Ein solches Szenario ist diesmal bei Thomas Tuchel freilich nicht zu erwarten. Dennoch war der Auftritt der Bayern in vielen Belangen erschreckend. Das zeigt auch ein Blick auf die Zahlen. Die Münchner sind im gesamten Spiel als Mannschaft um zehn! Kilometer weniger gelaufen als die Frankfurter. Es war zweifelsohne DIE Blamage des Jahres für den deutschen Rekordmeister.

Der Bayern-Trainer war um Sachlichkeit bemüht. Dennoch musste er feststellen: “Die gesamte Mannschaftsleistung war ungenügend und da zähle ich mich mit dazu.” Eine weitere Statistik am Rande: Mit vier Toren Unterschied hatten die Münchner in diesem Jahrtausend in der Liga zuvor nur dreimal verloren.

Durch diese Pleite geriet man in der Bundesliga unter Druck. Im Fernduell mit Leverkusen können sich die Bayern keine Patzer mehr leisten. “Der Spielplan dominiert sowieso unsere Reaktion. Wir können unter keinen Umständen auf diesem Niveau weiter spielen”, meinte Tuchel. Es war nicht nur die erste Liga-Niederlage der Saison, sondern auch die schwächste und fehleranfälligste Vorstellung seit langem. ÖFB-Teamspieler Konrad Laimer kam zur Pause als Rechtsverteidiger für den völlig indisponierten Noussair Mazraoui. “Es war viel zu wenig”, betonte auch sein Salzburger Landsmann, Sportdirektor Christoph Freund.

Müller fordert den "Wut-Motor"

Nun werden die Münchner das Debakel aufarbeiten und die Wunden lecken. Doch die Aufarbeitung wird sich schwierig gestalten. Bis dato spielten die Bayern einen starken Herbst.  Freund ortete in der Sport1-Sendung “Doppelpass” am Sonntagvormittag auch ein “Einstellungsthema”. Es habe gewirkt, als wenn man gesagt habe, “wir spielen jetzt ein bisschen Fußball”, kritisierte der Sportdirektor. “Wir können nicht in Frankfurt so in das Spiel gehen. Wir haben eine richtig gute Mannschaft und Profis – dann muss man bereit sein.”

Schon am Dienstag geht es im Champions-League-Spiel gegen Manchester United (21.00 Uhr). Für die als Gruppensieger bereits feststehenden Bayern ist dieses Duell sportlich gesehen eigentlich bedeutungslos. Dennoch bietet sich hier die Chance zu einer schnellen Rehabilitierung. “Wir wollen zeigen, dass das nur ein Ausrutscher war”, sagte Mittelfeldmann Leon Goretzka.

Patzen die Bayern auch in den beiden letzten Ligaspielen vor Weihnachten gegen den VfB Stuttgart und in Wolfsburg, könnten sie im Fernduell mit Leverkusen bereits ins Hintertreffen geraten. “Wir werden zurückschlagen und zurückkommen”, versprach Thomas Müller. “Aber wir haben nicht viel Zeit.” Der “Wutmotor” müsse nun angehen.

Ratlosigkeit bei den Bayern-Stars nach dem 1:5 in FrankfurtAPA/AFP/Daniel ROLAND

Tuchel betonte nach dem “herben Rückschlag” sein Vertrauen in die Mannschaft. “Es bringt jetzt nichts draufzuhauen und alles schlechtzureden. Wir sitzen alle im gleichen Boot. Wir brauchen exakt die Tugenden, die wir nur mangelhaft auf den Platz gebracht haben.” Der 50-Jährige war sichtbar um die eigene Fassung und um nüchterne Aussagen bemüht. “Wir sind erstmal mehr sauer als traurig.”

Eine neuerliche Verletzung von Serge Gnabry trug nicht zur Stimmungsaufhellung bei. Der Flügelspieler, der schon fünf Minuten nach seiner Einwechslung wieder vom Platz musste, zog sich laut Bayern-Angaben eine Muskelsehnenverletzung im linken Adduktorenbereich zu. Der deutsche Teamspieler dürfte damit zumindest bis Jahresende ausfallen.