Ein teils scharfes, in anderen Teilen wieder milderes Urteil hat Verfahrensrichter Wolfgang Pöschl zum Ibiza-Untersuchungsausschuss abgegeben. Zwar sieht er vor allem die ÖVP in vielen Punkten entlastet, ortet aber doch Verstrickungen zwischen der einstigen türkis-blauen Koalition und der Privatwirtschaft. So habe es ein gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis zwischen damaligen Bundesvertretern und dem Novomatic-Konzern gegeben, heißt es im 870 Seiten starken Abschlussbericht.

Kritische Worte zur Casino-Causa

Pöschl hat seinen Bericht wie vorgesehen am Freitag, also zwei Wochen nach dem letzten Befragungstag, an den Vorsitzenden des Untersuchungsausschusses, Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka, weitergeleitet. Dieser schickte das Dokument nun an die einzelnen Fraktionen. Zwei Wochen haben die Klubs nun Zeit, einen besonderen schriftlichen Bericht beim Vorsitzenden abzuliefern.

In elf Kapitel zu den jeweiligen Untersuchungsgegenständen ist Pöschls Bericht unterteilt, besonders scharf fiel die Kritik beim ersten aus, nämlich zur Causa Casinos und der Vorstandsbestellung des Freiheitlichen Peter Sidlo. Pöschl ortet in dem der APA vorliegenden Dokument ein “gegenseitiges Abhängigkeitsverhältnis”, das zwischen der früheren türkis-blauen Regierung und dem Novomatic-Konzern entstanden sei, auch wenn ein konkreter Deal nicht mit Sicherheit festgestellt werden konnte.

Reform des U-Ausschusses wünschenswert

Die Vorstandsbestellung von Sidlo sei auch mit der Vorstandsbestellung des ÖVP-nahen Thomas Schmid in der Staatsholding ÖBAG verschränkt gewesen, schreibt der Verfahrensrichter. Und: “Festzustellen waren zahlreiche sehr intensive Kontakte zwischen Vertretern der Regierung und des BMF mit Vertretern der Novomatic, die weit über Fragen der Anteilsverwaltung hinausgingen.” Dementsprechend rät Pöschl auch in seinen Empfehlungen, Kontakte zwischen Verwaltung auf ein Mindestmaß zu beschränken.

Auch eine Reform des U-Ausschusses wünscht sich Pöschl vor allem bei der Vorsitzführung und den Verfahrensrichtern in seinem Bericht. Viele Anhörungen seien zudem “nicht aufschlussreich” gewesen, weil sich Auskunftspersonen mit Verweis auf laufende Ermittlungen entschlagen hätten. Allerdings hätten die Ermittlungsergebnisse der WKStA, vor allem in Form von Chats, einen breiten Fundus an Beweismitteln geliefert.

Viel Entlastendes

Weite Teile des Berichts fallen dennoch recht entlastend für die Beteiligten aus. In der Schredder-Causa sieht Pöschl keine Anhaltspunkte, dass ein Mitarbeiter im Kanzleramt Beweismittel vernichtet haben könnte. Im Justizstreit konstatiert er den Beteiligten nicht viel mehr als ein zerrüttetes Verhältnis. Postenbesetzungen im Gegenzug für Vereinsspenden seien nur im Fall des Immobilienunternehmers Siegfried Stieglitz nachweisbar, der vor seiner Bestellung in den Aufsichtsrat der ASFINAG insgesamt 10.000 Euro an den FPÖ-Verein Austria in Motion gespendet hatte.

Auf ÖVP-Seite war der Fokus bei den Vereinen auf das Alois-Mock-Institut gerichtet, dem Ausschuss-Vorsitzender Wolfgang Sobotka selbst vorsteht. Dazu heißt es in dem Bericht, das Beweisverfahren habe keine Hinweise zu Geld- oder Sachleistungen an das Alois Mock Institut sowie an die anderen ÖVP-nahen Vereine ergeben, “die über die Förderung des Vereinszwecks in Form von Sponsorings oder Kooperationen und das Entgelt für Inserate hinaus der ÖVP zugutekommen sollten, um deren Bundespolitiker in Richtung der zu untersuchenden Beweisthemen zu beeinflussen”.

Keine Anhaltspunkt findet Pöschl in seinem Bericht für Spenden als Bedingung für Postenvergaben. Es “konnte eine derartige Bedingtheit in keinem Fall von Postenbesetzungen im Bereich der ÖVP nachgewiesen werden”, lautet das Ergebnis dieses Kapitels, das sich unter anderem mit dem “Projekt Ballhausplatz” beschäftigt. Viele der Auskunftspersonen hätten nahezu übereinstimmend als Motiv die Hoffnung angegeben, es werde mit einer Regierung Kurz mehr Schwung in die politische und wirtschaftliche Entwicklung in Österreich kommen. “Ein nachweisbarer Zusammenhang zwischen Spenden und der Bestellung als Aufsichtsrat in einem staatsnahen Unternehmen konnte nicht hergestellt werden.”

Analog zum Ibiza-Untersuchungsausschuss selbst sind auch die Reaktionen auf den Abschlussbericht des Verfahrensrichters gegensätzlich ausgefallen. Unzufrieden zeigte sich der freiheitliche Fraktionsführer Christian Hafenecker: Der Bericht wurde “offensichtlich mit türkis-schwarzer Brille geschrieben”. NEOS-Fraktionsführerin Stephanie Krisper interpretierte den Bericht hingegen als Bestätigung ihrer Kritik insbesondere an Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP). Für SPÖ-Fraktionsführer Jan Krainer belastet er sowohl die ehemaligen freiheitlichen Spitzenpolitiker Heinz-Christian Strache und Johann Gudenus als auch Kurz und dessen Partei, die ÖVP schwer. Bestätigt in seiner Kritik am Verlauf des Ausschusses sieht sich hingegen Andreas Hanger von der ÖVP. Die Vorwürfe in Richtung Volkspartei seien völlig ungerechtfertigt gewesen. (APA/Red)