Über das dreckige Geschäft mit den anonymen Anzeigen
Kaum eine Woche ohne einer derartigen Meldung: “Aus einer uns zugespielten anonymen Anzeige an die Staatsanwaltschaft . . .” wird dann zitiert, der “Skandal” genüsslich aufbereitet, ein Image beschädigt, eine Existenz vernichtet. Die Existenz von einem Mitmenschen, dessen Schuld oder Unschuld noch lange nicht erwiesen ist. Und wir wissen, wer stets von diesem Prozedere profitieren will.
eXXpress-Chefredakteur Richard Schmitt
Aus der neuesten anonymen Anzeige, die eben in der Poststelle der Korruptionsstaatsanwaltschaft eingetroffen ist: „Lieber Herr Genosse Staatsanwalt, wir sind eine Gruppe anonymer Kommunisten, die noch immer Margot Honecker verehren, fallweise Frauen begrapschen und erfundene Gschichtln auf unserem Blog veröffentlichen und unser Dasein mit etwas mehr als einer Million Steuergeld pro Jahr finanzieren. Wir sind mit unserem Chef Pjotr Satyriasis total unzufrieden und zeigen ihn deshalb jetzt an. Sie wissen schon, der von . . . 😉 Paragraph? Egal, irgendwas wird sich schon finden, wenn Sie jetzt gleich sein Handy beschlagnahmen. Waidmannsheil!“
Dieser total fiktive Text einer möglichen Anzeige gegen einen Politiker, dieses Satirchen, zeigt ganz gut, was wir jetzt in der Realität erleben: Mitbewohner dieses Landes zeigen an, ohne Beweis für das Behauptete, meist sogar ohne Indizien. Und bequemerweise zitieren sie dann noch aus ihren eigenen Anzeigen in ihren politischen Web-Blogs oder spielen diese Vernaderungs-Stückerl anderen willfährigen Helfern zu.
Im Extremfall läuft das dann so: Die Web-Blog-Partie schafft es mit ihrem Drecks-Gschichterl in ein bekanntes Medium, daraus zitiert dann die ZiB2, was wiederum die APA aktiviert, die dann diese “Story” an alle Medien dieses Landes weiterspielt. Ein unüberprüftes Beschuldigungs-Blabla mit vielen “sollte”, “könnte”, “mutmaßlich”, “es gilt die Unschuldsvermutung” schafft es somit zu einem relativ großen Leserkreis.
Die Zielperson ist mit dieser Story natürlich sofort beschädigt, dann muss sich der Betroffene einen teuren Anwalt nehmen, er muss prozessieren und gewinnt nach zwei, drei Jahren das Medienverfahren. Die kleine Notiz mit der Gegendarstellung im Web-Blog (wenn es ihn dann noch gibt) und in jenen Medien, die den Mist übernommen haben, wird nicht wirklich auffallen. Oft sind die Beschuldigungen aber derart verschwurbelt verfasst, dass zwar der gewünschte Schaden eintritt, aber ein Prozess ohnehin aussichtslos ist – war ja alles ein “Werturteil” oder “Satire”.
Wann dreht jetzt endlich jemand den Spieß um? Wer leistet sich den Spaß und deckt die Anzeiger, die auf ihr Drecks-Geschäft sogar stolz sind, selbst mit Anzeigen zu?
Vermutlich niemand. Diese Typen profitieren leider davon, dass wir anständiger sind.
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