Rege diplomatische Reisetätigkeit in Europa wegen des sich verschärfenden Ukraine-Konflikts: Wenige Tage vor seiner Moskau-Reise empfängt Deutschlands Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) Donnerstagabend die Spitzen der drei baltischen Staaten im Kanzleramt. Alle drei Gesprächspartner – der litauische Präsident Gitanas Nausėda, die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas und der lettische Ministerpräsidenten Krišjānis Kariņš – treten für einen harten Kurs gegenüber Moskau ein.

Lettische Staaten gegen Nord Stream 2 und für Waffen

Die früheren Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen gehören neben Polen zu den EU-Staaten, die an Russland grenzen. Sie fühlen sich besonders von dem mächtigen Nachbarland bedroht. Sie lehnen die Gaspipeline Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland ab, und befürworten Waffenlieferungen an die Ukraine, teilweise lieferten sie schon selbst.

So hat Estland bei der deuschen Bundesregierung beantragt, neun Artilleriegeschütze liefern zu dürfen, die aus DDR-Beständen stammen. Eine Zustimmung Deutschlands bei einer Weitergabe dieser Kanonen mit 15 Kilometern Reichweite ist vertraglich geregelt. Deutschland prüft die Anfrage seit Wochen. Die Bundesregierung lehnt die Lieferung tödlicher Waffen an die Ukraine ab.

Außenpolitik-Berater aus Ukraine, Russland, Frankreich in Berlin

Neben dem Balten-Gipfel gibt es am Donnerstag ein weiteres wichtiges Treffen in Sachen Ukraine-Krise in Berlin: Die Konfliktparteien Russland und Ukraine werden zum zweiten Mal seit Beginn des Truppenaufmarschs an der ukrainischen Grenze wieder an einem Tisch sitzen. Die außenpolitischen Berater der beiden Präsidenten kommen mit ihren Kollegen aus Deutschland und Frankreich zusammen, die in dem Konflikt vermitteln.

Boris Johnson wird britische Soldaten in Warschau besuchen

Vor dem Hintergrund der Ukraine-Krise reist auch der britische Premierminister Boris Johnson am Donnerstag zu politischen Gesprächen nach Brüssel und Warschau. In der belgischen Hauptstadt trifft Johnson zunächst NATO-Generalsekretär Jens Stoltenberg im Hauptquartier der Allianz. In Folge sind in Polen Gespräche mit Präsident Andrzej Duda und Ministerpräsident Mateusz Morawiecki geplant. Auch hier: Beherrschendes Thema werdender Ukraine-Konflikt und die Spannungen mit Russland sein.

Johnson und Morawiecki wollen zudem eine Kaserne bei Warschau besuchen, um sich mit britischen Soldaten zu treffen. Seit Dezember sind 100 britische Pioniere in Polen stationiert. Sie sollen dem NATO-Partner helfen, die Grenze zum Nachbarland Belarus zu befestigen. Am Montag hatte Verteidigungsminister Ben Wallace angekündigt, sein Land werde 350 weitere Soldaten nach Polen schicken – “als Zeichen der Unterstützung” angesichts des Aufmarschs russischer Gruppen im Grenzgebiet zur Ukraine.