Ist die EU in der Lage, die Ukraine ausreichend zu unterstützen? Viele Europäer beantworten diese Frage nicht positiv. Sie betrachten laut ECFR-Umfrage das politische System der EU entweder als völlig oder teilweise defekt (anstatt gut funktionierend). Und die Wahrnehmung der EU als dysfunktional korreliert mit der Präferenz der Menschen, die Ukraine zu einem Friedensabkommen zu drängen, und mit der Reduzierung der Unterstützung für die Ukraine im Falle eines Rückzugs der USA unter einem neuen US-Präsidenten. Wenn das zutrifft, würde dies bedeuten, dass der Krieg in der Ukraine ein integraler Bestandteil des europäischen “Kulturkampfes” sein könnte, der Pro- und Anti-Europäer gegeneinanderstellt. Das könnte auch einen herausragenden Teil des politischen Wahlkampfs vor der Europawahl im Juni ausmachen, zieht die Denkfabrik Bilanz.

Schweden unterstützen die Rückeroberung

31 Prozent der Befragten waren der Meinung, die Ukraine müsse unterstützt werden, um die verlorenen Gebiete zurück zu erobern. Dieser Aussage schlossen sich unter den österreichischen Teilnehmerinnen und Teilnehmer 23 Prozent an. Die übrigen gaben an, dass sie keine der beiden Aussagen unterstützen, dass es ihnen egal sei oder dass sie es nicht wissen. Die größte Unterstützung für eine Rückeroberung der Gebiete gab es unter den Befragten in Schweden (50 Prozent), bei gleichzeitig 31 Prozent, die für Verhandlungen waren. Am anderen Ende der Skala stand Ungarn, wo 16 Prozent die Ukraine unterstützt sehen wollen, während 64 Prozent sich Friedensverhandlungen wünschen.

Mit 31 Prozent waren die Ungarn auch am öftesten überzeugt, dass Russland den Krieg gewinnen werde, während nur eine kleine Gruppe an einen militärischen Sieg der Ukraine glaubt. In Österreich sieht jeder Fünfte (20 Prozent) einen russischen Sieg als den wahrscheinlichsten Ausgang des Krieges. Sieben Prozent sehen die Ukraine als Gewinner, während 36 Prozent von einer Verhandlungslösung ausgehen. In Polen, Schweden und Portugal gehen jeweils 17 Prozent der Befragten von einem ukrainischen Sieg aus – jeweils 14, 19 und 11 Prozent rechnen mit einem russischen Sieg.

Für die Studie wurden in Österreich Anfang Jänner 1111 Erwachsene befragt. Insgesamt waren es rund 17.000 Teilnehmer die neben Österreich aus Frankreich, Deutschland, Griechenland, Ungarn, Italien, den Niederlanden, Polen, Portugal, Rumänien, Spanien und Schweden kamen.

42 Prozent wollen Washingtons Beispiel folgen

Wie es mit der Unterstützung für die Ukraine weitergeht, wird auch die US-Wahl mitentscheiden. Sollte eine erneute Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten dazu führen, dass die Vereinigten Staaten ihre Unterstützung stark zurückfahren, wollen nur 14 Prozent der befragten Österreicherinnen und Österreicher, dass die EU versucht, den Mangel so gut es geht auszugleichen. 42 Prozent findet gar, dass die EU dem potenziellen US-Beispiel folgen sollte. Weitere 17 Prozent wären für ein Beibehalten des aktuellen Unterstützungsniveaus.

Auch hier stechen Schweden und Ungarn unter den zwölf untersuchten Ländern hervor: In Schweden wollen demnach 43 Prozent, dass die EU einen möglichen Rückzieher der USA ausgleichen sollte, während nur 15 Prozent sich wünschen, dass auch die EU ihre Hilfe in dem Fall zurückfahre. Umgekehrt ist das Verhältnis in Ungarn, wo sich letzteres 54 Prozent wünschen, während nur 9 Prozent einen europäischen Alleingang wollen.

Zieht er wieder ins Weiße Haus, sollte auch Europa die Ukraine-Politik überdenken, finden viele: Donald Trump