Heimische Politiker verlangen von hiesigen Muslimen eine entschiedene Verurteilung des islamistischen Terrors im Nahen Osten und des politisierten Islams. Das hat die „Türkische Kulturgemeinde in Österreich (TKG)“ bereits am 7. Oktober, am Tag des Massakers der Hamas in Israel, getan. Der TKG-Vorsitzende Birol Kilic fand unmissverständliche Worte: „Wir verurteilen den Terror auf das Schärfste. Wir rufen alle demokratischen Länder und Kräfte in der Welt auf, diesen Terror und diese Gewalt zu stoppen.“ Sein „tiefstes Mitgefühl gilt den Opfern und ihren Angehörigen in diesen schweren Stunden.“

Die Kulturgemeinde kritisiert den „reaktionären politisierten Islam“ in Österreich schon seit vielen Jahren. Dass er sich hier so gut etablieren konnte, sei aber primär die Schuld des Polit-Establishments, kritisiert sie. Regierungsvertreter hätten den politischen Islam hier erst salonfähig gemacht und seine Vertreter empfangen. Vor allem damit müsse jetzt eigentlich Schluss sein.

Radikale Anti-Israel-Demonstrationen mit mehr oder weniger deutlicher Nähe zur Hamas sind in Österreich nichts Neues. Im Jahr 2010 ging ein Protest-Zug anlässlich der Stürmung eines internationalen Schiffskonvois durch die israelische Armee auf die Straße.HELMUT FOHRINGER
Anti-Israel-Demo im Jahr 2014APA/HERBERT P. OCZERET

„Reaktionäre Islamisten werden hofiert“

„Wir kennen die Hamas und ihre Ableger aus der Türkei“, unterstreicht die TKG. „Sie waren immer Feinde der demokratischen freiheitlichen säkularen Verfassung.“ Doch in der EU und in Österreich würden politische Parteien und „Teile der Kirche“ mit ihnen seit Jahren kooperieren. „Sie haben sie salonfähig gemacht. Das muss ein abruptes Ende finden. Die TKG erwartet eine klare Distanzierung des österreichischen Polit-Establishments.“

Mittlerweile breite sich der politische Islam weltweit aus, und zerstöre etwa „die moderne Türkei von innen heraus“. Nun müsse man „aus den Fehlern der Vergangenheit lernen“ und den „Stimmen der Vernunft aus den Reihen der Migranten und Muslime zuhören.“ Zurzeit würden „unter dem Deckmantel der Religionsgemeinschaften reaktionäre Islamisten und ihre Unterstützer hofiert“, klagt die Kulturgemeinde.

An interreligiösen Veranstaltungen nehmen auch Islamisten teil, kritisiert die TKG.HELMUT FOHRINGER

„Unwissenheit der österreichischen Politik über politischen Islam wird ausgenutzt“

Gegenüber dem eXXpress kritisiert Birol Kilic: „Sie (die Islamisten, Anm. d. Red.) flüchten nach Österreich als reaktionäre Fundamentalisten und Feinde der laizistischen freiheitlichen Republik Türkei und werden hier zu Religionsvertretern und Repräsentanten aller Muslime gemacht.“

Kilic ist Chefredakteur der türkisch-deutsch-sprachigen Zeitung Yeni Vatan Gazetesi (Neue Heimat Zeitung), die in Wien produziert wird, und leitet den Neue Welt Verlag. Schon vor 14 Jahren warnte Kilic gegenüber dem „Standard“: „Seit fünf, sechs Jahren breitet sich ein politischer Islam aus. Parteien aus der Türkei gründen in Österreich Verbände, die einen politischen Islam verbreiten und sich zu Vertretern der Türken in Österreich aufspielen. Das größte Problem ist, dass sich die österreichische Politik hier extrem tolpatschig verhält: Unter dem Vorwand des Dialogs wird die Unwissenheit österreichischer Politiker über den politischen Islam ausgenutzt.“ Und: „Für wirklich gefährlich halte ich die politische Mitte in Österreich. Sie macht den politischen Islam in Österreich salonfähig.“

Birol Kilic sieht auch Fehler bei der heimischen Politik