatz leiten sich die Sparzinsen für unser Girokonto oder Tagesgeldkonto ab. Mittlerweile warten viele Banken mit deutlich besseren Angeboten beim Festgeld oder Tagesgeld. Aber: Nach wie vor liegt viel Geld auf täglich fälligen Sparbüchern und Girokonten, die weiterhin kaum Zinsen abwerfen. Die Banken profitieren von dieser Übergangsphase.

Viertens: Das Kreditrisiko der Banken war im Vorjahr trotz Wirtschaftskrise und immer mehr Insolvenzen gering. Nur zwei Prozent aller Kredite waren im zweiten Quartal 2023 notleidend. Dieser Trend dürfte im dritten Quartal 2023 anhalten. Darauf deuten die bisher verfügbaren Daten hin, wie die OeNB unterstreicht. In Summe dürfte der Banksektor daher stabil sein. Die harte Kernkapitalquote soll zuletzt gestiegen sein, weil die Gewinne nicht ausgeschüttet wurden.

Der Gouverneur der Österreichischen Nationalbank (OeNB), Robert Holzmann, empfiehlt den Banken Zurückhaltung bei den Gewinnausschüttungen.APA/TOBIAS STEINMAURER

Gewinne könnten Polster schaffen für bevorstehende Kreditausfälle

Die OeNB empfiehlt den Banken, das weiterhin zu tun, denn das Jahr 2024 könnte weniger erfreulich für sie verlaufen. Zum einen könnte die EZB den Leitzins wieder senken, zum anderen könnte das Kreditrisiko noch steigen, angesichts wachsender Firmeninsolvenzen und geringer Kreditnachfrage. Auch die Insolvenz der Signa-Gruppe könnte zu unangenehmen Korrekturen führen.

„Kreditausfälle treten im Regelfall zu einem späteren Zeitpunkt auf, während die positiven Effekte der Zinswende unmittelbar die Erträge steigern“, sagt OeNB-Vizegouverneur Gottfried Haber gegenüber den Oberösterreichischen Nachrichten.