Die russischen Truppen stoßen immer weiter in die seit Monaten umkämpfte Kleinstadt Awdijiwka im Osten des Landes vor. Seit mehreren Tagen berichten ukrainische und russische Militärblogger übereinstimmend von Durchbrüchen russischer Einheiten vor allem nordwestlich der stark zerstörten Stadt. Russland und die Ukraine betrachten Awdijiwka als strategisch wichtig für die vollständige Kontrolle der ostukrainischen Industrieregionen Donezk und Luhansk im Donbass.

Heftige Kämpfe in Awdijiwka: Ein ukrainischer Soldat feuert in Richtung der russischen StellungOzge Elif Kizil/Anadolu via Getty Images

Mittlerweile ist Awdijiwka halb eingeschlossen. Die ukrainischen Einheiten haben ihre Hauptversorgungsroute verloren. Der verbliebenen Garnison droht akut eine Einschließung. Die Versorgung ist nur noch auf Feldwegen über einen etwas mehr als drei Kilometer breiten Korridor möglich.

Awdijiwka ist bereits halb eingeschlossen.

Wichtige ukrainische Kampfeinheit eilig nach Awdijiwka verlegt

Die Ukraine holt nun Verstärkung. „Der Nachschub für Awdijiwka und die Evakuierung aus der Stadt sind erschwert, doch wird jetzt eine rechtzeitig vorbereitete logistische Arterie genutzt“, versicherte der für den Frontabschnitt zuständige Sprecher, Dmytro Lychowij, im ukrainischen Fernsehen.

Oleksandr Syrskyj (r.) ist der neue ukrainische Obebefehlshaber.APA/AFP/Pressedienst des Operativ-strategischen Kommandos "Chortyzja"

Angesichts eines Teilrückzugs in der Stadt wurde die 3. Sturmbrigade, eine der wichtigsten ukrainischen Kampfeinheiten, nach eigenen Angaben eilig dorthin verlegt. Die Brigade bezeichnet auf dem Kurznachrichtendienst Telegram die Lage in Awdijiwka als „die Hölle“ sowie „bedrohlich und instabil“.

Zerstörungen in Awdijiwka: Vor knapp zwei Jahren lebten hier noch 30.000 Menschen.APA/AFP/Genya SAVILOV

Heftigere Kämpfe als in Bakhmut

Die Industriestadt Awdijiwka hatte vor dem russischen Einmarsch vor knapp zwei Jahren noch über 30.000 Einwohner. Behördenangaben nach sollen nur noch einige Hundert Zivilisten in den Ruinen ausharren.

General Valerij Saluschnyj war der bisherige Oberbefehlshaber.Oksana Parafeniuk/For The Washington Post via Getty Images

Der stellvertretende Brigadekommandant Maxym Schorin erklärte, die Kämpfe in Awdijiwka seien viel heftiger als bei der Schlacht um Bakhmut, die ukrainischen Truppen seien zahlen- und waffenmäßig unterlegen. Trotzdem habe die Sturmbrigade bei einem Angriff in Teilen der Stadt den russischen Invasionstruppen schwere Verluste zugefügt. „Die Situation zum Zeitpunkt des Eintreffens der Brigade war äußerst kritisch.“

Bakhmut südlich von Awdijiwka wurde im Mai von den russischen Truppen erobert.

Ukrainische Angriffe auf Belgorod

Die nahe gelegene Stadt Bakhmut war im vorigen Mai nach für beide Seiten verlustreichen Kämpfen von russischen Truppen erobert worden.

Moskau meldete seinerseits einen ukrainischen Angriff auf die südrussische Stadt Belgorod mit fünf Toten. Ein Einkaufszentrum sei getroffen worden, meldete die staatliche Nachrichtenagentur RIA Novosti. Ersten Erkenntnissen zufolge seien fünf Menschen getötet und 18 weitere verletzt worden, teilte der Belgoroder Gouverneur, Wjatscheslaw Gladkow, auf Telegram mit. Unter den Opfern seien auch Kinder.