Bei der Zuwanderungspolitik steht für Budapest der Schutz der europäischen Außengrenzen an erster Stelle. Das macht Europaminister Janos Boka deutlich: „Für meine Regierung ist der Ausgangspunkt stets der Schutz der europäischen Außengrenzen.“ Dieser Schutz sei der Schlüssel zur Lösung der Migrationskrise. Ohne eine klare Kenntnis darüber, wer in die EU einreist und ohne entschiedenes Vorgehen gegen Schmugglernetzwerke, sei eine effektive Migrationspolitik nicht möglich.

Janos Boka sieht im Schutz der europäischen Außengrenzen den Schlüsse zur Lösung der Migrationskrise.Wiki Commons / Igazságügyi Minisztérium

„Wir Europäer müssen entscheiden, wer auf europäisches Territorium gelangt“

Boka kritisierte im Interview mit der „Welt“ den aktuellen EU-Migrationspakt als unzureichend. Der Pakt beinhalte zwar Asyl-, Integrations- und Sozialpolitik, jedoch keine Migrationspolitik, die künftig die Zahl der Einwanderer in die EU reduziert. „Migrationspolitik muss zur Voraussetzung haben, dass wir Europäer entscheiden, wer auf europäisches Territorium gelangt und auch wie dies erfolgt“, sagt er. Der aktuelle Pakt erfülle diese Voraussetzung nicht.

Auch aus Ungarns Sicht seien bilateraler Abkommen notwendig, insbesondere mit afrikanischen und nahöstlichen Ländern, die abgewiesene Migranten zurücknehmen. Der Europaminister schlägt vor, Asylverfahren außerhalb der EU durchzuführen und nur denjenigen die Einreise zu erlauben, die ein Recht darauf haben. Er erinnert daran, dass Ungarn vorgeschlagen hat, Transitzonen an den Außengrenzen einzurichten, in denen Asylanträge bearbeitet werden. Diese Zonen würden nicht als EU-Territorium betrachtet werden, bis ein Asylantrag bearbeitet ist.

Ungarn und Brüssel sind sich bei der Migrationspolitik bis heute nicht einig. Im Bild: Ministerpräsident Viktor Orban und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen.

Zurzeit wächst überall der Migrationsdruck

Ungarn sei mit seiner Haltung nicht isoliert. Boka erwähnt den Konsens der V4-Staaten (Ungarn, Polen, Slowakei und Tschechien) in Migrationsfragen und auch andere Länder wie Österreich und Dänemark würden ähnliche Lösungen vorschlagen. Janos Boka ist vorsichtig optimistisch: „Ich sehe, dass man sich langsam unserer Position annähert. Aber dass eben nur diejenigen nach Europa kommen, die tatsächlich ein Recht haben herzukommen, steht immer noch nicht im Fokus der Diskussion.“

Gegenwärtig wachse überall der Migrationsdruck, „im Osten, aber natürlich auch über den Westbalkan und natürlich über das Mittelmeer.“ Es brauche deshalb einfach „eine strikte Kontrolle an den Außengrenzen und eine Zerschlagung der Schmugglernetzwerke.“

„Wollen keine Eskalation zwischen Russland und der Ukraine“

Auch auf die Position Ungarns im Krieg in der Ukraine ging der ungarische Politiker ein: „Der Kern unserer Position ist, dass wir keine Eskalation zwischen Russland und der Ukraine wollen.“ Man stelle sich gegen eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine, weil diese unter den aktuellen Bedingungen nicht realistisch ist. Die Ukraine ist ein Land im Krieg mit einer Atommacht in unserer Nachbarschaft.“