Dass Sexismus in Politikerkreisen keine Seltenheit ist, zeigt eindrücklich das Beispiel Großbritannien. Im britischen Unterhaus (House of Commons) kursiert zurzeit eine geheime, informelle Liste von rund 40 Politikern, die angeblich zu sexuellen Übergriffen neigen. Vier-Augen-Gespräche mit diesen Abgeordneten seien daher tunlichst zu meiden. Mehr noch: Man solle sich auch davor hüten, Getränke von ihnen anzunehmen. Auf der „Flüsterliste“ sollen auch zwei frühere Mitgliedre des Kabinetts sein. Jetzt packte die Labour-Abgeordnete Charlotte Nichols gegenüber BBC Radio 5 aus.

„Wir müssen über diese Abgeordneten von verschiedenen Parteien Bescheid wissen, damit auch unsere Freunde, Mitarbeiter und natürlich auch wir selbst sicher sein können“, sagte sie. Konkrete Namen nannte die Politikerin nicht. Wie sie sagte, ist die Liste auch nicht „vollständig“. So habe sie auch schon mit Abgeordneten unliebsame Erfahrungen gemacht, die gemeinhin als „gut und sicher“ gälten.

Sie wurde 2019 in die geheime Liste der parlamentarischen Grapscher eingeweiht, Charlotte Nichols

„Jeder weiß davon, nichts wird getan“

„Jeder weiß von einer Art Flüsterliste von Leuten, die man im Parlament besser meidet“, erklärte Nichols. Sie selbst sei 2019 eingeweiht worden, als sie in das Parlament einzog. Sie habe sich über den Umfang der Liste denn auch mächtig gewundert. Alle wüssten über die entsprechenden Personen Bescheid – „aber nichts wird getan, und sie laufen weiter herum und machen ihren Job“, beklagte Nichols. Es gebe eine „toxische Kultur“ und eine „Kultur der Straflosigkeit“ in Westminster, sagte sie. In dieses Bild passt auch, dass im April dieses Jahres ein konservativer Parlamentarier zurücktreten musste, weil im Sitzungssaal Pornos angeschaut hatte.

Übergriffiges Verhalten ist aber offenbar nicht nur Politikern eigen. Laut Guardian hatte eine Tory-Abgeordnete, die nicht namentlich genannt werden wollte, auch über interne Warnungen vor männlichen Journalisten im Parlament berichtet.