Schlechte Neuigkeiten für Sam Bankman-Fried: US-Bezirksrichter Lewis Kaplan verhängte eine Nachrichtensperre gegen den Verdächtigen. Überdies überlegt er, ihn vor dem Prozess wegen des Zusammenbruchs seiner Kryptowährungsbörse FTX neuerlich zu inhaftieren. Zuvor hatten das die Staatsanwälte bei einer Anhörung vor dem Bundesgericht in Manhattan gefordert.

Der einstige Krypto-Star habe „eine Grenze überschritten“, als er die persönlichen Tagebuchaufzeichnungen seiner ehemaligen Lebensgefährtin Caroline Ellison einem Reporter zugespielt hat. SBF versuche damit offenbar eine Zeugin einzuschüchtern. Es sei bereits der zweite Fall von Zeugenbeeinflussung durch den gefallenen Krypto-Star. Bezirksrichter Kaplan gab nun beiden Seiten eine Frist bis zum 3. August, um ihre Ansichten darüber darzulegen, ob eine Gefängnisstrafe für den ehemaligen Milliardär notwendig ist.

FTX-Gründer Sam Bankman-Fried verlässt das Bundesgericht, nachdem die Bundesstaatsanwaltschaft ihn der Zeugenbeeinflussung beschuldigt hatte.Michael M. Santiago/Getty Images

Ex-Chefin von Alameda-Hedgefonds ist Hauptzeugin gegen SBF

Bankman-Fried hält sich seit seiner Auslieferung im Dezember von den Bahamas, wo er verhaftet wurde und FTX seinen Sitz hatte, weitgehend im Haus seiner Eltern in Palo Alto, Kalifornien, auf. Er hat sich nicht schuldig bekannt, FTX-Kundengelder in Milliardenhöhe gestohlen zu haben, um Verluste bei seinem Krypto-Hedgefonds Alameda Research zu decken.

Caroline Ellison ist eines von drei ehemaligen Mitgliedern von Bankman-Frieds innerem Kreis. Sie war Chefin des von Bankman-Fried gegründeten Hedgefonds Alameda Research. Nun ist sie Hauptzeugin der Staatsanwaltschaft und hat sich gemeinsam mit anderen ehemaligen FTX-Führungskräften der Betrugsvorwürfe schuldig bekannt. Im Gegenzug wurde ihr dafür ein geringeres Strafausmaß in Aussicht gestellt. Ellison kooperiert mit dem FBI und der Staatsanwaltschaft. Es wird erwartet, dass sie gegen Bankman-Fried aussagen wird. Sie erklärte, dass sie mit ihrer Arbeit „unglücklich und überfordert“ war und sich durch den Abbruch ihrer persönlichen Beziehung zu Bankman-Fried „verletzt/abgestoßen“ fühlte.

Caroline Ellison (l.) wird voraussichtlich gegen ihren ehemaligen Lebensgefährten Sam Bankman-Fried (r.) aussagen.

Staatsanwaltschaft: Bankman-Fried will Zeugin öffentlich diskreditieren

Bankman-Fried gab zu, Auszüge aus Ellisons Tagebuch mit einem Times-Reporter geteilt zu haben. Danielle Sassoon von der US-Staatsanwaltschaft in Manhattan sieht darin einen Versucht, die Zeugin einzuschüchtern. Es sei das zweite Mal, dass Sam Bankman-Fried einen Zeugen manipuliert habe. Sassoon zitierte ein E-Mail vom Jänner 2023 an den Chefsyndikus von FTX, in dem Bankman-Fried vorschlug, eine „konstruktive Beziehung“ einzugehen.

Sassoon sagte, Bankman-Fried habe mehr als 1000 Telefongespräche mit Journalisten geführt. Dies allein stelle noch keine Manipulation dar. Allerdings sei Bankman-Frieds Strategie zur Rehabilitierung seines Rufs offenbar darauf aufgebaut, Ellison zu diskreditieren und zu beschuldigen.

Eskalation in laufender Medien-Kampagne von SBF

„Dieser jüngste Vorfall ist eine Eskalation einer laufenden Kampagne gemeinsam mit der Presse, die nun eine Grenze überschritten hat”, sagte Sassoon unter Verweis auf Ellisons Tagebuch-Auszüge. Sassoon äußerte sich überdies darüber besorgt, was Bankman-Fried dem Bestsellerautor Michael Lewis erzählt haben könnte, der plant, ein Buch über FTX zu veröffentlichen, wenn der Prozess beginnt.

Bankman-Fried hatte zuvor in eine Nachrichtensperre eingewilligt, bat aber darum, dass diese auch für andere Zeugen wie den derzeitigen FTX-Chef John Ray gilt. Ray, ein erfahrener Konkursspezialist, der zum CEO ernannt wurde, nachdem FTX im November Konkurs angemeldet hatte, ist seitdem ein scharfer Kritiker von Bankman-Fried. Sassoon entgegnete bei der Anhörung am Mittwoch, dass die Staatsanwälte nicht damit gerechnet hatten, Ray als Zeugen zu bekommen.

Anklage wegen Wahlkampffinanzierung fallen gelassen

Mark Cohen, ein Anwalt von Bankman-Fried, erklärte, sein Mandant versuche lediglich, seinen Ruf zu schützen, indem er mit Journalisten kommuniziere, und dass es „wirklich fast unmöglich“ wäre, sich auf den Prozess am 2. Oktober vorzubereiten, wenn Bankman-Fried inhaftiert würde.

Gute Nachrichten für SBF gibt es in einem anderen Punkt: Die Anklage gegen ihn wegen Wahlkampffinanzierung wird fallen gelassen, wie die Staatsanwaltschaft erklärte. Diese Entscheidung könnte dazu führen, dass sich der Prozess auf das konzentrieren wird, was die Regierung als Hauptverbrechen von SBF ansieht: den Diebstahl von Milliarden von Dollar von Kryptowährungskunden bei seiner jetzt bankrotten FTX-Börse.